„Klüngel op joot Kölsch“Grüße vom Phantom der Oper

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Das Opernhaus Köln schließt unmittelbar an das Schauspielhaus an. (Bild: dpa)

Das Opernhaus Köln schließt unmittelbar an das Schauspielhaus an. (Bild: dpa)

KÖLN - Das Unheil in der Kölner Kulturpolitik hat einen Namen. Es heißt Anton Klingel, trägt eine halbe weiße Gesichtsmaske und haust in den Katakomben der Oper. Von hier aus schmiedet es im Verbund mit den Kölner „Baulöwen“ finstere Ränke in Sachen Opernhaus-Neubau oder -Sanierung. 1956 hatte Klingel sich in böser Absicht als Statiker bei Friedrich Rupphahn, dem Erbauer des Musentempels, eingeschlichen und im Keller etabliert.

Als 50 Jahre später ein Kronleuchter von der Decke kracht, scheint das Schicksal des maroden Gebäudes besiegelt: Die Oper muss weg. Aber erst mal wird sie für ein Jahr geschlossen. Nur die „Freunde der Kölner Oper“ dürfen mit einer Sondergenehmigung ihren Ball feiern, um für den Neubau zu spenden - man kennt sich, man hilft sich. Wer bei Klingel an Klüngel und bei der Maske ans „Phantom der Oper“ denkt, liegt goldrichtig. Mit seinem 13. Divertissementchen „Klüngel op joot Kölsch“ packt Fritzdieter Gerhards nicht nur ein brandheißes Eisen an, sondern hat sich in punkto Aktualität selbst übertroffen: Just am Tag der Vorpremiere berichteten die Kölner Zeitungen über das Unwesen einer „Bau-Mafia“ - allerdings Italiener. Ein Schuft, wer beim dritten Bild der witzigen Inszenierung, dem Treffen der ehrenwerten Kölner Gesellschaft im Nobel-Restaurant, an Mafia denkt!

„Ham wir doch, ham wir doch überall die Finger drin!“ frohlocken die Kölner „Baulöwen“ zur Melodie vom „armen Gigolo“. Den lukrativen Neubau der Oper wollen sie erzwingen, und zwar in Deutz, wo sie schon ganz andere Dinger gestemmt haben - etwa die Köln-Arena und den Messehallen-Deal. Und Opern-Intendant Darius Mann wird kurzerhand nach Neapel entsorgt, Mülltransfer verkehrt herum - Dieter Hagen schmettert ein herzzerreißend verfremdetes „O sole mio“. Starker Tobak also, den Fritzdieter Gerhards und Ko-Autor Peter Fink den Kölner Machthabern in die Pfeifen stopfen, als wär s ein Kabarett von Heinrich Pachl.

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Auch Fritz Schramma hatte einen Traum

Eine geniale Idee, „Das Phantom der Oper“ mit dem kölschen Klüngel zu kreuzen - vor allem das raffinierte „Spiel im Spiel“ und die Spiegelung von Bühnen- und Zuschauerraum. „Cäcilia Wolkenburg“, die 135 Jahre alte Bühnenspielgemeinschaft des Kölner Männer-Gesang-Vereins, geht mit den „Bergischen Symphonikern“ unter Bernhard Steiner so frisch an die prekäre Sache heran wie ein Haufen junger Hüpfer. Im wunderbar wandelbaren Bühnenbild von Bettina Neuhaus tummelt sich eine Vielzahl spielfreudiger Talente, von denen nur Uwe Liefgen als teuflisch-tragisches „Phantom“, Dirk Pütz als Architektin Bärbel Gelblich und Jürgen Nimptsch als aufrechter Stadtdirektor Hennes Roth genannt seien.

Die beiden letzteren kämpfen gegen „Baulöwen“ und „Phantom“, das sich schließlich vom Operndach stürzt wie Tosca von der Engelsburg. Von Abba bis Puccini, von „My Way“ bis „We will rock you“ werden wieder Klassik-, Pop-, Schlager- und Karnevals-Repertoire liebevoll geplündert (Liedtexte Helmut Löffel), der Chor zeigt kraftvollen Einsatz, das Ballett entzückt als charmante Serviertöchter, freche Teufel und als Bauarbeiter à la „Stomp“ mit Besen und Mülleimer-Deckeln. Und es gibt ein wunderschönes kölsches Happy-End mit dem „Stammbaum“-Lied der Bläck Fööß: Im Jahr 2059 sitzen Architekt Rupphahn (Thorsten Bittner) und Bankier Grosch (Joachim Sommerfeld) auf Wolke 7 und diskutieren ein neues Opernhaus - in Düsseldorf. Kölns Oper wird ja wohl auch noch die nächsten 50 Jahre überstehen &

Merke: „Kölner Klüngel ist die älteste Friedensbewegung - nach dem Motto ,Jeder mit jedem! “ Kein Wunder, dass Fritz Schramma, den wir am Anfang und Ende in einem köstlichen Cartoon mit Nachtmütze im Ehebett sehen, am Morgen zufrieden aufwacht. Er hatte einen Traum. Welchen genau, weiß er nicht mehr. Nur so viel: Er war schön.

2 ½ Std. mit Pause. Premiere heute (24.1.) 19 Uhr. Termine: 27.-31. 1. (je 19.30 Uhr), 1.2. (15 und 19.30 Uhr), 3.-7.2., (19.30 Uhr), 8. 2. (15 und 19.30 Uhr). Karten-Tel. 0221 / 221 / 28400

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