Köln und DüsseldorfEine gepflegte rheinische Rivalität

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Die geplante Köln-Düsseldorfer Schnellbahn karikierte der Entwurf von Heinrich Recker, 1914: Die Rivalen Köln (4711-Flasche) und Düsseldorf (Senf) kämpfen auf dem Dach. (Bild: Kölnisches Stadtmuseum)

Die geplante Köln-Düsseldorfer Schnellbahn karikierte der Entwurf von Heinrich Recker, 1914: Die Rivalen Köln (4711-Flasche) und Düsseldorf (Senf) kämpfen auf dem Dach. (Bild: Kölnisches Stadtmuseum)

Köln und Düsseldorf - die ewigen Feinde? Nein, natürlich nicht. Aber unzertrennliche Konkurrenten? Das schon eher. Doch nicht von jeher: „Über viele Jahrhunderte hinweg“, stellen Dr. Michael Euler-Schmidt und sein Kollege Marcus Leifeld vom Kölnischen Stadtmuseum fest, „feierte man am Rhein und an der Düssel ganz unabhängig voneinander Fastnacht.“ Der ebenso fundierte wie amüsante Aufsatz zum Thema Karneval ist Teil des Buches „Köln Düsseldorf - Eine gepflegte rheinische Rivalität“, das in einigen Wochen vom Düsseldorfer Schifffahrtmuseum herausgegeben wird und im Droste Verlag (Düsseldorf) erscheint.

Anfangs feierten beide Städte nebeneinander

Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, schreiben die Autoren, feierten beide Städte nebeneinander und kaum miteinander. „In der Reichsstadt Köln war das Fest zunächst eine Angelegenheit der selbstbewussten Bürger. . . Ärmere Gesellen zogen in Banden tanzend und lärmend von Haus zu Haus und erheischten sich manche milde Gaben. Familien der Kölner Honoratiorenschichten veranstalteten aufwendige Fastnachtsbankette mit Musik, Tanz und üppigem Mahl.“ Der Kölner Rat veranstaltete bis ins 15. Jahrhundert Fastnachts-Reitturniere auf dem Alter Markt.

Im noch jungen Düsseldorf war das Feiern vor allem eine höfische Angelegenheit. Kontakt gab es kaum nach Köln, viel eher zwischen den Höfen in Düsseldorf und dem des Kölner Kurfürsten in Bonn, vor allem im 17. und 18. Jahrhundert. „Ein Konkurrenzverhältnis oder einen Kulturtransfer zwischen den Kölner und den Düsseldorfer Karnevalisten hat es bis zum Ende des Alten Reiches 1806 nicht gegeben.“ Die Festformen waren ganz unterschiedlich.

Das änderte sich nach dem Untergang der ständisch geprägten Gesellschaft und dem Entstehen des bürgerlichen Karnevals zum Anfang des 19. Jahrhunderts. Köln wurde 1823 mit dem reformierten Karneval Vorreiter und Vorbild für viele Städte im Rheinland, etwa Koblenz, Aachen, Bonn und auch Düsseldorf. 1825 schreibt die Neue Düsseldorfer Zeitung, dass viele Fremde, die sonst gern nach Düsseldorf kämen, an Karneval lieber nach Köln reisten. So beschloss man für 1827, auch in Düsseldorf einen Umzug und einen Ball an Rosenmontag zu veranstalten - nach Kölner Vorbild in Form und Inhalt. „Diese Übernahme verwundert nicht. Denn schon einige Jahre zuvor hatte es eine enge Verbindung zwischen den Karnevalisten aus Düsseldorf und Köln gegeben.“

Maßgeblich für die Motivation der Übernahme der Brauchformen durch Düsseldorfer Bürger waren laut Euler-Schmidt und Leifeld „wirtschaftliche Interessen“! (Dasselbe gilt übrigens auch für Aachen und Bonn.) Köln hatte aus allen drei Städten Scharen von Zuschauern angelockt, die durch die zunehmende Verbreitung von Zeitungen gut informiert waren und durch die Verkehrsmittel auch leichter in die Domstadt reisen konnten. Die Einnahmen fehlten den Gewerbetreibenden in den anderen Städten. Prompt verlegte Düsseldorf seine Maskenzüge auf Karnevalsdienstag, um dem Konkurrenzdruck zu entgehen.

Nach dem Ersten Weltkrieg, schreiben die Autoren, entwickelte sich Düsseldorf zu einem ernst zu nehmenden Rivalen für Köln: Die Wirtschaftskrise der 1920er Jahre verschärfte den „Verteilungskampf“ um die knapperen Mittel, und nach 1933 bauten die Nazis das Fest mit erheblichen Mitteln aus. Die Rivalität wurde von den Medien noch gesteigert.

Nach dem Krieg unterschiedliche Wege

Künstler waren erstaunlicherweise im 19. Jahrhundert für die Züge und die großen Bälle beider Städte tätig. Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm die Gestaltung der Festwagen unterschiedliche Wege: In Köln seien viele Gruppierungen der Bürgerschaft im Vorfeld beteiligt, in Düsseldorf sei man in der Gestaltung freier. Jacques Tilly, seit 1983 Zugleiter in Düsseldorf, formulierte 2008 im Rundschau-Interview die Folgen: „Der Düsseldorfer liebt die gepfefferte politische Satire ohne Rücksicht auf Verluste. Der Kölner bevorzugt den geschmackvollen politischen Witz, der nicht allzu weh tun soll. Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass.“

Im Fazit konstatieren Euler-Schmidt und Leifeld „ein durchaus auch belebendes Konkurrenzverhältnis. Doch bei aller Konkurrenz gab es stets auch ein freundschaftliches Miteinander, gab es und gibt es auch heute noch Besuche und Gegenbesuche der Karnevalisten und der Tollitäten beider Städte“.

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