Forum für Integration und BildungKostenlose Nachhilfe für Kinder

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Konzentriert bei der Sache: Nasuf und Talha (v.l.) bei der Arbeit mit ihrem Tutor Philipp Kötter. (Foto: FIB)

Konzentriert bei der Sache: Nasuf und Talha (v.l.) bei der Arbeit mit ihrem Tutor Philipp Kötter. (Foto: FIB)

KÖLN – Über die Mathebücher gebeugt sitzen Nasuf und Talha an ihrem Tisch. Etwas verloren wirken sie in dem großen Kunstraum, dessen gelbe Wände mit bunten Bildern von Schülern geschmückt sind. „Geometrie ist das neue Thema in Mathe, das klappt bei den beiden ganz gut“, meint Philipp Kötter, der Tutor der beiden Sechzehnjährigen.

Jeden Freitagnachmittag gibt er Talha und Nasuf, die beide die Klasse 10b der Geschwister-Scholl-Realschule in Ehrenfeld besuchen, Nachhilfeunterricht. Die Jungen wirken an diesem Tag konzentriert, und nach einer kurzen Phase, um sich in den Stoff hineinzufinden, können die beiden die Aufgaben gut lösen. Philipp muss ihnen lediglich ein paar Denkanstöße geben.

Philipp Kötter engagiert sich ehrenamtlich als Tutor im Forum für Integration und Bildung (FIB e.V.). Außerdem gehört der 22-jährige Student dem Vorstand des Vereins an. „Der Verein wurde damals in einer Vorlesung vorgestellt. Seit April 2011 bin ich in dem Verein tätig. Meine Mutter ist Förderschullehrerin. Daher habe ich früh gemerkt, wie wichtig es ist, Kinder individuell zu fördern, gerade solche, die von zu Hausedie besten Voraussetzungen mitbringen.“Das FIB wurde 2009 von drei Studenten aus Köln und Bonn gegründet.

Sämtliche Angebote des Vereins basieren auf dem ehrenamtlichen Engagement von Studenten. Anliegen des Forums ist es, die Bildungschancen von Kindern zu verbessern. „Der Förderunterricht soll vor allem Schülern zugutekommen, die aus einkommensschwachen Haushalten stammen. Wir gehen daher gezielt an Real- und Hauptschulen, weil gerade hier oft das Geld fehlt“, erklärt Tobias Adam vom Organisationsteam.

Neben den Schülern sollen auch die Studenten von der fachlichen Nachhilfe profitieren. Das wird durch die gute Vernetzung mit der Universität Köln ermöglicht. Seit kurzem wird die Arbeit von einem wissenschaftlichen Beirat unterstützt. Die Professoren, die diesem Beirat angehören, versuchen, die Brücke zwischen Verein und der Uni Köln weiter auszubauen. „Ab dem kommenden Wintersemester werden wir ins Lehramtsstudium aufgenommen. Dann kann das Berufsfeldpraktikum im außerschulischen Bereich von den Lehramtsstudenten über uns absolviert werden. Das wird eine große Sache“, meint Anette Fritsche, Vorstandsvorsitzende vom FIB.

Momentan engagieren sich die Vereinsmitglieder an sechs Kölner Schulen, darunter jeweils zwei Real- und Hauptschulen, eine Gesamtschule und ein Berufskolleg. Im Vordergrund steht die Förderung der Schüler in den neunten und zehnte Schulklassen. „Unser vordringlichstes Ziel ist, dass diese Schüler einen guten Schulabschluss und den Einstieg in den Beruf schaffen“, sagt Anette Fritsche. Neben den Nachhilfeeinheiten setzt der Verein dabei auf berufsorientierte Einheiten, in denen etwa Bewerbungsgespräche geprobt werden können.

Die schulischen Leistungen von Talha und Nasuf bewegen sich seit Beginn des Förderunterrichts im Herbst 2011 bereits nach oben. „Ohne die Nachhilfe hätte diese Klassenarbeit auch viel schlechter laufen können“, sagt Nasuf. „Der Unterricht nützt mir auf jeden Fall. Wir gehen hier gerne hin. Wenn wir hier zu zweit sind, geht Philipp speziell auf uns ein.“

Auch seinem Freund Talha fällt das Lernen in einer solch kleinen Lerngruppe leichter: „Bei mir gibt es ein Problem: Wenn wir hier sind, dann kann ich die Aufgaben gut lösen. Aber in der Klassenarbeit bin ich so nervös. Dann kann ich das nicht umsetzen, was ich hier gelernt habe.“

Die Spezialisierung auf die Förderung von Schülern aus höheren Klassen bringt naturgemäß aber auch einige Schwierigkeiten mit sich: „Teilweise ist es schwer, die Motivation und die Arbeitseinstellung in diesem Alter noch positiv zu beeinflussen“, räumt Philipp ein. Ein weiteres Problem: „Eigentlich wäre der Bedarf an Tutoren viel größer.“ Momentan sind etwa 20 Tutoren im FIB aktiv, wobei die Zahlen allerdings stets schwanken.

Die anspruchsvolle Arbeit des Vereins wurde bereits honoriert. Beim „startsocial“-Wettbewerb, der unter der Schirmherrschaft von Bundeskanzlerin Angela Merkel steht und bundesweit soziale Projekte unterstützt, kam das FIB unter die Top 100.Was ihren weiteren schulischen und beruflichen Werdegang betrifft, haben Talha und Nasuf übrigens ganz ähnliche Vorstellungen. „Ich will das Fachabitur machen oder zumindest die Qualifikation nachholen, wenn mir das Zeugnis nicht gefällt. Eine Ausbildung zu beginnen, kann ich mir momentan noch nicht vorstellen“, erklärt Talha. Nasuf neben ihm nickt zustimmend.

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