1. FC KölnDie Leiden des jungen Hennes

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Hennes VIII. (Bild: dpa)

Hennes VIII. (Bild: dpa)

Köln – Meine Premiere im Rheinenergie-Stadion. Auftritt Hennes VIII. Das, hochverehrtes Publikum, bin ich. Eigentlich hatte ich mir meinen ersten Einsatz bei einem Bundesligaspiel ein wenig glanzvoller vorgestellt. So mit Ansage vom Stadionsprecher, und die Südkurve brüllt meinen Namen, bis dass die Tribüne in den Grundfesten erbebt. Nix war. Die Hildegard, das ist die Frau, die auf mich aufpasst, sagt, ich sei noch sehr jung und müsste langsam auf meine große Aufgabe vorbereitet werden. Deshalb mein Einmarsch ohne Glanz und Gloria. Dabei bin ich mit 16 Monaten doch ein Bock in den besten Jahren. Na gut, jedenfalls kurz davor.

Egal, jetzt stehe ich hier an der Seitenlinie, und das Stadion ist schon gut gefüllt. Die Stimmung - alle Achtung! Da gibt es selbst für einen Bock mit Anspruch nichts zu meckern. Und ich? Mir wird langsam auch die verdiente Aufmerksamkeit zuteil. Fotografen, wohin ich mich auch abwende. Ja, ich muss jetzt mal Pipi. Ist das vielleicht ein Grund für ein Blitzlichtgewitter? Schwamm drüber. Übrigens: Hennes I., der Fußballgott hab ihn selig, wurde in den 50er Jahren noch vom FC-Präsidenten Franz Kremer persönlich in die alte Kampfbahn eskortiert und während des gesamten Spiels an der Leine gehalten. Mensch Herr Overath, das waren Zeiten. Aber wir müssen ja alle professioneller werden. Von ganz oben bis auf mein Niveau.

Die Hilde und der Ingo, das ist der Mann, der auch auf mich aufpasst, haben eine Tüte mit Leckerlis dabei. Jetzt werde ich gefüttert, weil die denken, dass ich dann ruhiger werde, so kurz vor dem Anpfiff. Liebe Leute, ein Hennes VIII. ist kein Stressesser! Wäre ja auch ein schechtes Vorbild. Die Hilde sagt allen Fotografen, was für ein Glück sie haben: „Wir sind ja schon froh, dass der Bock stonn bliev.“ Ja gut, beim Freundschaftsspiel gegen Bayern München habe ich ein wenig geschwächelt. Aber ich war bestimmt nicht der erste, der gegen die Bayern weiche Knie bekommen hat. Kreuz durchgedrückt, jetzt kommt die Hymne. „Mer stonn zo Dir FC Kölle.“ Ja, da kannst Du aber mal gucken, wieviele stonn. Die ganze Südkurve. Und ich. Anpfiff, Spiel rauf und runter, Tor für den FC. Jubel, Trubel, Heiserkeit auf der Tribüne. Ich tue ganz locker. Hennes VIII., ein Bock geht seinen Weg. Elfmeter für uns. Absolut irre. Hilde, ming Nerve. Pfosten. Das ist ja zum Bockmist häufeln. Halbzeit. Und schon wieder Fotoshooting. Jetzt bin ich deutlich routinierter. Ja, Ihr Blitzlichthelden. Hennes hat heute ein Foto für jeden von Euch.

D ie zweite Halbzeit habe ich aus meinem Gedächtnis gestrichen. Nein, ich habe noch nicht die Seuche am Huf. Die skeptischen Blicke nach dem Spiel habe ich schon bemerkt. Ja gut, ich sach mal, ich bin noch jung und habe meine ganze Maskottchenkarriere noch vor mir. Als ich gewählt wurde, war ich der Bock ohne Namen. Liebe Freunde jenseits der Spielfeldbegrenzung und draußen an den Geräten. Ich bin dabei, mir einen zu machen. In zwei Wochen fange ich an. Versprochen. Stefan Rahmann

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