HegefischerNetz raus für gutes Trinkwasser – Blaufelchen in der Wahnbachtalsperre

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Wenn das Boot beim Einholen des Netzes seine Position verliert, dann muss per Hand mit dem Ruder nachjustiert werden.

Wenn das Boot beim Einholen des Netzes seine Position verliert, dann muss per Hand mit dem Ruder nachjustiert werden.

Rhein-Sieg-Kreis – Mit gekonntem Griff zieht Ansgar Hehenkamp zügig sein engmaschiges Netz aus dem Wasser der fast 50 Meter tiefen Wahnbachtalsperre. Ein Fisch nach dem anderen kommt so ins Boot.

Plötzlich wird Hehenkamp langsamer. „Da ist ein großer Hecht“, sagt der Berufsfischer. „Ich will ihn nicht verletzen, denn er soll wieder in Wasser zurück.“ Hehenkamp ist Hegefischer. Er ist dafür verantwortlich, dass sich die Blaufelchen in der Talsperre nicht explosionsartig vermehren.

Ein- bis zweimal pro Woche wirft er sein 1200 Quadratmeter großes Netz aus, bis zu 60 Kilogramm der eher unbekannten Fischsorte verfangen sich darin. Der Fang wird später verkauft.

Genügend Abnehmer

„Abnehmer gibt es genug“, so Hehenkamp. Die Nachfrage nach frischen Fisch aus der Region sei in den letzten Jahren stetig gestiegen. Allerdings seien die Blaufelchen aus der Wahnbachtalsperre eher etwas für Kenner. „Gefragt sind meist große Filets um 300 Gramm.

Die bringen die Blaufelchen nicht auf die Waage.“ Je nach Größe wiegen zwölf dieser Schuppentiere ein Kilo. Dennoch hätten einige Restaurants diesen Fisch als regionale Spezialität auf der Karte. Beim Butterfly-Filet wird der Rücken entgrätet und durchs Aufklappen entsteht so ein großes Stück.

Der Hecht hat sich mit den Kiemen in den Maschen verfangen und blutet stark. „Ich muss ihn leider rausholen, weil er sich schwer verletzt hat.“ Diesen kapitalen Beifang schätzt Hehenkamp übrigens nicht. „Meine Aufgabe ist es, die Population der Blaufelchen so niedrig wie möglich zu halten. Die Hechte als gute Jäger helfen mir dabei.“

Überraschend wenig im Netz

Immer wieder mal klingelt das Telefon in der Jackentasche von Hehenkamp. Restaurants und Fischläden fragen bei ihm an, was er heute bringen kann. So ist der Hecht auch schnell verkauft – fangfrisch.

Bei den Blaufelchen wird es allerdings knapp. Es sind viel zu wenige ins Netz gegangen. Nur 15 Kilo liegen in der Kiste auf Eis. „Sonst sind es immer so um die 50 bis 60 Kilo“, berichtet der Fischer. Nur die Restaurants kommen diesmal zum Zuge, die die Spezialität fest auf der Karte haben. „Wenn Sie eine Aktion machen wollen, dann warten Sie bitte bis Morgen. Dann kann ich mehr sagen“, werden die anderen Küchenchefs vertröstet.

Fischereilich bewirtschaftet von Anfang an

Im Jahr 1956 wurde die Wahnbachtalsperre in Betrieb genommen. Wo viel Wasser ist, leben meist auch Fische. Deswegen wird der künstliche See seit diesem Zeitpunkt fischereilich bewirtschaftet.

Mittlerweile leben rund 18 verschiedene Fischarten in der Talsperre, unter anderem Bach- und Seeforellen, Brassen, Zander, Hechte und auch die Blaufelchen.

Zur Regulierung des Fischbestandes greift der Mensch ein. So wurden vor Jahren Hechte als Raubfische ausgesetzt. Im Frühjahr kamen erstmals Quappen hinzu, die ebenfalls kleine Fische jagen. (vr)

Hehenkamps Hauptgewässer ist der Laacher See. Mit einer Tiefe von mehr als 50 Metern bietet der den Blaufelchen ebenfalls perfekte Lebensbedingungen. „Dort sind die Fanggründe ergiebiger als in Siegburg“, berichtet er mit Blick auf seinen an diesem Tag mageren Fang. Er ist sich sicher, dass er die fehlende Menge Blaufelchen dort problemlos an Land ziehen kann.

Wie wird man Berufsfischer? Hehenkamp war in seiner Jugend ein begeisterter Angler. Nach dem Abitur machte er dann in Berlin auf der Havel eine Lehre als Fischer. „Dann wollte ich eigentlich studieren“, berichtet der heute 44-jährige Ansgar Hehenkamp. „Aber ich bin beim Fischen hängen geblieben.“ Er arbeitete bei verschiedenen Betrieben in ganz Deutschland und lernte auf dem Bodensee, wie Felchen am besten ins Netz gehen. „Dieses Wissen half mir, die Fischereipacht am Laacher See zu bekommen.“

Und weil die Blaufelchen in der Wahnbachtalsperre ursprünglich ebenfalls von dort kommen, bot es sich an, dass er auch in Siegburg die Fischereirechte bekommt. „Früher dachte man, dass zu viel Zooplankton Gewässern schaden würde, aus denen Trinkwasser gewonnen wird“, berichtet Hehenkamp. Deswegen wurden die Blaufelchen Mitte der 60er-Jahre hier eingesetzt. Heute weiß man aber, dass dies so nicht ist. Ein gewisser Anteil von Zooplankton sei sogar wichtig für das biologische Gleichgewicht im Wasser, erläutert der Fischer.

Da die Blaufelchen sich jedoch in der Wahnbachtalsperre rasant vermehren würden, sei die regelmäßige Befischung wichtig, damit sie nicht das Zooplankton vernichteten. Denn das ist eine ihrer Nahrungsquellen.

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