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Ärger um angebliche Wunderheilungen

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Madonna, wie Raffael sie sah.

Madonna, wie Raffael sie sah.

SIEVERNICH. Wunder sind selten geworden heutzutage. Und das Verlangen nach dem Übersinnlichen umso größer. Vielleicht ist das die Erklärung dafür, dass eine kleine Pfarrkirche im Bistum Aachen zu einem regelrechten Wallfahrtsort geworden ist, der an guten Tagen mehrere Tausend Gläubige anlockt. Sie alle wollen die Frau sehen und hören, die behauptet, in Sievernich nahe Düren Botschaften der Mutter Gottes zu empfangen. Nicht wenige kommen auch, weil sie an diesem Ort die wundersame Heilung ihrer Gebrechen erhoffen. Genau das hat nun zu Ärger mit der Kirche geführt.

Manuela Strack heißt die selbsternannte Mittlerin zwischen Himmel und Erde. Sie ist 36 Jahre alt, verheiratet, Mutter eines Kindes und stammt aus Gürzenich bei Düren. Vor knapp drei Jahren, behauptet sie, habe die heilige Maria sie nach Sievernich geführt, um sich ihr zu offenbaren. Seitdem versammelt sich um Manuela eine stetig wachsende Anhängerschar, die hofft - wie es der Beauftragte des Bistums Aachen, Hermann-Josef Beckers, formuliert - „mit Manuela einen Saum des Kleides Marias in den Griff zu bekommen“.

Das Bistum Aachen reagierte zurückhaltend. Man könne doch nichts dagegen haben, dass die Menschen beten, hieß es. An Manuelas Offenbarungen sei nichts auszusetzen, sie stünden mit der katholischen Lehre im Einklang. Allerdings erkannte die Kirche die Erscheinungen formell nicht an. Sie gelten als Privatoffenbarungen.

Im vergangenen Jahr jedoch begann die Sache, aus dem Ruder zu laufen. Jeden zweiten Montag brach ein Strom von bis zu 4000 Menschen über das 450-Seelen-Dorf herein. Während sich viele Anwohner über den Rummel beklagten, versuchten andere, daraus Vorteile zu schlagen. So etwa ein Verein zum Bau einer Trauerhalle, der plötzlich vorgab, eine Kapelle für eine Marienstatue bauen zu wollen, um so an Spenden zu kommen.

Das Bistum drängte, die Andachten in einen anderen Ort zu verlegen. Darauf gab Manuela bekannt, Maria habe zum letzten Mal ihr Erscheinen angekündigt. Die Gebets-Treffen samt Offenbarungen gingen jedoch weiter - zuletzt am vergangenen Montag. Mittlerweile kommen wieder im Zweiwochenrhythmus rund 600 Pilger in das Eifeldorf. Darunter immer mehr Kranke und Gebrechliche, die auf Wunderheilung hoffen.

Die Kirche sieht das mit Sorge. „Ich möchte nicht, dass Erwartungen geweckt werden, die nicht erfüllt werden“, sagt der Beauftragte des Bistums, Beckers. Seine Kritik entzündet sich an Heribert Kleemann, dem Pfarrer der Gemeinde. Kleemann, ein charismatischer glatzköpfiger Geistlicher mit einem Hang zu weihevollen Aufzügen, verbindet seine Auftritte während der Gebetstreffen mit Heilungsgebeten. In Interviews spricht er von „großen Wundern“, die in Sievernich geschähen, und verkündet, er habe gehört, dass es zu Wunderheilungen gekommen sei.

Mit diesen Äußerungen gießt Kleemann nach Meinung des Bistums Öl ins Feuer. Der Aachener Bischof Heinrich Mussinghoff hat dem Pfarrer nun verboten, weitere Heilungsgebete abzuhalten. Die Gebetstreffen selbst will er vorerst aber nicht unterbinden. Man müsse allerdings „weiterhin genau hingucken“, sagt Beckers. Heilungsversprechen oder Geschäftemachen will die Diozöse jedenfalls nicht länger dulden.

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