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Buch über AdelsfamilienHaben die Thorrer sich zu früh gefreut?

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Den Adelssitz Thorr beschreibt Lutz Jansen. Seine Forschungen führten ihn auch zu einer Neudatierung der Ortsgeschichte. (Foto: Fratz)

Den Adelssitz Thorr beschreibt Lutz Jansen. Seine Forschungen führten ihn auch zu einer Neudatierung der Ortsgeschichte. (Foto: Fratz)

BERGHEIM-THORR – Dass König Otto III. auf seinem Weg von Magdeburg nach Aachen am 2. September 997 in Thorr nicht nur übernachtet, sondern auch Urkunden und Diplome gesiegelt haben soll, glaubt der Autor nicht. „Dann hätte er das zuvor in Köln oder am nächsten Tag in Aachen getan, wo es die nötige Infrastruktur gab“, begründete der Historiker seine überraschende Erkenntnis. „Die Handlung dürfte...im (östlichen) Ruhrgebiet stattgefunden haben“, schreibt Jansen in seiner Publikation des Bergheimer Geschichtsvereins. Dort will er am Hellweg bei Witten einen Ort, das heutige „Düren“, ausgemacht haben, der sich vom urkundlichen „Ture“ ableiten lässt und zeitlich passender an Ottos Weg lag.

Das klingt zwar auch nicht nach perfekter Infrastruktur für ein Büro des Reisekaisers, die Sicherheit der bisherigen Datierung ist jedoch mit der Behauptung Jansens dahin.

Die Geschichte des Adelssitzes, die in der mehr als 200 Seiten starken Publikation beleuchtet wird, beginnt mehr als 200 Jahre später. Bei der Buchvorstellung umriss der inzwischen in Dresden lebende Bergheimer Jansen die wechselvolle Chronik des Thorrer Adels. Die Burg wurde außerhalb der Ortsmitte, die um die Kapelle beim heutigen alten Kirchturm anzunehmen ist, errichtet. Das beweist, dass Thorr da bereits dicht besiedelt und eine Bauplatz in angemessener Größe nicht mehr frei war. Das Geschlecht „de Turre“ (vom Turm), gehörte derselben Familie an wie die Herren der benachbarten Häuser Laach (bei Widdendorf) und Heppendorf. Mehrere Hochzeiten bildeten einen verzweigten Stammbaum mit Jülicher Wurzeln, dessen Äste sich bis Erftstadt (Hof Zieselsmaar), Brüggen, Holland und an die Ahr erstreckten. Seine heutige Gestalt bekam das Anwesen im 17. Jahrhundert. Das markante Portal mit diamantförmiger Einfassung lässt das Herrenhaus in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts einsortieren. Im 18. Jahrhundert verschwindet das blaue Blut aus der Burg und macht bürgerlichen Bewohnern Platz. Seit 1961 bewohnen Rita und Viktor Isbanner das Thorrer Kleinod. Ihnen überreichte Rüdiger Servos vom Bergheimer Geschichtsverein das erste Buch.

Nachlesen konnten sie darin, dass die nächste urkundliche Erwähnung 1028 nachweisbar ist. Ortsbürgermeister Hermann Josef Falterbaum nahm die neue Erkenntnis mit Humor: „Es hat mich zwar überrascht, dass wir jetzt wohl vorgefeiert haben. Aber in Thorr ist man der Zeit immer voraus. Wenn ich die nächste 1000-Jahr-Feier erlebe, kann ich von den Proben für die erste erzählen. Dann wird es vielleicht leichter“. Auch einige Besucher sahen zuerst die positiven Seiten: „Dann feiern wir eben nochmal“.

Das Buch „Der Adelssitz Thorr“, für den Geschichtsverein herausgegeben von Heinz Andermahr und Helmut Schrön, ist in der Bergheimer Buchhandlung „Torwache“ und bei Ortsbürgermeister Falterbaum in Thorr zum Preis von zwölf Euro erhältlich.

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