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Entertainer Hans SüperDer kleine Kurfürst von Sülz

Lesezeit 6 Minuten
Auf Gran Canaria feiert Hans Süper mit seiner Frau Helga am 15. März seinen 75. Geburtstag. (Bild: Schmülgen)

Auf Gran Canaria feiert Hans Süper mit seiner Frau Helga am 15. März seinen 75. Geburtstag. (Bild: Schmülgen)

"Rauchst du?" - "Nein, danke." - "O.K., dann mach' ich mir zwei an! Hahaha!" Sein Lachen hat etwas Ansteckendes, auch wenn Hans Süper an diesem Tag schon bessere Sprüche und Witze gerissen hat. Diesen zum Beispiel: "Wie nennt man einen Fliesenleger im Knast? Kachelmann!"

Ein Spaziergang mit dem kölschen Original mutiert zu einer Ein-Mann-Show, die sein Straßenpublikum in Köln-Sülz immer wieder aufs Neue begeistert. Süper kennt sie alle, und alle kennen ihn: Den kleinen Mann mit den weißen langen Haaren, der am liebsten in Schluffen, Jogginghose und Schlabberpulli durch sein Veedel geht.

Eine Karnevalslegende, die eine Hälfte des legendären Colonia Duetts war, würde man eigentlich in einem anderen Outfit erwarten. Aber Hans Süper, der am 15. März 75 Jahre alt wird, hat sich nie groß für Hemden oder Anzüge interessiert. "Feine Sachen", das sind für ihn die Musik und das Angeln. Und die Begegnungen in seinem Veedel.

Ein Gespräch mit Hans zu führen, der nach einem festen Händedruck geduzt werden möchte, ist nicht einfach. "Mein Mann kann nicht gut zuhören", sagt seine Ehefrau später beim Kölsch im "Kleinen Kurfürst". Doch zuerst geht es ohne Helga auf eine Tasse Kaffee ins Eiscafé Firenze auf die Sülzburgstraße. "Bitte mit Milch und Zucker. Rühren tu' ich selber." Süper beginnt zu erzählen, wie er im Krieg als Sechsjähriger nach Waldshut nahe der Schweizer Grenze verschickt wurde, später in Chemnitz aufwuchs, bevor er mit seinen Eltern zu Fuß nach Kölle ging. Schon sein Vater war in Köln äußerst beliebt: Hans Süper senior war Mitglied des Musikquartetts "Vier Botze".

Zurückzublicken ist nicht das Ding von Süper junior, die Gegenwart im Eiscafé interessiert ihn mehr: "Liebchen, wie isset dir?" Nicht gut, das Knie sei kaputt und müsse jetzt "repariert" werden, sagt die alte Dame auf dem Weg zur Tür. "Dann wünsch' ich dir alles Gute. Schön warm anziehen! Ist kalt da draußen." Süper blickt der Frau hinterher und der Frohsinn schwindet: "Bei den Alten hier höre ich nur noch: ,Der ist krank, der ist tot.' Ich versuche dann zu helfen, die Leute ein bisschen aufzumuntern."

Süper ist der heimliche Bürgermeister von Köln-Sülz, einer, der durch sein Veedel spaziert und die absolute Mehrheit hinter sich weiß. "Ich glaube, die Leute lieben mich, weil ich nie größenwahnsinnig geworden bin." Und wieder wird der Jeck ernst: "Merk' dir eines: Lebe nie über deine Verhältnisse. Das geht alles den Bach herunter. Das habe ich bei genug Leuten miterlebt."

Als Fahrer für die Fotobranche ist Süper früher jeden Tag 500 Kilometer unterwegs. 20 Jahre macht er das, ebenso wie nach Feierabend mit dem Motorrad Kölner Tanzlokale abzuklappern. "Ich habe die Band immer gefragt, ob ich einen mitspielen kann." 1974 wird Süper selbst gefragt: Hans Zimmermann, der mit seiner Schwester schon in den 50er Jahren Auftritte im Karneval hatte, ruft an und fragt, ob Süper mit ihm Krätzchen singt. Das Telefonat ist die Geburtsstunde des Colonia Duetts: 70 Mark für 20 Minuten Auftritt. Die Gage erhöht sich schlagartig, als die beiden nicht nur singen. "Nach zwei Jahren habe ich auf der Bühne einfach mal einen Witz erzählt. Der kam besser an als unsere Musik. Daraufhin haben wir diese Zwiegespräche eingeführt."

