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Bilderstöckchen-Mord„Akute Psychose nicht zu belegen“

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War der Angeklagte, der im Oktober seine 29-jährige Frau in Bilderstöckchen mit zwanzig Messerstichen erstochen hatte, am Tattag überhaupt schuldfähig? Dieser Frage ging die Strafkammer des Landgerichts am Dienstag nach, als der Sachverständige sein Gutachten vortrug. Es sei eine außerordentlich schwierige Beurteilung, da es widersprüchliche Informationen zu der psychischen Vorerkrankung gebe und weil der Angeklagte dazu neige, Symptome vorzutäuschen, erklärte der Psychiater. Das könne man unter anderem aus einer Aktennotiz schließen, die im Justizkrankenhaus Fröndenberg nach einem der Verhandlungstage gemacht wurde. Darin heißt es, der 36-Jährige habe einem anderen Patienten gegenüber demonstriert, wie er sich vor Gericht verhalten habe. Dabei hätten beide gelacht.

Eine komplette Simulation hält der Sachverständige allerdings für unmöglich. Ihm liege ein Attest vor, dass der Angeklagte bereits zwischen 2000 und 2006 in einer psychiatrischen Einrichtung in Jordanien behandelt wurde. Der Psychiater verwies zudem auf eine Aussage der Getöteten. Als ihr Mann sie einige Monate vor der Tat in der Badewanne unter Wasser gedrückt hatte, sagte sie Polizisten, er habe ihr vorgeworfen, sie wolle ihn vergiften. Auch sei er hochgradig eifersüchtig gewesen.

Simulation kann nicht ausgeschlossen werden

Nach den Worten des Gutachters deutet vieles darauf hin, dass der Angeklagte tatsächlich seit Jahren an einer paranoiden Psychose leidet. Dies schließe nicht aus, dass er die Symptome gleichzeitig auch zur Simulation benutze. „Eine akute Psychose am Tattag ist weder durch die Aussagen der Zeugen noch durch die des Angeklagten zu belegen“, sagte der Psychiater. In diesem Fall hätte der 36-Jährige an deutlichen Wahrnehmungs- und Denkstörungen leiden müssen, die auch Laien sofort aufgefallen wären. Zudem habe er in keiner Untersuchung über eine psychotische Motivation für die Tat geredet, wie das in Vergleichsfällen üblich sei. Er habe stattdessen immer wieder angegeben, dass er wütend war, weil seine Frau ihm die Kinder weggenommen habe. „Sie hat mich weggeworfen wie einen Turnschuh in die Ecke“, zitierte der Gutachter den Angeklagten. Der Prozess wird morgen fortgesetzt.

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