NS-SchicksaleGunter Demnig verlegt mit Angehörigen 65 neue Stolpersteine

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Stolpersteine erinnern an der Ecke Thieboldsgasse/Bayardsgasse an die ermordeten Angehörigen von Rachel Ziegellaub (M.) und Nira Gitai (r.).

Stolpersteine erinnern an der Ecke Thieboldsgasse/Bayardsgasse an die ermordeten Angehörigen von Rachel Ziegellaub (M.) und Nira Gitai (r.).

Köln – Das Schicksal des Großvaters war es Rachel Ziegellaub und Nira Gitai Wert: Gemeinsam mit sechs Verwandten nahmen sie den fünfstündigen Flug von Israel nach Köln auf sich, um dabei zu sein, als Gunter Demnig unter anderem für ihren Großvater Karl einen Stolperstein in der Thieboldsgasse verlegte. Dort an der Ecke zur Bayardsgasse hatte die Familie noch während der NS-Zeit gelebt und ein Schuhgeschäft betrieben – bis zur Deportation.

Vier Stolpersteine mit vier Namen hatte Demnig bereits vor Jahren dort eingebaut. Nun erhielten die fünf bislang unerwähnten „Ziegellaubs“ eine golden glänzende Erinnerung im Bordstein.

Fast 70.000 Stolpersteine verlegt

„Das ist ein besonderer Moment des Erinnerns. Die ganze Familie und auch Freunde sind extra hierfür gekommen“, sagte die 67-jährige Nira Gitai, während Demnig zum Hammer griff. Und auch wenn es für den Künstler, der weltweit mittlerweile bald 70.000 seiner Stolpersteine verlegt hat, absolute Routine ist, schwingt in jedem Hammerschlag eine besondere Bedeutung mit.

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Ganz besonders für die Angehörigen. So folgte der handwerklichen Tat ein ergreifendes Gedenken. Nira Gitai hielt eine Rede auf Hebräisch, es wurde Musik gespielt und Volkslieder erklangen. „Wir lieben es zu singen, und wenn es auch aus Trauer ist“, sagte die 67-Jährige andächtig. Als die Anwesenden Rosen auf die frisch verlegten Steine legten, flossen Tränen.

65 neue Steine in Köln

Für Demnig war der Arbeitstag aber nicht beendet. An diesem und dem folgenden Tag verlegte der Künstler an 23 Orten in Köln 65 neue Stolpersteine und verlängerte so die Liste der Gedenkorte beträchtlich. Unter anderem verlegte er am Oberländer Ufer Steine für die jüdische Familie Bing. Moritz Bing, damals als Rechtsanwalt tätig, lebte in einer Villa in Marienburg.

Er wurde 1938 verhaftet, obwohl er als Frontkämpfer im Ersten Weltkrieg besondere Verdienste erworben hatte. Durch einen Glücksfall entkam er dem Konzentrationslager Dachau und schaffte eine Flucht in die Schweiz, wo er 1947 starb. Pate seines Stolpersteins ist der Kölner Alpenverein – Bing war begeisterter Bergsteiger.

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