War es Fremdenhass?Hohe Strafe für tödlichen Schuss auf Briten in Berlin

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Symbolbild.

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Berlin – Der junge Brite hatte keine Chance: Der 31-Jährige wurde mit einem Schrotgewehr erschossen, als er vor einer Bar in Berlin-Neukölln stand. Zehn Monate später verurteilte nun das Landgericht der Hauptstadt einen 63-Jährigen zu elf Jahren und sieben Monaten Haft. „Es war ein heimtückischer Mord“, sagten die Richter am Montag. Das Motiv aber sei nicht sicher festgestellt worden, möglich sei Ausländerhass. „Das ist aber nur ein vager Rückschluss aus seiner Sammelleidenschaft.“ Die Polizei hatte beim Angeklagten Nazi-Devotionalien wie eine Hitler-Büste und Waffen gefunden.

Anwälte verlangten Freispruch

Die Richter schlossen sich mit ihrem Urteil im Wesentlichen dem Antrag der Staatsanwaltschaft an. Auch sie war von einer Tat unter erheblichem Alkoholeinfluss ausgegangen und hatte deshalb nicht die Höchststrafe verlangt. Ein eindeutiges Motiv sei in dem viermonatigen Prozess nicht bewiesen worden, hieß es im Plädoyer des Anklägers. Der Angeklagte hatte geschwiegen. Seine Anwälte verlangten Freispruch. Die Eltern des Getöteten forderten eine lebenslange Freiheitsstrafe.

„Es wäre sonst eine unerhörte Ungerechtigkeit gegenüber unserem wundervollen Sohn“, sagte der 62-jährige Vater. Der Angeklagte habe ihr einziges Kind feige und aus fremdenfeindlichen Motiven erschossen - weil er gehört habe, „dass unser Sohn Englisch sprach.“ Für sie als Eltern gebe es keine Zukunft. „Unser Haus, unser Leben, unsere Herzen sind jetzt leer.“

„Keine Beweise auf ein bestimmtes Motiv“

Der junge Brite kam am frühen Morgen des 20. September aus einem Lokal im Stadtteil Neukölln. Er hatte gerade ein Telefongespräch beendet, als es auf dem Gehweg zu einem tödlichen Bauchschuss kam. Der Angeklagte habe „gezielt auf den Oberkörper des völlig arg- und wehrlosen Opfers gezielt“, hieß es im Urteil. Der Jurist, der im Frühjahr 2015 in die Hauptstadt gezogen war und in einem Unternehmen in der Computerbranche arbeitete, starb auf dem Weg ins Krankenhaus.

Die Gesamtschau der Indizien belege die Täterschaft des Angeklagten, hieß es weiter im Urteil. So habe man Munition für ein Schrotgewehr bei dem Angeklagten und an einer Handkante Schmauchspuren gefunden. Bei dem nicht Vorbestraften handele es sich um einen „Pegeltrinker“. Dass er eine fremdenfeindliche Einstellung gegenüber anderen zum Ausdruck brachte, sei nicht festgestellt worden. Für die Tat gebe es „keine Beweise auf ein bestimmtes Motiv“.

Spur führt auch zu Mordfall Burak B.

Ein Verteidiger der Eltern sagte, die Richter hätten sich „große Mühe“ gegeben. „Unsere Kritik richtet sich an Ermittlungsbehörden.“ Möglicherweise wäre der Mord an dem Briten verhindert worden, wenn im bis heute ungeklärten Mordfall Burak B. allen Spuren „ordentlich nachgegangen“ wäre. Bereits nach den tödlichen Schüssen vom April 2012 in Neukölln habe es einen Hinweis auf den Angeklagten gegeben.

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