Abo

Weltjugendtag 2005Vigil auf dem Marienfeld hinterließ bei den Gläubigen einen tiefen Eindruck

Lesezeit 3 Minuten
Vor dem Beleuchteten Altar auf dem Papsthügel wurden 800.000 Kerzen angezündet, für jeden Teilnehmer eine.

Vor dem Beleuchteten Altar auf dem Papsthügel wurden 800.000 Kerzen angezündet, für jeden Teilnehmer eine.

Rhein-Erft-Kreis – Als sie den beschwerlichen Weg über den Villerücken geschafft hatten, waren sie müde, sie hatten Hunger und vor allem Durst. Doch da standen die vielen Horremer vor ihren Häusern, hatten Tische aufgebaut, reichten Obst, Trinkwasser, Kaffee und Tee. Kinder liefen über die Straße und verteilten die Lebensmittel. Das Dankeschön kam in 100 Sprachen. Tausende strömten vor zehn Jahren über die Ville aus Köln auf das Marienfeld. Eine nebelkalte Nacht konnte sie nicht hindern zu bleiben. Das Papamobil fuhr durch Horrem – leer. Der Papst stand schon auf dem Hügel, der nun seinen Namen trägt. Der Weltjugendtag war unvergesslich.

Nicht nur der damalige Landrat Werner Stump und die scheidende Kerpener Bürgermeisterin Marlies Sieburg haben das Treffen der Pilger als die Höhepunkte ihrer Amtszeit bezeichnet. Auch Frechens Bürgermeister Hans-Willi Meyer, in dessen Hoheitsgebiet ein Zipfel des Marienfeldes fällt, durfte als Mitgastgeber zugegen sein bei der Papstaudienz und war angetan von der Persönlichkeit des ersten deutschen Papstes nach mehr als 500 Jahren.

Dabei kam die Stadt Kerpen nur als lachende Dritte zu der Ehre, auf überwiegend ihrem Stadtgebiet den großen Ereignissen des Weltjugendtags Raum zu bieten. Ursprünglich sollten der Flughafen Hangelar und die Hangelarer Heide bei St. Augustin als Treffpunkt für die Jugend der Welt dienen. Als hier Naturschützer bald die besseren Argumente auf ihrer Seite hatten, sah Landrat Werner Stump die Chance, das Großereignis in den Kreis zu holen.

Dabei gelang es sämtlichen Behörden, den Veranstaltungsort so lange geheim zu halten, bis auch der letzte Gesandte des Papstes, alle Sicherheitsstäbe und die eigene Kreisverwaltung überzeugt waren von der Durchführbarkeit der Veranstaltung. Die Alternative, vom Erzbistum nach der Pleite mit Hangelar vorübergehend favorisiert, lag auch im Rhein-Erft-Kreis: die Berrenrather Börde zwischen Hürth und Kerpen. Stump erzählte erst Jahre später, dass es schnell gelungen sei, alle Verantwortlichen von der Abkehr zu überzeugen. „Mehr als 7700 Journalisten standen in den Startlöchern. Ich malte die Schlagzeile »Weltjugend feiert auf Giftgasgranaten« an die Wand, und das Thema war durch.“ Im ehemaligen Tagebau Berrenrath sind nach dem Zweiten Weltkrieg unter anderem chemische Kampfstoffe verbuddelt worden, von denen angeblich keine Gefahr ausgeht und deren Bergung zu kostspielig wäre.

Der ehemalige Tagebau Frechen war da ansprechender, und die Jugend der Welt kam. Sie traf auf unendlich viel Gastfreundschaft, ein gut bestelltes Marienfeld, einigermaßen gutes Wetter und – zugegebener Maßen ein bisschen Chaos, vor allem bei der Abreise – vor. Die Ausstrahlung des Papstes, der Zauber der Begegnungen mit Gleichgesinnten aus aller Welt hinterließen einen tiefen Eindruck. Da konnte man darüber hinwegsehen, dass die Nacht vor dem Abschlussgottesdienst für die Camper auf dem Marienfeld ziemlich kalt und die Abreise verzögert vonstatten ging, weil die S-Bahnstationen in Horrem und Königsdorf mit dem Andrang etwas überfordert waren. 40 Kardinäle, 750 Bischöfe und 8500 Priester nahmen an dem Ereignis teil.

In der Vorbereitung des Weltjugendtags wurden in Kerpen für die Vigil und den Abschlussgottesdienst das Marienfeld und der Papsthügel hergerichtet. Der damalige Kreisdechant Gerhard Dane berichtet von schwierigen Verhandlungen mit den Landwirten, die aber schließlich ausgeräumt werden konnten.

Das Marienfeld ist 260 Hektar groß, etwa 350 Fußballplätze. Der zehn Meter hohe Papsthügel sollte eigentlich abgetragen werden, aber Land, Erzbistum und Gremien vor Ort entschieden, ihn zu erhalten. Kreuz, Kapelle, Stelen und eine Gedenktafel erinnern heute an das Ereignis von 2005. Dane kann viele Geschichten über den Weltjugendtag erzählen, etwa als er mit Hans Willi Meier und der Kerpener Bürgermeisterin Marlies Sieburg zur Papstaudienz eingeladen war, aber am Kölner Hauptbahnhof von Sicherheitskräften gestoppt wurde. Mit den Worten „Ich bin der Bürgermeister von Frechen, und ich muss zum Papst“, machte Meier den Weg frei.

Rundschau abonnieren