„Die Früchte des Jahres ernten“

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Kathinka Pasveer und Suzanne Stephens führen die „Stockhausen-Stiftung für Musik“. Über die an diesem Sonntag in Kürten zu Ende gehenden Stockhausen-Kurse für Musik sprach Claus Boelen-Theile mit den Organisatorinnen.

Frau Stephens, Frau Pasveer, wie geht es Ihnen kurz vor dem Abschluss der Stockhausen-Kurse für Musik?

Pasveer (strahlt): Traumhaft! Stephens: Wir haben wieder eine phantastische Zeit erlebt. Die Qualität der Kurse wird von Jahr zu Jahr besser. Besonders die drei Teilnehmerkonzerte sind für uns die Früchte des Jahres. Die Kurswoche in Kürten ist eine Art von Schaufenster für unsere Arbeit nach außen. Aus 30 Nationen sind diesmal Teilnehmer in Kürten, das ist wirklich beeindruckend.

Zum zweiten Mal dauert die Kurswoche 17 Tage.

Stephens: Ja, seit dem Tod von Karlheinz Stockhausen im Jahr 2007 mussten wir den Kursen eine andere Struktur geben. Wir haben jetzt ganz neu ein musikwissenschaftliches Seminar in das Kursprogramm eingefügt. Kein Kurs findet mehr parallel statt. Wir werden im nächsten Jahr allerdings die Stockhausen-Kurse wieder auf neun Tage begrenzen.

Warum?

Stephens: Viele der Kursteilnehmer können nicht die gesamte Zeit in Kürten bleiben. Auch bei den Privatquartieren sind 17 Tage manchmal schwierig. Das Programm bleibt wie es ist, es wird nur kompakter gestaltet. Hinzu kommt ein Teil der intuitiven Musik Stockhausens, die wir bislang in die Kurse nicht aufgenommen haben.

Wie ist das Miteinander der Musiker?

Pasveer: Wirklich wunderbar! Musiker sind immer besondere Menschen. Bei uns treten zum Beispiel im dritten Teilnehmer-Konzert ein Araber, ein Russe und eine Polin zusammen auf. Und es funktioniert! Die Teilnehmer hier sind eine große Musiker-Familie, die die Kompositionen von Stockhausen in alle Welt tragen. Auch das ist Absicht der Kurse.

Welche Rolle spielen die Gastfamilien?

Stephens: Sie sind das eigentliche Herz der Kurse. Viele intensive Freundschaften sind schon entstanden, auch Gegenbesuche hat es schon gegeben. Wir sind dankbar, dass die Kürtener diese große Gastfreundschaft besitzen. Es gibt Familien, die jedes Jahr drei oder vier Plätze für unsere Schüler anbieten und gemeinsam viele Ausflüge machen.

Was hat der Tod des Komponisten für die Stockhausen-Kurse verändert?

Pasveer: Gar nicht so viel. Seine Seele ist ja nicht mit dem Tod verschwunden. Karlheinz Stockhausen ist immer unter uns und geistig anwesend. Wir können uns jetzt noch mehr als früher ganz auf seine Musik konzentrieren.

Der Auftakt der Kurse fand auf dem Stockhausen-Platz statt. Mit einem Kürtener Fotohändler haben Sie ein Stockhausen-Marketing gestartet. Eine neue Offenheit?

Stephens: Ja, wir wollen alle Kürtener für Stockhausen begeistern. Ohne die Unterstützung der Gemeinde Kürten sind die Stockhausen-Kurse Kürten nicht vorstellbar. Stellen Sie sich vor: 17 Konzerte an 17 Tagen in der Sülztalhalle. Das gibt es an keinem anderen Ort auf der Welt, nicht in Paris und nicht in Mailand. Kürten steht nicht nur gleichrangig, sondern weit über diesen Orten. Kürten ist einfach perfekt. Von Kürten strahlt Stockhausens Musik in die Welt.

Wie empfand Karlheinz Stockhausen den Ort Kürten?

Stephens: Kürten ist seine Heimat gewesen. Stockhausen war ein ,bergischer Jung . Hier hat er in der Abgeschiedenheit des Bergischen Landes komponiert. Viele seiner wichtigsten Werke sind hier entstanden. Stockhausen und Kürten stellen eine Einheit dar.

Wie geht es mit Stockhausen in Kürten weiter?

Pasveer: Alle Kürtener sollen von den Kursen profitieren. Wir wollen kein elitärer Kreis sein, sondern in den ganzen Ort wirken. ,Kommen Sie zu uns! , sage ich allen, die zögern.

Was können Sie dafür noch tun?

Pasveer: Wir haben diesmal zu den Stockhausen-Kursen alle Vereine und Gruppen in der Gemeinde Kürten angeschrieben und eingeladen, vor den Konzerten einen Einführungstermin mit uns zu vereinbaren. Im nächsten Jahr wollen wir diese Aktion noch ausbauen. Der Besuch der Konzerte ist dann kostenlos. Auf Wunsch besuchen wir auch Vereine und Gruppen und berichten dort über Stockhausen, sein Leben und seine Musik. Wir wollen damit helfen, die Schwellenangst vor seiner Musik abzubauen. Stockhausen hat 370 Werke komponiert, dass nicht alle gleich gefallen, ist nachvollziehbar. Seine Werke sind wie Äpfel an einem großen Baum. Und jeder Apfel schmeckt anders.

Was machen Sie am Tag nach den Kursen?

Pasveer: (lacht) Zuhause aufräumen! Und dann geht es schon weiter: die nächsten Aufführungen in Hamburg, Brüssel, Lissabon und Karlsruhe vorbereiten. Stockhausen beschäftigt uns das ganze Jahr.

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