Christian WulffEmpörung über Pogrom-Vergleich

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Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) ist beim Zentralrat der Juden in die Kritik geraten. (Bild: dpa)

Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) ist beim Zentralrat der Juden in die Kritik geraten. (Bild: dpa)

HANNOVERBERLIN - Niedersachsens Ministerpräsident ChristianWulff (CDU) hat mit einer Äußerung über Pogromstimmung in der Debatteum Managergehälter heftige Empörung ausgelöst. Wulff entschuldigtesich am Freitag und erklärte: "Die Verwendung des WortesPogromstimmung bedauere ich." Der Zentralrat der Juden in Deutschlandlegte dem Regierungschef den Rücktritt nahe und wies dieEntschuldigung zurück. Wenige Tage vor dem 70. Jahrestag derPogromnacht am 9. November 1938 hatte Wulff in einer Fernsehsendung amDonnerstagabend massive Kritik an hohen Managergehältern mit einerPogromstimmung verglichen. Politiker von SPD, Grünen und der Linkenbezeichneten die Äußerung als geschmacklos und beschämend.

Wulff sagte am Donnerstag in der Fernseh-Talkshow "StudioFriedman": "Ich finde, wenn jemand 40 Millionen Steuern zahlt alsPerson und Zehntausende Jobs sichert, dann muss sich gegen den hiernicht eine Pogromstimmung entwickeln." Im Oktober war derWirtschaftsexperte Hans-Werner Sinn mit einem Vergleich vonJudenverfolgung und aktueller Managerkritik unter Druck geraten undhatte sich offiziell entschuldigt.

Der Generalsekretär des Zentralrats der Juden, Stephan Kramer,reagierte entrüstet und sagte der Deutschen Presse-Agentur dpa:"Wulff sollte sich einfach fragen, ob er für sein Amt geeignet ist."Er nehme die Entschuldigung Wulffs nicht an. "Ich habe überhaupt keinVerständnis für diese Fehlleistung", sagte Kramer.

Wulff habe in der Sendung die Chance gehabt, sich von seinerÄußerung zu distanzieren. Erst einen Tag später habe er sich zu einerEntschuldigung durchgerungen. Kramer sagte, man sollte grundsätzlicheinmal überlegen, wieso es in Deutschland immer wieder zu solchenVergleichen komme. "Ich würde mir wünschen, die Juden hätten 1938 dasSchicksal vor sich gehabt, das heute die Manager in Deutschlanderwartet."

Der Vorsitzende der Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden vonNiedersachsen, Michael Fürst, akzeptierte dagegen die EntschuldigungWulffs. "Es gibt für mich keine Zweifel an seiner Integrität, ich binsicher, dass er Fehlinterpretations-Möglichkeiten künftig vermeidenwird."

Nach der Kritik an seiner Äußerung ließ Wulff am Freitagmitteilen, er stelle klar, dass er in der Sendung "zu keinemZeitpunkt" die Debatte um Managergehälter in Deutschland mit derJudenverfolgung verglichen habe. In der Erklärung hieß es: "Wulff habevielmehr erklärt, dass er eine generalisierende Stimmungsmache gegenhohe Gehälter in der Wirtschaft für falsch halte, besonders wenn davonMillionen Euro Steuergelder in Deutschland bezahlt und tausendeArbeitsplätze gesichert werden."

Die niedersächsische SPD-Landtagsfraktion sprach von einer"halbherzigen Erklärung" aus der Staatskanzlei, Wulff müssepersönlich Stellung nehmen. "Die berechtigte Kritik anFinanzmanagern mit dem Begriff "Pogrom" zu belegen, zeugt vonmangelndem historischen Bewusstsein bei Herrn Wulff", kritisierteSPD-Landeschef Garrelt Duin. Solche Äußerungen zeigten von einer"ungeheuren politischen Instinktlosigkeit", teilte dieLandtagsfraktion der Linken mit.

Fernseh-Moderator Michel Friedman hatte in seiner N24-Talkshow mitWulff und der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Renate Künast über dieFolgen der Finanzkrise diskutiert. (dpa)

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