Aktuelle StudieDas Rollenbild von Frauen und Männern ist im Wandel

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Vater füttert Baby

Voll im Trend: Ein junger Vater nimmt sich Zeit, um sein Baby zu füttern.

Berlin – Als 2007 das Elterngeld mit Vätermonaten startete, wurde es noch als "Wickelvolontariat" verspottet. Mittlerweile pausiert gut jeder dritte Vater beruflich für sein Baby. Arbeitgeber müssen nunmehr nicht nur damit rechnen, dass junge Mitarbeiterinnen schwanger werden können. Sie müssen sich auch darauf einstellen, dass Väter Elternzeit einreichen.

Auch die Vorstellung, wie die Rollen zwischen Männern und Frauen aufgeteilt sein sollten, hat sich in den vergangenen Jahren noch einmal deutlich verändert. Der Anteil der Männer, die sich Erwerbs- und Erziehungsarbeit mit ihrer Partnerin teilen wollen, wächst. Immer mehr Männer treten von sich aus offensiv für Gleichberechtigung ein.

Was macht den "neuen Mann" aus?

Das sind die zentralen Ergebnisse einer 150 Seiten starken, noch unveröffentlichten Studie des Bundesfamilienministeriums, die unserer Redaktion exklusiv vorliegt. Schon für eine Studie im Jahr 2007 hatte das Familienministerium Männer und Frauen repräsentativ befragt. Die Studie wurde nun mit den gleichen Methoden wiederholt. Bei 3000 Männern und Frauen spürten der Münchner Soziologe Carsten Wippermann und sein Team nach, wie weit verbreitet der Typus des "neuen Mannes" heute ist und was ihn eigentlich ausmacht. Zwar befürwortet demnach auch heute nur gut jeder dritte Mann eine aktive, offensive Gleichstellungspolitik. Doch die Einstellungen für eine Partnerschaft auf Augenhöhe sind heute deutlicher als vor zehn Jahren in die Breite der Gesellschaft eingedrungen.

Es hat eine Wandel stattgefunden

Ein paar zentrale Ergebnisse: 82 Prozent der Männer finden, dass es einer Partnerschaft gut tut, wenn beide berufstätig sind. Zehn Jahre zuvor waren nur 71 Prozent dieser Ansicht. Mit 49 Prozent meint inzwischen weniger als die Hälfte der Männer, dass Frauen nicht erwerbstätig zu sein brauchen, wenn ihre Männer gut verdienen.

Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) verweist darauf, dass die Einstellung zum Rollenbild auch eine Generationenfrage sei: "Immer mehr Männer sind sogar der Überzeugung, dass der Vater seine Berufstätigkeit reduzieren sollte, solange die Kinder noch klein sind. Von den heute 70-Jähriggen sind 20 Prozent dieser Meinung, von den unter 30-Jährigen Männern aber 59 Prozent." Es habe ein gesellschaftlicher Wandel stattgefunden - das bestätigten auch die Zahlen der Studie.

Männer engagieren sich zunehmend im Haushalt

Schwesig weiter: "Immer weniger Frauen und Männer denken, dass die alte Rollenverteilung - der Mann ist der Ernährer und die Frau kümmert sich alleine um Kinder und Haushalt - für sie das richtige Lebensmodell ist."

Selbst bei der ungeliebten Arbeit im Haushalt gibt es Bewegung. Während vor zehn Jahren Putzen, Waschen oder Spülmaschine ausräumen vollständig oder überwiegend von Frauen erledigt wurden und der Herr im Haus nur Reparaturen und Autopflege übernahm, engagieren sich Männer zunehmend im Haushalt. Dieser Aufbruch finde aber nicht flächendeckend statt, vielmehr bewegen sich der Studie zufolge auch hier eher jüngere Männer - insbesondere die mit gut ausgebildeten, erwerbstätigen Partnerinnen.

Viele Hürden für Männer

Nun ist die Gleichstellung von Männern und Frauen nicht nur eine Frage des inneren Willens, sondern auch der äußeren Rahmenbedingungen. Für Männer erweist sich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf oft als schwieriger als für Frauen. Zwei Drittel der Väter mit Kindern unter zwei klagen über hohe Hürden. So fordern 94 Prozent der Väter, dass die Kita-Öffnungszeiten sich nicht am Modell der nur teilzeiterwerbstätigen Mutter orientieren dürften.

Ungeachtet der zunehmenden Akzeptanz der Gleichstellungspolitik in der Breite der Bevölkerung gebe es aber auch eine radikal anti-feministische, betont "maskulistische" Strömung, schreibt Studienautor Wippermann. Der "engere Kern des Maskulismus" mache aber nur etwa ein Prozent der männlichen Bevölkerung aus.

Jetzt sind die Männer dran

Diese Männer sähen in der Gleichstellungspolitik nur ein Synonym für die unnötige Frauenförderung. Frauen seien genug gefördert worden, jetzt seien mal die Männer dran, laute eine der Auffassungen dieser Gruppe. Genderstudien - also Studien, die sich mit gesellschaftlichen Rollenbildern von Frauen und Männern auseinandersetzen - würden von dieser Gruppe als "pseudowissenschaftlich" und "ideologisch" eingestuft. Etwa fünf Prozent aller Männer würden zwar nicht alle, aber immerhin manche der anti-feministischen Positionen teilen. Und etwa ein Drittel aller Männer sei für einzelne Einstellungen dieser Art empfänglich, meint Wippermann.

Maskulisten seien am häufigsten in der Altersgruppe 40 bis 60 Jahre zu finden und überdies in allen Schichten. Aber bei einem erheblichen Teil der unter 30-jährigen Männer verfangen einzelne Einstellungen und Argumente dieser Haltung, warnt der Studienautor.

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