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40 Jahre JVA OssendorfEin Knast kommt in die Jahre

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Die JVA in Köln-Ossendorf. (Symbolbild: dpa)

Die JVA in Köln-Ossendorf. (Symbolbild: dpa)

Auf dem vierzig Jahre alten Foto ist nur noch eine große Staubwolke zu sehen. Sprengmeister Josef Pauly aus Bergisch Gladbach drückte zwei Mal den Griff des Zündapparates nach unten. Dann sackte das Strafgefangenenhaus III in sich zusammen. Das war der Anfang vom Ende des 135 Jahre alten Kölner Gefängnisses. „Ende des Klingelpütz“, schrieb die Rundschau in ihrer Ausgabe am 12. Juni 1969.

Doch das Ende des alten Gefängnisses am Rande des Eigelstein war auch der Beginn des neuen „Klingelpütz“ in Ossendorf. Schon im Spätsommer 1968 zogen die ersten Gefangenen an den Stadtrand, da stand das alte Gebäude noch.

27 Ausbrüche in neun Jahren

In diesen Tagen ist es Zeit zurück zu schauen: Die JVA in Ossendorf feiert mit einem Sommerfest ihr 40-jähriges Bestehen, und da gibt es einiges zu erzählen. Denn die vergangenen vier Jahrzehnte in Ossendorf waren gewiss so aufregend und von schwer wiegenden Skandalen begleitet, wie im Bau am Gereonswall.

Zunächst ein Rückblick: Als das „finsterste Kapitel im deutschen Strafvollzug“ bezeichneten Medien in den 60er Jahren den Skandal um zwei Aufseher. Ihnen wurden gravierende Misshandlungen vorgeworfen, zwei Insassen kamen ums Leben. Auch zwei Nervenärzte waren damals angeklagt. Doch es gab nicht nur die traurige Vergangenheit, es gab auch Anlass zum Schmunzeln. Beispielsweise über zwei verhinderte Ausbrecher, die sich so dumm anstellten und beim Zersägen der Gitterstäbe ständig Steinbrocken in den Innenhof fallen ließen. Da wurden die Wärter ganz schnell aufmerksam. Damals gelang es nicht. Allerdings schafften es viele, viele Häftlinge aus dem alten „Klingelpütz“ zu türmen. Von 1960 bis 1969 flüchteten sage und schreibe 27 Häftlinge. Das ist heute anders.

Im neuen „Klingelpütz“ gelang erst acht Jahre nach der Eröffnung einem 38-jährigen Franzosen 1976 die Flucht. Dreist: Dem Gefängnisdirektor schickte er eine Ansichtskarte aus Frankreich. Vier weitere Häftlinge entkamen, weil sie sich bei der Arbeit in Kartons verpacken und dann aus der Anstalt fahren ließen. Und: 1985 gab sich ein Häftling besonders viel Mühe, buddelte einen 25 Meter langen Tunnel und wurde 80 Minuten nach der Flucht in der Kölner City gefasst. Als besonderer Schwachpunkt erwiesen sich in den 80er Jahren die betonummantelten Gitterstäbe der Zelle. Hitze und Frost sprengten den Beton, die darunter liegenden Stahlstäbe aus minderwertigen Material begannen zu rosten. Mehrmals zersägten Häftlinge die porösen Gitterstäbe. 1989 und 1990 wurden die Gitter für sechs Millionen Mark ausgetauscht. Doch auch danach gab es weitere Fluchtversuche.

Prominente "Gäste" im Klingelpütz

Während heute gefährliche Verbrecher wie der Bankräuber Jan Zocha im „Klingelpütz“ im Sicherheitstrakt einsitzen, waren früher vorübergehend RAF-Mitglieder wie Ulrike Meinhof und Andreas Bader unter strenger Beobachtung in Ossendorf inhaftiert. Auch hinter Gittern saßen DDR-Spion Günter Guilleaume oder Bankier Iwan Herstatt. Und nicht zu vergessen den im Milieu legendären „Schäfers Nas“.

Doch es wäre unfair, im Rückblick nur über Skandale zu schreiben. Der verstorbene Jörn Foegen und der jetzige Chef Michael Thewalt bemühen sich, die Probleme in der Anstalt in den Griff zu bekommen. Das ist die Überbelegung, das knappe Personal, der Drogenmissbrauch und der Zahn der Zeit, der an der großen Einrichtung nagt. Thewalt betonte bei seiner Amtseinführung, dass ihm der Jugendvollzug am Herzen liegt, der Defizite aufweise. Thewalt war nach dem Foltermord im Siegburger Gefängnis zum „Klingelpütz“ gewechselt; er leitete in Siegburg kommissarisch die Geschäfte und brachte sie nach Aussage des Präsidenten des Landesvollzugsamtes Klaus Hübner in ein ruhiges Fahrwasser.

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