Kindheitstraum wird Wirklichkeit

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BLUMENTHAL. Er war etwa drei Jahre alt und lebte mit seinen Eltern neben der Eisenbahnlinie in Kipsdorf bei Dresden. Seine Mutter hatte eine Mappe erstellt, darauf stand: „Carl F. zeichnet sein eigenes Bilderbuch“. Das Bilderbuch aus dem Jahr 1944 bestand nur aus einer Seite, der Zeichnung einer Lokomotive. Später fand sich auf jedem dritten Bild eine Lok. Die Eisenbahn blieb sein Steckenpferd. Und 2008 wurde ein Traum des 68-jährigen Verfahrenstechnikers Dr. Carl F. Wallroth Wirklichkeit: Er kaufte den Blumenthaler Bahnhof von Norbert Dresken und richtet ihn nun im historischen Stil wieder her.

„Etwas Besseres konnte dem Bahnhof nicht passieren“, freut sich Wolfgang Heller, stellvertretender Vorsitzender der Bahn- und Businitiative Schleidener Tal. Derzeit ist der Bahnhof Endpunkt der touristischen Eisenbahnfahrten. Heller hofft, dass die Strecke „so schnell wie möglich“ bis Hellenthal weitergeführt wird.

Wallroth, der in Lübeck für die Dräger Werke arbeitet, nahm den Blumenthaler Jan Christmann, der in Lübeck seine Diplom-Arbeit schrieb, vorübergehend bei sich auf. So kam der Kontakt zu Jans Vater Günter zustande, der Wallroth auf den Blumenthaler Bahnhof aufmerksam machte und mit ihm, dessen Lebensgefährtin Gitta Lange und dem 16-jährigen Sohn Joscha 2006 vor dem Bahnhof stand und Norbert Dresken traf. Gitta Lange dachte gleich, hier könne man eine schöne Küche einbauen. Joscha gefielt der Keller als Proberaum für eine Band und Carl F. überzeugte das leise Rauschen der Olef.

Lange und Sohn Joscha leben seit September 2008 im Bahnhof, Carl. F. Wallroth ist „nur Gast“, weil er beruflich oft in Amerika unterwegs ist.

Fleißig wurde inzwischen am unter Denkmalschutz stehenden Bahnhof, der 1951 / 52 erbaut wurde, gearbeitet. Die Ehrenamtler der BuBI entfernten den „Dschungel“, der sich auf den Gleisen breit gemacht hatte. Die Beschilderung wurde auf Vordermann gebracht und ein Stück Schiene ausgetauscht. Der Bahnsteig wird wieder hergestellt. Für Heller laufen am Blumenthaler Bahnhof zwei „Lebensstränge“ zusammen, die für das gesamte Tal von Bedeutung sind: die Olef und die Eisenbahn, die für die Montanindustrie von größter Bedeutung waren. Unter anderem wurde in Blumenthal einst das Erz aus der Grube Wohlfahrt verladen.

In zwei Monaten will Wallroth den Bahnhof komplett eingerichtet haben. Von der Straße präsentiert er sich frisch gestrichen und mit dem Schild „BHF Blumenthal“. Drei Buchstaben der alten Beschriftung „Blumenthal / Eifel“ erhielt Wallroth von Norbert Dresken. Die Aufschrift soll nach alten Fotos rekonstruiert werden. Eine alte Bahnhofsuhr hat er besorgt und den Wartesaal zum Atelier umgebaut - der Mann, der eine Vielzahl von Saiteninstrumenten spielt, ist auch als Maler tätig. Einer seiner Vorfahren war Johann Heinrich Wilhelm Tischbein, der 1787 „Goethe in der Campagna“ malte.

Modelleisenbahn

durch mehrere Zimmer

Original-Eisenbahnteile der Oleftalbahn sind am Bahnhof zu finden. Aus dem Schlafzimmer blickt man auf die Gleise in Richtung Hellenthal. Von dort läuft bald eine Modelleisenbahn durch mehrere Zimmer bis aufs Dach, wo Wallroth ein kleines Observatorium einrichtet. Die Regenabflussrohre und Versorgungsleitungen wurden mit Kupfer erneuert, die alte Laderampe hergerichtet. Überall finden sich Eisenbahnmodelle und 200 Jahre alte Möbelstücke aus dem Haushalt seines Vaters. Unten entsteht ein kleiner Gesellschaftsraum. Hier wird möglicherweise zum 125-jährigen Bestehen der Oleftalbahn eine kleine Feier stattfinden, bei der Carl F. Walroth in die Saiten greifen will. Gitta Lange will noch einen kleinen Eifeler Bauerngarten neben dem Bahnhofsgebäude anlegen.

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