Gerhard Richter über Köln„Richtig heimisch bin ich hier geworden“

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Köln – "Ja, bin halt jetzt hier. Schön, Gewohnheit. Wenn der Zirkus Zufall mich woanders hin verschlagen hätte, würde ich das auch lieben oder mögen." So spricht der Maler 2009 in Corinna Belz' Film "Gerhard Richter Painting" über "seine" Stadt. Lokalpatriotische Lobeshymen klingen anders.

Und wenn er von Atelier und Wohnhaus in Köln-Hahnwald mit seinem Jaguar unter der (damals noch ungestutzten) Domplatte zum Museum Ludwig fährt, meint er schmunzelnd: "Ist ja ein bisschen hässlich, Köln, arg hässlich - und das im Zentrum."

Aber seit ihm 1983 sein Galerist Rudolf Zwirner ein erstes Atelier in der Bismarckstraße besorgte, lebt er eben nicht mehr in Düsseldorf, sondern hier. Zuerst mit Isa Genzken, dann mit seiner dritten Frau Sabine Moritz.

Da ist etwas gewachsen zwischen dem publikumsscheuen Dresdner Weltstar und der extrovertierten Stadt, die ihn 2007 offiziell zum Ehrenbürger machte. "Köln hat mich aufgenommen, zum zweiten Mal, das ist doch was", sagte er seinerzeit und fügte hinzu: "Inzwischen liebe ich diese Stadt, richtig heimisch bin ich hier geworden, seit drei meiner Kinder hier geboren und getauft wurden."

Gewaltiges Geschenk an Köln

Und der Geehrte bedankte sich ebenfalls 2007 mit einem gewaltigen Geschenk: seinem knapp 19 Meter hohen Domfenster, in dessen 11 263 Farbquadraten das Licht tanzt. "Ein bisschen überwältigt" zeigte sich der Agnostiker selbst von dieser Wirkung und lobte sein Werk gewohnt bescheiden: "Es ist nicht misslungen", meinte er im Gegensatz zum damaligen Kardinal Joachim Meisner. Der erklärte bekanntlich, das Motiv passe besser in eine Moschee ...

Richters Nähe zur Domstadt störte das nicht. 2010 fügte er sein (Foto-)Porträt von Ex-Oberbürgermeister Fritz Schramma der Galerie der Stadtoberhäupter im Rathaus hinzu, und das Museum Ludwig sieht er ohnehin als "mein Heimatmuseum".

Der großen Retrospektiven durften sich eher London, New York, Bonn und Düsseldorf rühmen. Doch taucht der bedeutendste und teuerste Gegenwartskünstler im Haus am Böll-Platz immer persönlich auf, um seine Ausstellungen zu planen und zu hängen. 2003 brachte er dem Direktor Kasper König frisch aus dem Atelier die Glasinstallation "11 Scheiben" mit, und auch mit dessen Nachfolger Philipp Kaiser gestaltete er selbst eine kleine, feine Schau.

Mag er seiner Geburtsstadt Dresden auch das größte Konvolut seiner Werke sowie sein Archiv anvertraut haben, so muss sich Köln keine Sorgen machen: "Mir ist es lieber, im Kleinen immer präsent zu sein als das ständige Auf- und Abhängen der Wechselausstellungen. Das hier ist ein großes Glück", sagte Richter 2003.

Das gilt wohl noch heute, denn in Yilmaz Dziewiors Jubiläumsschau "Wir nennen es Ludwig" setzte der Ehrenbürger einen Raum mit Köln-Bezügen ans Ende des Parcours. Bis auf einen Druck nach dem Gemälde "Domecke" tarnt sich der Genius loci dabei im Unscheinbaren, wie einem "Haus", einem verschwommen gemalten "Zaun" oder einer "Demo".

Vielleicht mag der Weltkünstler Gerhard Richter an seiner rheinischen Wahlheimat ja gerade solche Motive, die andere gern übersehen.

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