Klage der Deutschen UmwelthilfeFahrverbote oder City-Maut drohen in Bonn

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Vor allem Dieselfahrzeuge stehen wegen ihres Schadstoffausstoßes in der Kritik. Auch in Bonn werden Grenzwerte überschritten.

Vor allem Dieselfahrzeuge stehen wegen ihres Schadstoffausstoßes in der Kritik. Auch in Bonn werden Grenzwerte überschritten.

Bonn – Drohen Dieselfahrern auch in der Bundesstadt künftig Fahrverbote? Oder gibt es eine City-Maut? Das ist durchaus möglich, wenn die Kölner Verwaltungsrichter bei der Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) wegen des Luftreinhalteplans Bonn zu einem ähnlichen Ergebnis kommen wie ihre Düsseldorfer Kollegen. Die hatten im September die Bezirksregierung Düsseldorf aufgefordert, ein Konzept zu erarbeiten, damit die Grenzwerte für Stickstoffdioxid eingehalten werden. Um dies auch in Bonn zu erreichen, schlägt die Umwelthilfe unter anderem Fahrverbote für Dieselfahrzeuge, die Einführung eines Bürgertickets für den ÖPNV und eine City-Maut vor.

Verwaltung verweist auf Luftreinhalteplan

Dass in der Bundesstadt an manchen Stellen die Grenzwerte für Stickstoffdioxide und Feinstaub überschritten werden, ist kein Geheimnis. Das war auch ein Grund dafür, dass 2012 die Umweltzone eingerichtet wurde. Die Piraten im Stadtrat wollten nun in einer Kleinen Anfrage wissen, was die Verwaltung getan hat, um bei den zuständigen Institutionen und Behörden auf die Einhaltung der Grenzwerte im Stadtgebiet hinzuwirken und welche Maßnahmen sie ergreifen wird, wenn der Klage der DUH stattgegeben wird.

In ihrer Antwort verweist die Verwaltung auf den Luftreinhalteplan und die darin aufgeführten Maßnahmen: Einrichtung einer Umweltzone, Sperrung der stark belasteten Reuterstraße für den Lkw-Durchgangsverkehr, Steigerung der Jobticket-Nutzer, Maßnahmen zur Verkehrsverflüssigung, Nutzung regenerativer Energien und die Förderung umweltverträglicher Verkehre. Weitere Maßnahmen hat die Verwaltung bislang nicht geplant. Vielmehr müssten in der Projektarbeitsgruppe Strategien entwickelt werden, um die Belastung schnellstmöglich zu senken. Die Arbeitsgruppe sei sich einig, dass „niemand mit derart erheblichen Manipulationen von Abgaswerten bei Dieselfahrzeugen rechnen konnte, die Prognosen über eine Entwicklung der Schadstoffbelastung zunichte gemacht haben“.

Um eine Mautpflicht einzuführen, müssten laut Verwaltung erst die rechtlichen Voraussetzungen auf Bundesebene geschaffen werden. Deshalb gebe es auch keine seriöse Schätzung über die Höhe möglicher Einnahmen. Rolf Beu, Vorsitzender des Verkehrsausschusses und verkehrspolitischer Sprecher der Grünen-Ratsfraktion meint zum Statement der Verwaltung: „Das ist etwas kurz gesprungen. So kommt Bonn nicht durch.“

Das Team des Bonner Wetterdienstes donnerwetter.de hat in diesem Jahr täglich die Feinstaubkonzentration an seiner Wetterstation in Bechlinghoven gemessen. Dabei ging es um die Zahl der Partikel, die kleiner sind als 0,3 Mikrometer und die bis in die Lungenbläschen vordringen können. Noch feinere Stäube können laut Karsten Brandt von donnerwetter.de nicht mit dem Messgerät erfasst werden. Direkt an der Messstation gebe es keine größere Straße. Der Feinstaub werde also in der Regel mit der Luft zum Standort transportiert.

15 000 Partikel pro Tag in der Lunge

„Die Luft in Bonn ist im Vergleich zu anderen Städten verhältnismäßig gut“, erklärte Brandt. Der Tagesgrenzwert von 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft werde in Bechlinghoven wie auch in vergleichbaren Stadtteilen mit Ausnahme der viel befahrenen Plätze und der Reuterstraße unterschritten. Fraglich sei aber, ob so ein Grenzwert überhaupt Sinn mache. „Selbst wenn der Wert eingehalten wird, atmen wir im Mittel in diesem Jahr 1150 Teilchen pro Kubikmeter Bonner Luft ein.“ Da ein Erwachsener am Tag etwa 13 Kubikmeter Luft einatme, nehme die 140 Quadratmeter große Lungenoberfläche also rund 15 000 feine Partikel pro Tag auf, rechnet Brandt vor. „An den vielbefahrenen Plätzen und Straßen der Stadt dürften es wesentlich mehr Partikel sein.“ Das sei keine Bagatelle und vor allem für vorbelastete Menschen ein Problem. „Feinstaub spielt auch bei Schlaganfällen und Herzinfarkt eine Rolle.“ Verantwortlich sei neben dem Autoverkehr auch Heizungsanlagen, vor allem wenn sie mit Holz betrieben würden.

Die höchste Partikelzahl wird laut Brandt am Samstag erreicht, bis Mittwoch gehen die Werte dann langsam zurück. „Dieser Wochenend-Effekt ist überraschend deutlich in der Region.“ Auch die Witterung spiele eine große Rolle. Die sauberste Luft mit deutlich unter 1000 Partikeln sei wegen des vielen Regens im Juni gemessen worden, die schlechteste im November mit 1600 Partikeln. Eine gewittrige, schwül-warme Luft am 24. Juli, habe dafür gesorgt, dass das Messgerät mehr als 8000 Partikel angezeigt habe.

Überschreitungen

Laut DUH wurde der Jahresmittelwert für Stickstoffoxide von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft 2014 in der Reuterstraße (53) und in der Bornheimer Straße (44) überschritten. Das Landesamt für Natur, Umwelt, Klima und Verbraucherschutz (LANUV) hat 2016 an seiner Messstation in Auerberg bislang an vier Tagen bei Feinstaub die Überschreitung des Tagesmittelwertes von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft gemessen. (wki)

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