Ex-OB Schramma zur DitibDarum ist das Projekt Zentralmoschee in Köln gescheitert

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Köln – Alt-OB Fritz Schramma hat sich lange für die Moschee stark gemacht. Seit Beginn sitzt der CDU-Politiker im Beirat, den die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib) gegründet hat. Nun erklärt er das Projekt für gescheitert. Matthias Hendorf sprach mit dem 69-Jährigen.

Herr Schramma, warum ist aus Ihrer Sicht das Projekt Moschee in Köln gescheitert?

Fritz Schramma: Weil die Ditib ihre Versprechungen und Zusagen gegenüber der Stadt Köln zum jetzigen Zeitpunkt gebrochen hat. Das ist eine herbe Enttäuschung für mich und auch für viele andere Kölner.

Welche Versprechungen meinen Sie?

Schramma: Unter anderem hat sie Transparenz zugesagt sowie die Gleichberechtigung von Mann und Frau in der Kölner Moschee. Das alles sehe ich stark gefährdet, das ist ein massiver Vertrauensbruch. Das führt auch dazu, dass sich die Stimmen aus der ultrarechten Ecke mehren, die sagen: Das habt ihr jetzt davon.

Sie haben sich immer für die Moschee eingesetzt, sahen sie als Chance zur Integration. Ist diese Chance vertan worden?

Schramma: Zumindest ist sie gefährdet, wenn tatsächlich Imame aus Moscheen der Ditib vermeintliche Gegner des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan bespitzelt haben. Wenn sich diese Vorwürfe bewahrheiten, ist die Ditib kein Gesprächspartner auf einer demokratischen Basis. Das hat nichts mit Transparenz zu tun. Wir können keine vernünftige Integration erwarten, wenn die Ditib wirklich unter Erdogans Einfluss aus Ankara steht. Davon muss sie sich befreien und einen europäischen und eigenständigen Islam praktizieren. Die Ditib ist gerade dabei, die Chance zur Integration zu vertun.

Was erwarten Sie jetzt von der Ditib?

Schramma: Eine gründliche Aufklärung, Transparenz und Dialogbereitschaft. Das erwarten auch die Kölner Bürger, die Moschee ist ja ein stadtpolitisches Thema. Ich hoffe einfach, dass wieder ein offener Dialog entsteht.

Fehlte der zuletzt im Beirat der Moschee?

Schramma: Einen Dialog kann man nur führen, wenn beide Seiten sprechen wollen. Der Beirat ist ja auf Einladung der Ditib gegründet worden.

Macht der Beirat momentan noch Sinn oder sollte er aufgelöst werden?

Schramma: Dazu möchte ich aktuell nichts sagen.

In diesem Jahr soll die Moschee laut Ditib eröffnet werden. Würden Sie trotz der Probleme kommen?

Schramma: Ja, sicher. Das Projekt Moschee ist Bestandteil dieser Stadt, die Menschen haben es akzeptiert, die anfänglichen Widerstände sind verschwunden. Jetzt geht es darum, die Moschee mit Inhalten zu füllen, das liegt uns am Herzen. Das geht aber nur, wenn nicht eine Seite den Boden der gemeinsamen Vereinbarung verlässt. Ich erlebe mittlerweile den fünften Ditib-Vorstand. Die damals getroffenen Versprechungen müssen aber unabhängig vom Vorstand und den Zuständen in der Türkei gelten. Die Ditib muss sich an Zusagen halten.

Sie haben die Moschee seinerzeit auch gegen viele Widerstände ihrer Partei, der CDU, durchgeboxt, sie ist mit Ihrem Namen verbunden: Sehen Sie dieses Vermächtnis in der jetzigen Lage gefährdet?

Schramma: Nein, noch nicht. Wir müssen darum kämpfen, dass das Verhältnis wieder in Ordnung gebracht wird. Die Lage ist aber sehr, sehr angespannt. So geht es nicht weiter. Ich gebe aber die Hoffnung nicht auf, dass die Ditib wieder auf uns zukommt.

Ist das ehemalige Leuchtturmprojekt auf dem Weg zum Scherbenhaufen?

Schramma: Nein, um Gottes willen. Ich will es auch nicht schlechter reden, als es ist. Ich gebe das Projekt nicht auf. Unsere Gesprächsangebote stehen schon sehr lange, jetzt muss die Ditib auf uns zukommen und kooperieren.

Hintergrund: Die Spionage-Äffare

Der türkische Islamverband Ditib soll in Nordrhein-Westfalen mindestens fünf Lehrer an staatlichen Schulen bespitzelt haben. Die Landesregierung hat dies inzwischen bestätigt und erklärt, dass es „Spionagelisten“ gebe, die Ditib-Prediger im Bereich der türkischen Generalkonsulate Düsseldorf, Köln und München für Behörden in Ankara geschrieben haben sollen. 28 Personen und elf Institutionen sollen als angebliche Anhänger der „Gülen“-Bewegung auf diesen Listen stehen. Die Ditib war am Donnerstag für eine Stellungnahme gegenüber der Rundschau nicht zu erreichen. Dem Domradio sagte  Generalsekretär Bekir Alboga: „Wie bereits öffentlich mitgeteilt, hat die Ditib zu keiner Zeit Berichte eingefordert oder verfasst. Auch sind keine Berichte über die Tische der Ditib gegangen oder weitergeleitet worden. Wir sind weiterhin um transparente Aufklärung bemüht und werden die Öffentlichkeit zum gegebenen Zeitpunkt informieren.“ (dpa/mhe)

Der Moschee-Beirat

Seit etwa zehn Jahren gibt es den Moscheebeirat, die Ditib hat ihn ins Leben gerufen. Er ist laut des Ehrenfelder Bezirksbürgermeisters Josef Wirges kein Beirat für den Moscheebau, vielmehr soll er den Austausch zwischen den Religionen fördern. Er hat mehr als 20 Mitglieder verschiedener Institutionen, unter anderem der evangelischen und katholischen Kirche. Das Gremium  trifft sich laut Wirges manchmal sechs Mal im Jahr, manchmal vier Mal. Das hänge davon ab, wie oft die Ditib einlade, sie habe den Vorsitz. Wirges sagte: „Ich stelle den Beirat in Frage und bin auch wütend, wenn Gläubige andere Gläubige tatsächlich bespitzelt haben. Das wäre zutiefst  undemokratisch.“ Eine Auflösung sei aber Sache der Ditib. (mhe)

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