GedächtnisverlustAmnesie ist meist vorübergehend

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Torwart Fabian Giefer erklitt am Wochenende einen Gedächtnisverlust. (Bild: dpa)

Torwart Fabian Giefer erklitt am Wochenende einen Gedächtnisverlust. (Bild: dpa)

Wie entsteht so ein Gedächtnisverlust?

Amnesien können auf zwei Arten ausgelöst werden: Zum einen durch eine körperliche Ursache wie einen Schlaganfall, Hirnschädigungen oder eine Gehirnerschütterung. Zum anderen kann aber auch ein psychisches Ereignis - wie großer Stress, ein Schock oder ein schweres Trauma - einen Gedächtnisverlust auslösen.

Welche Arten von Gedächtnisverlust gibt es?

Es gibt rückwärtsgerichtete Amnesien, dann hat man Erinnerungslücken in Zeiträumen vor dem traumatischen Ereignis. Es gibt aber auch Fälle von vorwärtsgerichtetem Gedächtnisverlust; dabei kann man ab einem bestimmten Zeitpunkt keine neuen Erinnerungen mehr speichern. Inhaltlich betrifft eine Amnesie übrigens meist das biografische Gedächtnis. Man vergisst also eher Persönliches wie etwa das letzte Weihnachtsfest. Das Faktenwissen oder Fertigkeiten wie Lesen oder Rechnen sind viel seltener beeinträchtigt.

Man vergisst also eher, wer man ist, als, wie die deutsche Hauptstadt heißt - das klingt unheimlich. Woran liegt das?

Das liegt daran, dass das biografische Gedächtnis eine Kombination aus Fakten und emotionalen Bewertungen ist. Im Gehirn muss, technisch gesprochen, das Kognitive mit dem Emotionalen synchronisiert werden. Und genau diese Verknüpfung gelingt häufig nach Stressereignissen oder Hirnschäden nicht mehr einwandfrei.

Sind diese Erinnerungen dann verloren?

In den meisten Fällen sind die Erinnerungen nicht verloren, nur der Zugang zu ihnen ist blockiert. Um den wieder freizuschaufeln, gibt es verschiedene Therapiemöglichkeiten. Am wichtigsten ist, dass die Betroffenen erst mal wieder Zutrauen zu sich selbst fassen.

Wie fühlt es sich an, sein Gedächtnis zu verlieren?

Den Patienten fehlt es vor allem an Selbstbewusstsein, weil unsere Erinnerungen natürlich definieren, wie wir uns selber sehen. Bei manchen geht sogar die Ich-Identität teilweise verloren. In einigen Fällen greift dann ein Schutzmechanismus, den ein französischer Nervenarzt schon 1870 als „la belle indifference“ beschrieben hat - die „schöne Gleichgültigkeit“. Diese Menschen sind zeitweise emotional eingeschränkt und ihrer eigenen Amnesie gegenüber gleichgültig. Das ist vor allem für die Angehörigen schwer zu verkraften.

Wir kennen Gedächtnislücken ja auch als Blackouts. Sind das auch Amnesien?

Beim Blackout, etwa nach Alkoholmissbrauch, kommt die Festigung des Erlebten durcheinander. Wir festigen ja unsere Erinnerungen über Nacht. Nach einem starken Rausch sind diese Netzwerke manchmal zu durchlässig.

Und wie erklärt sich „normale“ Vergesslichkeit?

Es gibt die Altersvergesslichkeit, die normaler Verschleiß oder krankhafte Demenz sein kann. Es gibt aber auch das Phänomen der Transienten Globalen Amnesie (TGA), die meist nur 24 Stunden anhält. Ausgelöst wird sie entweder durch psychisch belastende Ereignisse oder körperliche Anstrengungen, bei denen sich die Blutgefäße im Gehirn zusammenziehen. Heißer Sex oder ein Sprung ins kalte Wasser etwa können zu temporärer Amnesie führen, aber auch eine plötzliche Schreckensnachricht.

Wie schafft man es eigentlich, schöne Erlebnisse besser zu speichern?

Verknüpfen Sie die inneren Bilder mit etwas Bizarrem - etwa mit einem Wal, der Pfeife raucht. Sie werden sehen: das hilft der Erinnerung auf die Sprünge.

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