AbrechnungVerstorbener lädt Gäste von eigener Trauerfeier aus

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Trier – Es ist eine äußerst ungewöhnliche Todesanzeige, die gerade für Aufsehen sorgt. „Ich, Hubert M. (offen, ehrlich und nachtragend), melde mich hiermit vom Leben ab“, lässt der 64-Jährige schwarz umrahmt in der Zeitung „Trierischer Volksfreund“ wissen. Die Zeitung bestätigt die Echtheit der Anzeige.

Und im Hinausgehen aus dieser Welt nimmt M. angesichts der eigenen Trauerfeier kein Blatt vor den Mund: „Den anderen 5 Kindern meiner Eltern und deren Partnern und Nachkommen verbiete ich die Teilnahme an dieser Feier. Ihr seid alle ausgeladen!“, verfügt er. Mit der Anzeige wurde die Nachwelt auf Hubert M. aufmerksam.

„Offenheit und Ehrlichkeit waren mir immer sehr wichtig. Manchem habe ich damit wehgetan - und das war gut so“, schreibt M. in seiner Anzeige. „Ich weiß nicht, ob das Ehrlichkeit ist“, sagt dazu der Psychologe Jorgos Canacakis, Trauerexperte und Verfasser zahlreicher Bücher über das Trauern. „Es hat vermutlich mehr mit seiner Persönlichkeit zu tun. Er will gehört, gesehen und verstanden werden.“

Am Ende Ordnung schaffen

Es sei nicht unüblich, dass Menschen am Ende eines Lebens „noch einmal Ordnung schaffen“ wollten, sagt der Trauerforscher. Meist geschehe dies aber in Form von Briefen. So wie M. in seiner Anzeige sei „schon besonders“. Sein Ziel sei vermutlich, Aufmerksamkeit zu erregen. „Er will nicht unglamourös sterben“, mutmaßt Canacakis über den Verblichenen.

M. lässt die Nachwelt auch daran teilhaben, dass er „ein gutes Leben“ hatte, „das aber auch von vielen Krankheiten überschattet war. Die letzte war leider unbesiegbar.“ Er schreibt über seine „wunderbare Frau“, „einen guten Sohn“ und „zwei tolle Enkelkinder“.

Dann gibt er wieder klare Anweisungen zu seiner „Verabschiedungsfeier“ an diesem Samstag (2. Juli) in Losheim-Britten im Saarland: Da er überzeugter Atheist sei, sollte auf „Trauerkleidung, Kreuze oder sonstige offene oder versteckte religiöse Symbole“ verzichtet werden.

Eher unüblich

Dass Menschen sich in ihren eigenen Traueranzeigen selbst an Hinterbliebene wenden, ist eher selten. „Wir hatten das in 16 Jahren vielleicht zwei Mal“, sagt Martina Schmidt vom Trierer Bestattungshaus Martin Loch. Die Texte seien nicht so umfassend gewesen: „Sie haben sich zum Beispiel bei Krankheit für den Beistand bedankt.“ Die Anzeige Martinis finde sie persönlich „nicht in Ordnung“: „Er wollte eine Abrechnung. Und die Angehörigen müssen jetzt damit leben.“

In einer Sammlung der Autoren Matthias Nöllke und Christian Sprang („Ich mach mich vom Acker“) finden sich vor allem weniger kontroverse Texte. „Ich bin tot“ oder „Ich bin umgezogen“ oder „Hiermit verabschiede ich mich...“ wird da formuliert. Oder etwas poetischer ein Schwimmmeister mit seinem täglichen Satz „Liebe Leute, Schluss für heute“. (dpa)

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