Große Gedenkfeier„Freudentrunk“ und Festhäppchen

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Overath – Das Geburtskind hat oft gekränkelt und musste viel abspecken. Einmal ist es sogar nur knapp dem Tode entronnen. Doch die Eisenbahnstrecke Strecke Köln-Overath lebt nach wie vor und ist jetzt immerhin stolze 100 Jahre alt geworden.

Ein Jubiläum, das der Geschichtsverein Rösrath und der Heimat- und Bürgerverein Overath im Kulturbahnhof mit einer großen Gedenkfeier entsprechend würdigten.

Bahngeschichte mit vielen Fotos

Eine Ausstellung informierte die zahlreichen Besucher vorab mit historischen Fotos und Texten über die wechselvolle Geschichte der Agger- und Sülztalbahn. Eisenbahngeschichte zum Anfassen boten die Fundstücke aus dem Eisenbahnmuseum Dieringhausen. Modelleisenbahnfreuden kamen bei der liebevoll gestalteten Hoffnungsthaler H0-Anlage von Wolfgang Heinen auf ihre Kosten. Zahlreiche Wanderfreunde hatten sich mit der Rundschau-Wandertourbeschreibung per pedes auf die Strecke begeben.

Viel Aufwand für die „alte Dame Aggertalbahn“, die sich diese Ehre aber verdient hat. Denn ab dem 30. Juli 1910 verband die Strecke mit dem frisch fertiggestellten Hoffnungsthaler Tunnel zwei Welten miteinander - oder genauer gesagt Overath und Rösrath. Damals für die Menschen im Bergischen Land ein Großereignis, bei dem viele Bewohner entlang der Bahn ihre Häuser bunt beflaggten. Zur sechsstündigen Eröffnungsfeier des Tunnels spielte damals eine Militärkapelle zünftige Märsche, die Ehrengäste bekamen „Freudentrunk“ und Festhäppchen serviert und selbst der Kaiser schickte wohlwollende Grußworte ins Bergische.

Dabei entpuppte sich Wilhelm II. als echter Eisenbahnfan, wünschte er sich doch, dass man „neue Bahnen doch nicht immer nur aus Rentabilitätsgründen bauen möge“. Was wohl Ex-Bahn-Chef Hartmut Mehdorn dazu gesagt hätte?

Doch des Kaisers Wille wurde hier mal nicht Befehl, wie auch der Wunsch des damaligen Overather Bürgermeisters Christian Simons. Overaths Oberhaupt forderte schon bei der Eröffnung den baldigen Ausbau der Aggertalbahn bis nach Kassel und Mitteldeutschland.

Doch die Strecke blieb eine eingleisige Nebenbahn, wenn auch eine viel genutzte. „Die Bahn galt als kulturhistorisches Ereignis, das den Tourismus förderte und die Wirtschaft ankurbelte“, erinnerte Eberhardt Dommer vom Heimat- und Bürgerverein Overath. Die damaligen Ereignisse erfüllten Heike Bänsch und Bruno Tendera mit Leben, die einige historisch überlieferte Eröffnungsszenen aufführten. Da schwärmte Bänsch in der Rolle als Geheimratsgattin von dem,„lieblichen Dörfchen Overath“ und den „duftenden Wäldern Rösraths“. Doch schon damals war die Bahn für die Dame so schnell, dass ihr förmlich „schwindelte“.

Schwindelerregend war danach auch die rasante Entwicklung der Strecke. Schnell wuchsen die Bahnhöfe in Overath und Hoffnungsthal mit Wasserturm, Gütertransport und zahlreichen Abstellgleisen zu pulsierenden Verkehrsadern.

„Die Bahn war bis in die siebziger Jahre hinein auch ein großer Arbeitgeber“ erinnerte Overaths Bürgermeister Andreas Heider an die frühere Bahnblüte. Diese Blüten sind aber längst verwelkt. „In den achtziger und neunziger Jahren wurde viel rationalisiert, wodurch viele Bahnhöfe zu Schmuddelbuden verkamen“, bedauerte Heider den schleichenden Niedergang vieler Empfangsgebäude.

Immerhin ist die Strecke aber im Gegensatz zur Sülztalbahn und der Strecke Dieringhausen-Olpe in den achtziger Jahren einer schon mal angedachten Stilllegung von der Schippe gesprungen. Mittlerweile herrscht in Sachen Regionalbahn sogar wieder so etwas wie Aufbruchstimmung. „In Overath wurde der Park & Ride-Bereich ausgebaut und der alte Bahnhof in ein Schmuckstück verwandelt“, berichtete Heider.

Zudem, so Heider, habe der Rat grünes Licht gegeben, die Bahnsteige und den angrenzenden Busbahnhof barrierefrei zu gestalten. „Danach wird der Bahnhof für sechs Millionen Euro runderneuert sein“, verkündete Heider. Auch die Bahn AG hat ihr fast schon vergessenes Stiefkind wieder entdeckt, wie Bahnhofmanager Peter Kradepohl bestätigte: „Wir werden viel modernisieren, neue Haltepunkte errichten und bestehende ausbauen.“ Bis zum Jahre 2013 sollen die Ausbau- und Modernisierungsmaßnahmen in Höhe von rund 25 Millionen Euro abgeschlossen sein. Damit die Aggertalbahn, nach den Worten von Robert Wagner vom Geschichtsverein Rösrath, auch in den nächsten 100 Jahren das bleibt, was sie heute ist: „Die einzige Eisenbahnverbindung, die im Bergischen Land übriggeblieben ist“.

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