Landeskulturbericht NRWKein Interesse an Oper, mehr als die Hälfte nie im Theater

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Kulturministerin Christina Kampmann

Kulturministerin Christina Kampmann legte einen Landeskulturbericht vor.

Der durchschnittliche Kulturnutzer in Nordrhein-Westfalen ist weiblich, zwischen 50 und 60 Jahre alt, höher gebildet, ohne ausländische Wurzeln und nimmt auch eine weite Anfahrt ins Theater oder zur Kunstausstellung in Kauf. Diese Analyse sei zwar pointiert, sagt Kulturministerin Christina Kampmann (SPD). Aber die Erkenntnisse, die der rund 270 Seiten starke erste Landeskulturbericht für Nordrhein-Westfalen liefert, geben der Politik schon jetzt zu denken.

Auf den ersten Blick scheint es rosig in der Kulturlandschaft auszusehen: 700 Museen, 20 Sinfonieorchester, vier Konzerthäuser, 26 öffentlich getragene Theater, zehn Tanzensembles, 1550 Bibliotheken gibt es im ganzen Land. Vor allem Museen und Theater in NRW erfreuen sich eines steigenden Besucherzuspruchs. Etwa jeder Dritte besuche mindestens einmal im Jahr ein Theater, 37 Prozent mindestens einmal jährlich ein Museum und 31 Prozent eine Opern- oder Ballettaufführung, heißt es in dem Bericht.

Großteil nicht an Kunst und Kultur interessiert

Man kann die Zahlen aber auch umgekehrt lesen: 56 Prozent der Bürger gehen wenig oder nie ins Theater, 84 Prozent sind wenig oder gar nicht an Oper interessiert, 77 Prozent sehen selten oder nie Tanz oder Ballett, und 61 Prozent sind Kunstausstellungen einfach egal. Fazit der Autoren des Berichts: „Ein großer Teil der Bevölkerung zeigt sich an Kunst und Kultur wenig bis gar nicht interessiert.“ Einzige Ausnahme ist das Kino: Hier gibt nur gut ein Viertel der Befragten Desinteresse an, und die Besucherkurve in den Kinos weist steil nach oben.

Noch steigen die Publikumszahlen auch in Theatern oder Museen an. Das ist den Forschern zufolge der Alterung der Gesellschaft zu verdanken. Je älter und gebildeter die Menschen sind, umso mehr interessierten sie sich für Kunst und Kultur. Das galt bisher. Aber Statistiker prognostizieren nicht nur für NRW, dass bei den nachwachsenden und zahlenmäßig kleineren Generationen trotz höherer Bildung das Interesse für klassische Kultur eher gering sein wird.

Wie erreicht man jüngere Menschen?

Für die Landesregierung und für die Gemeinden, die den Löwenanteil der Kulturausgaben in NRW stemmen, stellt sich anhand dieser Entwicklungen die Frage, wie Kulturangebote künftig jüngere Leute, aber auch die bisher völlig unterrepräsentierten Menschen mit ausländischen Wurzeln oder Flüchtlinge ansprechen können. Poetry-Slams oder Theaterkooperationen mit der freien Szene nennt Kampmann als zeitgemäßere Angebote.

Am Beispiel des erfolgreichen Schauspielhauses Dortmund mit seinem Intendanten Kay Voges sei zudem abzulesen, wie wichtig die Öffnung zur Digitalisierung sei. Auch künftig werden die Gemeinden die wichtigsten Kulturträger in NRW bleiben - und die meisten Kosten allein tragen. Im Landeskulturbericht ist zu lesen, wo die drei wichtigsten Herausforderungen für die Kommunen im Kulturbereich liegen: Sie wollen trotz meist knapper Finanzen ihr kulturelles Angebot aufrechterhalten - gerade für kleine Gemeinden geht es dabei schlicht um die Frage, ob man Einrichtungen ganz dicht machen muss. Außerdem müssen die Kommunen Flüchtlinge integrieren und auf die Alterung der Gesellschaft reagieren.

Die Landesregierung will den Kommunen zwar mit einem zweiten Theater- und Orchesterpakt sowie mit einzelnen Fördervereinbarungen wie zuletzt in Köln, Bonn oder Gelsenkirchen unter die Arme greifen. Insgesamt aber machte Kampmann klar: An der bisherigen Lastenverteilung im Kulturbereich wird sie nicht rütteln.  (dpa)

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