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ErziehungSinn und Unsinn von Hausarrest und Co

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Ein Kind erfreut sich an der Natur. (Symbolbild: dpa)

Ein Kind erfreut sich an der Natur. (Symbolbild: dpa)

Ob es ums Anziehen geht, das Aufräumen oder Zähneputzen - Ricarda R. stöhnt über die alltäglichen Kämpfe mit ihrer fast vierjährigen Tochter Joline. „Manchmal locke ich mit Belohnungen, manchmal arbeite ich mit Erpressung und Bestrafung, zum Beispiel dem Entzug der Gute-Nacht-Geschichte.“ Wie Ricarda R. geht es vielen Eltern. Tag für Tag versuchen sie, ihren Nachwuchs zu einem gewünschten Verhalten zu bewegen oder unerwünschtes zu unterbinden. Helfen Strafen dabei weiter? Erziehungsexperten sagen: „Nein“ - und raten stattdessen zu liebevoller, aber absoluter Konsequenz.

Strafen haben oft nichts mit der Tat zu tun

„Strafen sind oft etwas sehr Willkürliches. Eltern verhängen Sanktionen meist in einem höchst emotionalen Zustand, die Strafen sind unangemessen und haben nichts mit der Tat an sich zu tun“, beobachtet die Psychotherapeutin Gudrun Halbrock. „Wer bestraft wird, entwickelt selber Wut und wird kaum sein Fehlverhalten einstellen.“ Wenn er dies doch macht, dann nur, um der Bestrafung zu entgehen und nicht aus Einsicht. Die aber ist Voraussetzung, um ein bestimmtes Verhalten zu ändern.

Sinnvoll sind Sanktionen nach Ansicht von Erziehungsexperten dann, wenn Kinder etwas aus ihnen lernen können. Statt willkürlicher Ge- oder Verbote sollten Eltern deshalb ihre Kinder natürliche und logische Konsequenzen erleben lassen. Diese stehen in einem direkten zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang zur Tat. „Eine Konsequenz ist eine logische Folge, die sich aus dem Verhalten des Kindes ergibt“, erläutert Christine Falk-Frühbrodt vom Institut für integratives Lernen und Weiterbildung.

Konsequenzen können vom Kind aber durchaus als Strafen empfunden werden, sagt Falk-Frühbrodt. „Wer als Eltern sagt, Weil du die Hausaufgaben so endlos in die Länge gezogen hast, musst du jetzt zu Hause bleiben, und seine Worte mit einem anklagenden Tonfall verstärkt, wird auf den kindlichen Wutanfall nicht lange warten müssen.“ Besser sei ein ehrlich gemeintes „Schade! Jetzt ist es so spät geworden, dass du keine Zeit mehr für deine Freunde hast.“

Beim Dauerbrenner-Thema Aufräumen zum Beispiel können Eltern den Kindern klarmachen, dass Spielsachen auf dem Boden beim Putzen stören. Taschengeldentzug für ein unaufgeräumtes Zimmer erscheint aus dieser Perspektive also eher sinnlos, da Sanktion und Verhalten in keinem logischen Verhältnis zueinander stehen.

Heidemarie Arnhold, Vorsitzende des Arbeitskreises Neue Erziehung in Berlin, rät Eltern: „Machen Sie aber immer deutlich, dass Sie die Konsequenzen nur auf ein bestimmtes Verhalten des Kindes, nie aber auf seine ganze Person beziehen.“ Wenn Eltern in ihrer Haltung nicht klar sind, fühlten sich Kinder schnell komplett abgelehnt.

Einigkeit herrscht unter den Expertinnen, dass Konsequenzen zuvor angekündigt werden müssen. Voraussetzung hierfür sei, dass den Kindern bestimmte Regeln und Grenzen bekannt sind. Merken Eltern, dass sie mit ihren Sanktionen über das Ziel hinausgeschossen sind, sollten sie dies unbedingt eingestehen und sich bei den Kindern entschuldigen. „Viele Eltern denken, sie machten sich damit unglaubwürdig“, sagt Psychotherapeutin Gudrun Halbrock, „aber das hat nichts mit Inkonsequenz zu tun. Kinder sollen ja lernen, Verantwortung für Fehler zu übernehmen. Und das tun sie am besten am Modell der Eltern.“

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