„Ziemlich beste Freunde“Philippe Pozzo di Borgo mit neuem Buch

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Autor Philippe Pozzo di Borgo

Autor Philippe Pozzo di Borgo

Köln – Das nennt man wohl lässige Eleganz: Im feinen dunklen Zwirn, mit hellgrauem Einstecktuch und einem Filzhut auf den Knien kommt Philippe Pozzo di Borgo zur Pressekonferenz ins Kölner Hotel im Wasserturm. "Ja, den Hut habe ich immer dabei - ich habe Angst, dass mir der Himmel auf den Kopf fallen könnte", flachst er, um dann ein wenig ernster hinzuzufügen: "Ich habe auch vorher schon immer Hüte getragen."

Vorher - das war vor seinem Unfall beim Paragliding 1993. Seitdem ist er querschnittsgelähmt und sitzt im Rollstuhl. Seine Geschichte kennen Millionen Menschen auf der ganzen Welt durch die Verfilmung seiner Autobiografie, die unter dem Titel "Ziemlich beste Freunde" weltweit 400 Millionen Dollar eingespielt hat, 79 Millionen Dollar allein in Deutschland.

"Ich war - wie eigentlich jeder - sehr überrascht, wie erfolgreich der Film war. Mein Buch, das zehn Jahre zuvor erschien, war dagegen ja nur ein bescheidener Erfolg", erzählt der 62-Jährige. "Aber anscheinend war die Gesellschaft jetzt reif für so eine Geschichte."

Und diese Geschichte vom querschnittsgelähmten Philipp und seinem Pfleger Abdel soll jetzt noch mehr Menschen zugänglich gemacht werden: Sonja Markowski hat sie erneut übersetzt und in "einfacher Sprache" verfasst (erschienen im Spaß am Lesen Verlag, 11 Euro). Das heißt, sie hat das Buch von 250 Seiten auf 80 gekürzt und Worte und Sätze möglichst einfach gehalten. Bislang gibt es viele Broschüren von Ämtern oder speziell geschriebene Bücher in "einfacher Sprache", dies ist der erste Bestseller, der so bearbeitet auf den Markt kommt.

"Ich habe einem Schriftsteller von dem Projekt erzählt, und er sagte, das ginge doch nicht, das sei doch dann keine Literatur mehr", so Pozzo di Borgo, "Aber Literatur bedeutet für mich nicht, exklusiv zu sein!" In anderen Worten: Die Menschen außen vor zu lassen, die nur sehr, sehr schlecht lesen können. Davon gibt es in Deutschland eine Menge: 7,5 Millionen sind funktionale Analphabeten, 13 Millionen können nur schlecht oder mit großen Schwierigkeiten lesen. "Und wenn sie sich beim Lesen anstrengen müssen, dann müssen wir uns als Schriftsteller eben auch beim Schreiben anstrengen!" In Köln stellte der ehemalige Chef des Champagnerherstellers Pommery im Rahmen der lit.Cologne noch ein weiteres Buch vor: "Ziemlich verletzlich, ziemlich stark", das er mit den Hilfswerk-Gründern Jean Vanier ("Die Arche") und Laurent de Chérisey ("Simon de Cyrène") verfasst hat (Hanser Verlag, 112 S., 10 Euro).

Es soll eine Gesellschaft, die sich nach Perfektion und Effizienz bemisst, zu menschlich bereichernder Solidarität mit körperlich, geistig und sozial Benachteiligten aufrufen - auf dass sie keine "Unberührbaren" (der Film heißt im Original "Intouchables") werden. Mit seinem Pfleger Adbel ist er nach wie vor befreundet, nach zehn Jahren beendeten sie aber das Arbeitsverhältnis.

War es schwer, so eine vertraute Person nicht mehr um sich zu haben? "Das war vor acht Jahren, und jetzt ist er verheiratet und ich auch. Und ich sage Ihnen: Das ist doch sehr viel verlockender!" Und wieder ist da dieses Grinsen, das aber diesmal seiner Ehefrau Khadija gilt, die in der ersten Reihe sitzt. Eben eine ziemlich beste Ehefrau.

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