Als das Leppetal noch steinig war

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FELSENTHAL. Beiderseits der Landstraße im Leppetal stehen heute dichte Laubwälder. Doch noch vor 60, 70 Jahren waren die Hänge kahl durch die Eingriffe der in den ersten 30 Jahren des 20. Jahrhunderts florierenden Steinbruchindustrie. Anders als um Lindlar, wo schon seit Jahrhunderten Steine abgebaut und bearbeitet werden, sind die Steinbrüche im Leppetal erst in jüngerer Zeit, seit etwa 1900, entstanden. Die Natur hat das sich das heute unzugängliche Gebiet zurückgeholt. Auch der Weiler Dilstein, den es in der scharfen Kurve bei Felsenthal noch 1948 gab, ist bis auf Reste einer Brücke heute völlig verschwunden.

Der älteste Betrieb im Tal wurde von der Familie Kochenrath erschlossen und lag oberhalb der heutigen Ortschaft Neuremscheid, die ihren Namen von den aus Remscheid stammenden Kochenrath-Brüdern bekommen hat.

Löhne für damalige

Verhältnisse hoch

Volksschul-Rektor Karl Haselbeck schrieb vor über 50 Jahren über die Steinbrüche „auf dem Stock“: „Bis zum zweiten Weltkrieg wurden Schotter, Packlage für die Straßen, Mauersteine, Pflaster- und Bordsteine hergestellt. Die ersten Arbeiter, die auf den terrassenförmigen Plateaus an den Hängen in ihren kleinen Kipperhütten sitzend die Steine bearbeiteten, waren Gastarbeiter aus Belgien, Italien und Süddeutschland.“ Die Arbeit in den Steinbrüchen wurde gut bezahlt: Tageslöhne von 1,80 bis 2,00 Mark waren für damalige Verhältnisse sehr hoch. Doch die Arbeit war hart, bei vielen führte sie zur typischen Berufskrankheit Staublunge.

Der Frielingsdorfer Willi Althoff erinnert sich gerne an die oft harte Arbeit im Steinbruch. Er blättert in alten Unterlagen. In einem alten, vergilbten Heft hatten Steinbrucharbeiter ihre Stunden aufgeschrieben, die sie im August 1950 gearbeitet hatten: 223, 236 oder sogar 249 Stunden schufteten danach die Arbeiter in diesem Monat im Steinbruch. Im Winter wurde dagegen weniger gearbeitet, wegen der früher hereinbrechenden Dunkelheit und dem ungünstigen Wetter.

Maria Althoffs Großvater Johann Grünhage hatte auch sein Brot als „Steenkühler“ auf dem Stock bei Felsenthal verdient, ebenso dessen Söhne Josef und Anton. Beide pachteten in den 1940er Jahren ein Gelände „auf dem Duwenberg“ und gründeten ihren eigenen Betrieb. Ihr späterer Mann Willi Althoff trat 1964 dort ein und war bis zur Einstellung des Betriebs im Dezember 1994 Sprengmeister, Stößer, Kipper und Schmied in einer Person. Besonders die Tätigkeit des Sprengmeisters erforderte Umsicht und Erfahrung. Althoff sprengte bis zuletzt mit elektrisch gezündetem Pulver. Als Schmied erneuerte er in den Wintermonaten die über das Jahr abgenutzten Stangen, Meißel und Hämmer.

Und wie ging der Steinabbau vor sich? Nach der Sprengung spaltete der „Stößer“ das herum liegende Steinmaterial und brachte es grob auf die gewünschten Größen. Der Kipper brachte das vorgearbeitete Material mit dem scharfkantigen Kipphammer in seiner Holzhütte in die gewünschte Form. Abtransportiert wurden die Steine im großen Steinbruch „auf dem Stock“ über die so genannte Bremsbahn. Die vollen Loren wurden an einem Stahlseil hängend über Schienen zu Tal gelassen. Das Stahlseil lief über eine Welle und zog gleichzeitig einen leeren Wagen auf dem parallel verlaufenden Gleis wieder herauf.

Unten, im Tal, befindet sich heute noch die Ruine des großen Steinbrechers, in dem das Steinmaterial zerkleinert wurde. Dort wurden dann auch die Waggons der Leppebahn mit dem Schotter befüllt. Mit der Kleinbahn wurden sämtliche Produkte zum Engelskirchener Bahnhof gebracht, wo sie an einer Rampe auf die größeren Reichsbahn-Waggons umgeladen wurden. Mit der Bahn wurden sämtliche Produkte der Steinbrüche im Leppetal in die Städte an Rhein und Ruhr sowie nach Belgien und in die Niederlande transportiert. Später wurden die Steine auch beim Autobahnbau verwendet. So wurde die in den späten 1930er Jahren erbaute Höllental-Autobahnbrücke der A1 bei Wermelskirchen aus Felsenthaler Grauwacke erbaut.

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