Unheilig im Kölner StadionDer Graf gibt sein allerletztes Konzert in Köln

Lesezeit 2 Minuten
Unheilig

"Dieser Abend wird uns in Er­in­ne­rung bleiben": Der Graf tritt mit seiner Band Unheilig ab.

Köln – Zum Schluss liegt er auf den Knien, ist klatschnass und keucht. "Ihr habt mich fertig gemacht", stößt der Graf mit letzter Kraft hervor. Nach 16 Stücken, fünf Zugaben und über zwei Stunden in ständiger Bewegung ist der Frontmann von Unheilig fix und fertig. Nicht ganz. Es reicht noch für eine weitere Zugabe, die nicht von ungefähr "Der Vorhang fällt" heißt, und Sätze, in denen sich Freude und Trauer mit Stolz und Ergriffenheit mischen. "Heute war ein ganz besonderer Abend. Heute war das letzte Konzert von uns allen. Dieser eine Abend wird uns in Erinnerung bleiben, den werden wir einschließen in unsere Herzen."

Schluss nach 17 Jahren

Nach 17 Jahren, millionenfach verkauften Tonträgern und einer ausgedehnten Abschiedstournee, die 2015 begann, geht der Graf von Bord. Samstag spielten Unheilig ihr allerletztes Konzert vor 45 000 Fans im Kölner Stadion. Es war ein Abend der ganz großen Gefühle. "Ich verabschiede mich von euch als Musiker, aber vielleicht sieht man sich wieder - als Mensch." Den Schlussstrich zieht der Sänger aus persönlichen Gründen: "Es gibt auch ein lachendes Auge. Das freut sich nämlich auf die ganze Familie."

Immer wieder umarmt der Graf, von dem man munkelt, er hieße mit Vornamen Bernd, von dem man weiß, dass er in Aachen groß wurde und zur Schule ging, und der maximal 46 Jahre alt ist, seine drei Mitmusiker Henning Verlage, Christoph Termühlen und Martin Potthoff.

Zum Abschied den Boden geküsst

Er küsst den Boden des Catwalks, er reckt die Faust gen Himmel, er wischt sich die Augen. Zwischen dem Intro "Ein letztes Mal" und "Zeit zu gehen" hat er alles gegeben. Der Mann mit dem Kinnbart, dem rasierten Kopf und der Gruftstimme ist gehüpft, gesprungen, gerannt, bei "Maschine" hat er wie ein Roboter getanzt, der am Ende Elvis imitiert. Zu "Unter deiner Flagge" glitzern die Lichter der Mobiltelefone in den Rängen wie Sterne.

Der Sound ist fett, aber klar. So kommen Balladen wie "Glück auf das Leben", die immer etwas Versöhnliches haben, aber auch immer ein bisschen nach Schlager klingen, genauso gut rüber wie die harten, brachialen Düsterstücke ("Eisenmann"). Vieles ist wohl vertraut - die gotischen Kerzenarrangements auf der Bühne, die leitmotivisch wiederkehrende Frage "Könnt ihr noch?" oder das dumpfe Dampfertuten als akustisches Markenzeichen - aber es gibt auch Neues: das Stück "Mein Leben ist die Freiheit". Im November soll es, trotz Abschied, noch ein neues Album geben. Auch hier gibt der Graf einmal mehr Rätsel auf.

Rundschau abonnieren