Genuss, der aus der Tiefe kommt

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Hell glitzert der erste Fisch, den Ansgar Hehenkamp an einem späten Märztag aus dem Netz befreit, auch ohne dass die Sonne ihm auf die Schuppen scheint. Felchen sind elegante Silberpfeile aus der Familie der Forellenfische - und rare Delikatessen in rheinischen Regionen. Aus dem Laacher See aber kommen sie auch bei uns auf den Tisch.

Der Fischer von Maria Laach führt eine Tradition fort, die die Benediktiner-Mönche der Eifel-Abtei vor 100 Jahren begründet haben. Den Fischreichtum des Sees, in dem sich Aal und Hecht, Rotauge, Karpfen, Schleie und Flussbarsch wohl fühlen, haben sie um Coregonus lavaretus erweitert: das Blaufelchen, das ursprünglich in Voralpenseen vorkommt. „Felchen brauchen klares, kaltes und tiefes Wasser“, erläutert Ansgar Hehenkamp, der seit dem vergangenen Jahr die Fischereirechte des Klosters gepachtet hat. Das finden sie in dem Eifel-See dank 50 Metern Tiefe. Selbst wenn im Sommer Wassertemperaturen um 20 Grad an der Oberfläche Badelustige ins Wasser locken, bleiben den Fischen die kühlen Gründe in der Tiefe. Dahin tauchen sie auch gern ab, wenn's stürmt wie häufig in diesem Frühling. Was erklärt, dass Hehenkamp nach zwei Sturmtagen nicht mehr als 30 Felchen aus seinen Netzen bergen kann. „Gut is' anders“, kommentiert er seinen Fang. Bis 27 Meter tief reichen heute die Netze des Fischers. Vielleicht wird er sie in den nächsten Tagen etwas tiefer stellen. „Man fängt halt zwischen gar nichts und bis zu fünfzig Stück“, merkt der 35-Jährige gelassen an, der beim Erzählen wie beim Hantieren im Boot die Gewissheit ausstrahlt, in seinem Traumberuf gelandet zu sein. „Ich hab' schon als Junge gern geangelt“, erinnert er sich. Rund um sein Heimatdorf nahe Kassel gab es viele Stauseen zum Üben. Die Fischer-Lehre absolvierte er dann in Berlin-Spandau, lernte dabei viel Praktisches - den Umgang mit Booten, Netzknüpfen und -flicken. Wanderjahre danach machten ihn mit unterschiedlichen Gewässern bekannt, so dem Bodensee und der Altmühl in Bayern.

Zuletzt gewann er Überblick als Fischerei-Aufseher für Rheinland-Pfalz in Koblenz. Und dann erfüllte sich der Traum, eigener Herr auf einem Gewässer zu sein. In seinem Revier gehen dem Fischer alle im See heimischen Arten ins Netz. Aber die Felchen, die Feinschmecker so sehr schätzen, sind für ihn die wichtigsten. Weshalb er durch den Einsatz von Fischbrut ihren natürlichen Bestand aufstockt. Zum Winterende fängt er seine Laichfische, streift Eier und Samen ab, die dann gemischt in wasserdurchfluteten Gläsern zum Larvenstadium reifen. Sind die geschlüpft, geht's ab in den See. Nach drei bis vier Jahren haben die Felchen sich die exakte Portionsgröße angefuttert, die Fisch-Gourmets glücklich macht.

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Zu genießen sind die zarten Fänge vor allem in regionalen Restaurants, in Köln auch exklusiv im „L'escalier“ von Jens Dannenfeld (s. Rezept). Privat kann man sich im Hofladen auf dem Klosterparkplatz mit tiefgekühlten Felchen versorgen - und mit geräucherten, die Hehenkamp selbst über würzigem Buchenholz in den Rauchfang hängt. Nur bei ihm direkt ist im Spätherbst nach Absprache eine seltene Köstlichkeit zu erhalten: Felchen-Kaviar. Dessen zarte Perlen schätzen selbst sonstige Kaviar-Muffel.

Zusätzlich bewirtschaftet der umtriebige Fischfan die Wahnbachtalsperre bei Siegburg und stellt sich einer enormen Herausforderung in Luxemburg. Dort gibt's in der Sauer üppige Bestände von Aalen, die im Herbst zum Ablaichen ins Meer ziehen wollen. Um die vor dem Tod in den Turbinen des Wasserkraftwerks Rossport und den Mosel-Stauwerken zu bewahren, fängt der Fischer die flinken Flitzer ab, um sie danach in den Rhein umzusiedeln - Richtung Nordsee. Bis zu 300 Fische hat er mit einem Mitarbeiter schon nächtens evakuiert.

Info: Ansgar Hehenkamp, Tel. (0170) 5275773; leckerfisch@gmx.net. Kloster-Hofladen Maria Laach, geöffnet Mo-Sa 9-18 Uhr, So 10-18 Uhr. Felchen tiefgekühlt pro Kilo 15,99, geräuchert 21,99 Euro. Restaurant L'escalier, Brüsseler Straße 11, 50674 Köln, Tel. (0221) 2053998; geöffnet Di-Fr 12-14, 18.30-22 Uhr.

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