Seinen Job bei den GEW als Stromableser muss Süper nach drei Jahren an den Nagel hängen - der Arbeitgeber will es so. Süper meint heute scherzhaft: "Die haben mich beim Arbeiten erwischt." Aber das zahlt sich aus: Der kleine Clown mit der Flitsch und sein Partner, "Zimmermäään!", dat "Ei" - der hölzerne und stets korrekte Herr - werden Stars.

"Zimmermann war auch privat so, der wusste immer alles besser und so weiter", sagt Süper heute über seinen ehemaligen Partner. Die musikalische Ehe endet 1990. "Man hatte sich nichts mehr zu sagen", fasst sich Süper kurz, der ein Jahr später mit Werner Keppel als "Süper Duett" wieder auf die Bühne zurückkehrt. Hans Zimmermann stirbt 1994, Süper nimmt zehn Jahre später Abschied von der Bühne.

Ganz kann er es aber nicht lassen. Vereinzelt spielt er sein Solo-Programm in Kölsch-Kneipen, aber die Finger sind in die Jahre gekommen. Der Musiker stellt höchste Anforderungen an sich selbst, die er nach einem Rollerunfall, bei dem er sich die Hand verletzte, nicht mehr erfüllen kann.

Wenn auch ohne Mandoline, so hat Süper heute tagtäglich seinen Auftritt, wenn er das Haus seiner Eltern verlässt, in das er vor 50 Jahren zog. "Hallo, mein Schatz!": Süper umarmt eine ergraute Dame an einer Fußgängerampel und gibt den Charmeur. "Dass wir noch kein Kind zusammen haben!" - "Nä, Hans. Dafür ist es jetzt zu spät. . ." Gelächter.

Auf dem Weg vom Eiscafé zur Kneipe, in der Helga schon wartet, spricht Süper offen über Geld. Natürlich habe er im Karneval gut verdient, und natürlich gebe es Neider. Aber die habe er sich hart erarbeitet. "Einige Leute meinen immer, dass sei alles so einfach. Dann sage ich denen: ,Probier's doch selbst aus: Besorg' dir 'ne Mandoline und stell' dich auf die Bühne."

Süper lebt von seinem Ersparten, Helgas und seine Rente seien nur klein. Sein Haus in Spanien hat er einem seiner beiden Söhne aus erster Ehe geschenkt. Vor kurzem verkaufte er seinen Mercedes. "Ich brauche ihn nicht mehr", sagt Süper. Damals sei das anders gewesen: "Ich bin Autos gefahren, von denen du träumst." Was sich Süper noch leistet, sind lange Urlaube. Ungefähr ein halbes Jahr verbringt er im Ausland, am liebsten auf Gran Canaria, wo er mit Freunden auf seinen 75. anstoßen wird. Der Fastelovend lässt Süper kalt. "Karneval feiern habe ich durch den Beruf verlernt." Die Szene beobachtet er dennoch sehr genau: "Der Blötschkopp ist der beste Redner, den wir haben."

In der Kneipe angekommen, bekommt Helga Süper von ihrem Hans ein Bützje. Von der Wirtin, die auch Helga heißt, gibt es Kölsch. Süper weiß, was er an seiner zweiten Frau hat, mit der er seit 32 Jahren verheiratet ist. "Wenn ich nicht aufpasse", sagt die Gattin, "dann zieht er sich noch sein letztes Hemd aus und verschenkt es." Für Ludwig Sebus zum Beispiel würde Süper alles tun. "Der Ludwig ist mein Liebling. Wenn der mal stirbt, gibt das ein Volksbegräbnis." Und wenn es ihn selbst einmal trifft . . ? "Helga und ich wollen anonym beerdigt werden", sagt Süper so offen, wie man ihn kennt. Und auch seine Frau hat klare Vorstellungen: "Ich möchte nicht, dass auf meinem Grab eines Tages ein halber Meter Unkraut hoch wächst. Das sieht doch nicht aus."

Es bleibt nicht lange ernst im "Kleinen Kurfürst", denn Süper ist wieder voll in seinem Element. Am Tresen wird gelacht: "Ich hab' schon mal ein Buch geschrieben. Über mein Sexualleben. War aber kein Erfolg: 250 leere Seiten. Wer will das schon kaufen?"

Hans Süper wird 75, und irgendwie scheint es ihm egal. "Jeder Tag ist wichtig. Und schön." Der Mann wirkt zufrieden mit sich und seiner Geschichte. Nur ein Wort stört ihn: Künstler. "Das bin ich nicht", betont Süper. "Ich ben ene Jung us em Levve." Gut, sagen wir: Lebenskünstler.

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