Beruflicher NeuanfangVom Bankkaufmann zum Kölner Kaffeeröster

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Gregor Hempsch

Georg Hempsch war für den Vertrieb der Ba­rilla-Nu­deln in Deutsch­land zu­stän­dig. Jetzt hat er eine Kaf­feerös­te­rei in Eh­ren­feld.

Köln – Bei Georg Hempsch lief alles wie am Schnürchen: Abi in seiner Heimatstadt Düren, danach Bankkaufmannslehre in Paris, dann die geradlinige Karriere in der Konsumgüterbranche: Sechs Jahre lebte er in Frankfurt, arbeitete bei Procter & Gamble und entwarf Marketing-Konzepte für Lenor und Pampers. Danach zog es ihn zurück ins Rheinland. Er heuerte beim italienischen Nudel-Imperium Barilla an, das in Köln eine Niederlassung hat, und sorgte für den erfolgreichen Vertrieb der Teigwaren in Deutschland. "Ich war nicht unzufrieden, aber auch nicht ausgefüllt. Ich war zeitlich ausgelastet, aber nicht erfüllt", erinnert sich der 43-Jährige an die Zeit, in der er oft zwischen Köln und dem Barilla-Hauptsitz in Parma pendelte.

Dazu kam ein sich leise anschleichender Frust. "Ich ärgerte mich manchmal über absurde Vorgaben aus der Zentrale, und war innerlich oft überzeugt, die bessere Idee zu haben." Umsetzen durfte er sie dann aber nicht. Schließlich entschied sich Hempsch, eine einjährige Auszeit zu nehmen. Sabbatical heißt so eine Jobunterbrechung auf Neudeutsch.

Schauen, was es noch so gibt

Er kündigte, hatte aber ein Rückkehrrecht. Dass er davon aber wohl keinen Gebrauch machen würde, das wusste Georg Hempsch recht bald. "Ich wollte einfach mal den Kopf in den Wind hängen und schauen, was es da noch so gibt."

Was reichlich ungeplant klingt, hatte dann aber doch Methode. Denn Hempsch ist ein strukturierter Mensch, der auch für seine Auszeit einen Plan hatte: Anfang 2014 startete er seine siebenwöchige Ausbildung zum Sommelier. Wie es der Zufall wollte, traf er dort auf Meike, die inzwischen seine Ehefrau und Mutter des gemeinsamen Sohnes ist. Nach der Ausbildung machte er ein Praktikum in einem Weingut, reiste, nahm sich Zeit für Neigungen und Interessen, die während seines Management-Jobs zu kurz gekommen waren.

Gegen Ende des Sabbatical zog es ihn zusammen mit Meike nach Südafrika, wo Georg Hempsch praktische Erfahrungen in einem Weingut sammelte. Und dort wiederum jemanden traf, der von einem Praktikum in einer Kaffee-Rösterei berichtete.

"Da hat es bei mir Klick gemacht." Kaffee ist hochwertig, persönlich, lokal - genauso ein Produkt, nach dem Hempsch gesucht hatte. "Tatsächlich hatte ich schon lange nach einer guten Idee für eine Selbstständigkeit gesucht. Das liegt vielleicht in der Familie. Mein Vater hatte einen Baustoffhandel." Der Stoff, mit dem der Sohn nun handelt, hat eine deutlich subtilere Note. Sofort nach seiner Rückkehr aus Südafrika ging es ohne Stop in Köln nach Hannover, wo sich Hempsch die Kunst des Kaffeeröstens aneignete. Ende 2014 stand der Plan: Internet-Domains mussten gesichert, ein Ladenlokal gefunden werden.

Zirka ein Dutzend Kaffee-Röster in Köln

"Ich wusste, was ich nicht wollte: Die Nummer zwei in einem Viertel sein." Damit bot sich Lindenthal als Standort an, dort gab es noch keine andere Rösterei.

Denn es gibt in Köln schon circa ein Dutzend Kaffee-Raffineure. Vor allem in Ehrenfeld und in der Innenstadt gibt es renommierte Röstereien, die Hempsch aber nicht als Konkurrenz empfindet. "Auf der Dürener Straße sind wir jedenfalls bisher die einzigen." Dass das Ladenlokal, das seit Mitte 2015 seine Kölner Kaffee Manufaktur beherbergt, nun auch noch in unmittelbarer Nähe der Wohnung liegt - nur ein weiteres Detail der glücklichen Geschichte von Georg und Meike Hempsch. Meike, die Restaurantleiterin in Schloss Anholt im Münsterland war, und später im Kölner Weinkeller arbeitete, kümmert sich vor allem um den Laden.

Seit Juli 2015 ist sie hauptamtlich mit an Bord. Georg Hempsch kümmert sich um Marketing und Vertrieb - und natürlich das Rösten. Er knüpft Kontakte zu Händlern und Kunden. So kam er etwa auf die Idee, sich während der Session als Hoflieferant des Dreigestirns anzubieten. Zur Zeit versucht er das Geschäft mit Bürokunden aufzubauen und so den Kundenstamm zu erweitern. Wert legt er auch auf eine sorgfältige Personalpolitik.

Keine Reue beim Wechsel

Seine drei Angestellten und die studentischen Aushilfen bekommen Schulungen, nicht nur in Sachen Kaffee, Hempsch nimmt sich Zeit für Einzelgespräche und den PEP, den persönlichen Entwicklungsplan. "Als Unternehmer und Arbeitgeber habe ich ja auch eine Verantwortung, die ich wahrnehme."

Ob er den Sprung in die Selbstständigkeit bereut hat? Auf keinen Fall. "Ich wollte mit 65 Jahren nicht das Gefühl haben, etwas nicht probiert zu haben". Auf Firmenwagen, - handy und sicheres Gehalt hat er verzichtet, dafür aber einiges dazugewonnen: Die Freiheit, sich seine Zeit selbst einzuteilen. "Ich bestimme jetzt das Tempo und das Allerbeste: Ich sehe meinen Sohn aufwachsen, täglich, und nicht nur am Wochenende."

Podiumsdiskussion

Horst Conen und Kirsten Rückert (Personalberaterin) erklären, wie sich ein beruflicher Neuanfang umsetzen lässt.

Daniela Denz und Georg Hempsch berichten über ihre Erfahrungen mit dem Neuanfang.

Dienstag, 28. März, 19 Uhr (Einlass 18 Uhr), studio dumont, Breite Straße 72, Köln

Eintritt: 14,75 Euro (Tickets : KölnTicket: 02 21 / 28 01

www.koelnticket.de

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