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Derby-TalkIn tiefer Abneigung verbunden

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(Meisenberg)

(Meisenberg)

Köln – Beim Derby kocht die rheinische Fußballseele. Warum funktioniert die Feindschaft zwischen Köln und Gladbach so gut?

Schomberg:Sie wurzelt natürlich in der Nähe, aber die Abneigung wurde immer wieder entfacht, durch das DFB-Pokalfinale 1973 etwa, das 2:1 mit der Netzer-Einwechslung, vor allem aber, glaube ich: mit Hennes Weisweiler. Das ist der Gottvater der Borussia. Dass er zum FC gegangen ist, hat vielen sehr wehgetan.

Fauler: In den 70er Jahren hat man eben noch um Titel gekämpft. Insofern rührt die Feindschaft aus der Tradition heraus. Das ist der Unterschiedzu Leverkusen, die da nicht so viel vorzuweisen haben. Und gegen Düsseldorf gab es zuletzt keine großen Spiele mehr. Insofern würde ich auch am ehesten die Gladbacher als Fans ernst nehmen.

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Das klingt ja nach Respekt.

Fauler: (zögert) In gewissem Rahmen gibt es den sicherlich.

Schomberg:Ich würde auch nicht sagen, dass ich den FC hasse, wir sind uns näher, als viele wahrhaben wollen.

Vor allem im Anspruchsdenken.

Schomberg:Absolut. Nach dem 6:3 in Leverkusen haben wir uns schon im Europapokal gesehen.

Fauler:Das ist bei uns alle Tage so. Nach dem Hamburg-Spiel war alles super, jetzt ist wieder alles schlecht. Klar, diese Parallelen gibt es. Außerdem haben beide Vereine viele Mitglieder und volle Stadien.

Ist denn für Sie das Gladbacher Stadion eine ernst zu nehmende Arena?

Fauler:Natürlich nicht, das ist eine Wellblechhütte. Die hat überhaupt keinen Charme. Gleich sagt er: ,Dafür haben wir sie selbst finanziert. . .

Schomberg:. . . stimmt genau, und außerdem: Es ist ein funktionales Stadion.

Diesmal gibt es ein Derby ganz unten: Der eine Verein ist Letzter, der andere Vorletzter. Geht es deswegen noch heißer zu?

Fauler:Der sportliche Wert der Partie ist einfach höher. Mich interessieren aber in erster Linie die drei Punkte. Wer verliert, rückt dem Abstieg ein großes Stück näher.

Der Spruch ,Hauptsache vor Gladbach zieht da nicht?

Fauler:Nee, wenn beide auf dem Abstiegsplatz stehen, ist das nicht viel wert. Es geht diesmal darum, irgendwie durchzukommen.

Schomberg: (lacht) Ich wage die These: Wer Samstag verliert, steigt ab. Und wer gewinnt auch.

Inzwischen werden die Derbys von massiven Polizeiaufgeboten begleitet. Warum ist so viel Gift drin?

Schomberg:Die Spirale hat sich hochgedreht. Wir kommen ja bestimmt noch auf die Fahne zu sprechen (Kölner Fans hatten Gladbachern 2008 eine Fahne gestohlen und diese beim Derby präsentiert; Anm. d. Red.) Viel schlimmer fand ich aber 2009, als es in der ganzen Stadt Alkoholverbot gab und man eineinhalb Stunden zum Stadion brauchte. Oder im letzten Jahr, als Kölner Chaoten Feuerwerkskörper und Flaschen auf die Wartenden vor dem Gästeblock geworfen haben. Das braucht kein Mensch.

Wie sehen Sie das als FC-Fan?

Fauler:Die Entwicklung der letzten zwei, drei Jahre ist total negativ, da gibt's nichts zu diskutieren. Über die Aktion mit der Fahne und den Ultras, die sich dann gemäß Ehrenkodex aufgelöst haben, kann man vielleicht noch schmunzeln. . .

Schomberg:. . .trotzdem ist das eine Sache, die ich dem FC vorwerfe. Diese Fahne hätte niemals im Stadion auftauchen dürfen. Das hat die Stimmung unnötig angeheizt. Zwischen Schalkern und Dortmundern hat es so eine Aktion auch gegeben, die Fahne hat man nie beim Derby gesehen. Außerdem wäre ohne die Aktion nicht der Elfmeter gegen uns gepfiffen worden, der zum 1:1 führte.

Fauler:Das lag bestimmt nicht nur an der Fahne. Und außerdem: Wie willst Du vollständig ausschließen, dass was ins Stadion geschmuggelt wird? Das passiert mit Feuerwerkskörpern auch. Insgesamt sind Grenzen überschritten worden, vor allem, was den Angriff mit den Feuerwerkskörpern auf die Kölner Busse angeht, andersherum flogen im nächsten Spiel Gläser und Steine auf die KVB-Bahn. Das macht keinen Spaß mehr.

Schomberg:Wie in den 80er Jahren.

Fauler:Da hat man sich aber auf dem Parkplatz getroffen. Heute kommen viele Unbeteiligte zu Schaden, Kinder und Familien, das geht deutlich zu weit. Ich glaube, es ist eine Generation nachgewachsen, die weniger Hemmschwellen hat. Da sind auch außerhalb des Derbys schon Dinge passiert, die nicht gehen, wenn etwa in Bochum eigene Ordner angegriffen werden. Es ist nur nicht leicht, die richtigen Leute rauszufiltern. Deswegen hat das Fan-Projekt in der letzten Saison eine Bekenneraktion ins Leben gerufen, in der jeder Fan sein Gesicht zeigen konnte, um zu sagen: ,Das ist unsere Fan-Kultur, dafür stehen wir.

Komischerweise heißt es immer: Das sind nur wenige. Aber die sind offenbar immer dabei.

Schomberg:Die tauchen natürlich unter in der Masse. Es wurden reichlich Stadionverbote ausgesprochen. Ich finde auch problematisch, dass Jüngere das, was zuletzt abgelaufen ist, nun als Standard erleben. Dass ein riesiges Polizeiaufgebot notwendig ist, dass man unter Schutz zum Stadion eskortiert wird.

Macht Ihnen das denn so noch Spaß?

Schomberg: (überlegt) Ich will auf jeden Fall dabei sein.

Man spricht von gesunder Rivalität. Wo ist denn die Grenze? Wann wird es ungesund?

Fauler:Ungesund wird es, wenn s ungesund ist. Wenn Gegenstände auf Spieler geschmissen und Unbeteiligte involviert werden; Gewalt gehört da nicht rein. Solange gesungen und gepfiffen wird, ist alles okay.

Und wie läuft nun das Derby?

Fauler:Jeder müsste wissen, worum es geht. Wahrscheinlich ist entscheidend, wer seine Nerven in den Griff bekommt. Das Spiel vorherzusagen, ist schwieriger, als die Lottozahlen zu erraten.

Schomberg:Drei Tore kriegen wir immer (lacht). Letztes Mal haben wir genau so viel geschossen. Aber in Müngersdorf sehen wir meist gut aus. Vielleicht gewinnen wir 4:3.

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