Interview mit Komponist Detlev GlanertKein Takt der Oper ist gestrig

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Spielt auch mit Alter Musik: Der Komponist Detlev Glanert.

Spielt auch mit Alter Musik: Der Komponist Detlev Glanert.

Solaris wurde 2012 bei den Bregenzer Festspielen uraufgeführt. Stand danach nicht Berlin auf der Agenda?

Es stand lange auf der Website, dann wollten sie es nicht mehr machen. Gründe wurden mir nicht genannt.

Markus Stenz, ein großer Fan und Förderer ihrer Musik, dirigierte in Österreich. War das ein Zufall?

Der damalige Intendant David Pountney, der auch in Köln inszeniert und mit Stenz gearbeitet hat, hatte meine Oper "Caligula" gesehen. Dann ging es um mögliche Dirigenten, und einer war Markus Stenz.

Hier in Köln inszeniert Patrick Kinmonth, wie kommt dieses Team zustande?

Das bestimmt die Intendanz. Ich gebe nur eine Partitur ab, die enthält Schriftzeichen, wie man Hände und Münder bewegen soll. Die übergebe ich anderen Menschen, und die machen was draus. Da herrschen die ungeschriebenen Gesetze, dass ich nie zum Beispiel den Regisseur bestimmen kann. Das sind alte Traditionen. Das war schon bei Monteverdi der Fall.

Wie sind die musikalischen Voraussetzungen in Köln?

Das Orchester ist prima, der Chor ist wunderbar, die Sänger sind toll. Maestro Lothar Zagrosek ist sogar ein Schreker-Spezialist, was mir sehr entgegenkommt.

Sie spielen mit Assoziationen an Bekanntes in der Musik?

Ich habe stellenweise ganz bewusst mit Alter Musik gespielt. Trotzdem ist kein Takt der Oper gestrig. In manchem Takt erklingen alle zwölf Töne, sie nehmen dies aber nicht wahr. Es kommt ihnen fremd und bekannt gleichzeitig vor. Das ist genau das, was ich wollte.

Geht ihre Musik auf Science-Fiction ein?

Niemand hält das für Science-Fiction. Lem benötigte dieses Arrangement in der Zukunft, um ein bestimmtes Experiment durchzuspielen. Es ging ihm um die menschlichen Verhältnisse. Wie reagieren wir, wenn unsere Vergangenheit, speziell die mit einer Schuld verbundene, materialisiert wieder auftaucht? Die Schemen kommen aus der Vergangenheit zurück, das hat mich interessiert. Ich habe versucht, dafür eine surrealistische Musik zu finden.

Wie wurde der Roman bühnentauglich?

Wir haben alle Wissenschaftsberichte, das sind rund 70 Prozent des Stoffes, herausgenommen, also eingedampft auf die pure Handlung. Dann haben wir das Stück strukturiert, u.a. auch in Arien und auch mein erstes großes Duett.

Kommt auch "Solaris" in der Musik vor?

Bei uns hat der Planet eine Stimme, der Chor ist Solaris. Er beginnt zunächst mit Vokalen und lernt dann Worte, er versucht zu kommunizieren, das gelingt nicht ganz.

Besitzt der Stoff von "Solaris" zeitlose Brisanz?

Solaris ist großes Abenteuer für ein neugieriges Publikum, das sich in diese fremde Welt stürzt, die uns aber sehr nahe ist. Wir gehen auch mit Erinnerungen um, tragen Schuld, deshalb kann uns Solaris erschüttern. Solaris ist eine saftige und richtig spannende Oper.

Premiere am 2.11.14 um 18 Uhr, Vorstellungen am 6./8./12./14.11. um 19.30 Uhr und am 18.11. um 18 Uhr

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