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Eine Mutter erzähltWenn das Kind zum ersten Mal zum FC ins Stadion geht

Lesezeit 7 Minuten
FC besuch mit kind

Orientierungssuche von der Ostkurve aus.

Köln – Der Tag würde irgendwann kommen. Das war klar. Und er kam, als das Kind das Frage-Alter erreichte. Warum können Menschen sprechen; warum spüren wir nicht, dass sich die Erde dreht; und warum geht Papa mit einem Schal zum Fußball, wenn die Sonne scheint?

In der Tat scheut man sich ja als Mutter nicht, sogar die Entwicklungsgeschichte von Mensch und Welt amateurhaft in das Aufmerksamkeitsfenster einer Vierjährigen zu knüppeln. Nur die letzte Frage? "Ist halt so", ist ein Antwortvorschlag. Zugegeben, sehr halbherzig. Ja, blöder Versuch. Vom Kind auch nicht akzeptiert. Also gibt man an den Experten ab. Der macht es sich einfach und sagt: "Ich nehme dich mal mit."

So ein Satz hat es in sich, weil er sich bis zu der Stelle durchbohrt, wo die längst überwunden geglaubte, weil unzeitgemäße Hysterie lauert. Und die produziert beeindruckende Bilder: Kind eingeklemmt. Angerempelt. Überrannt. Unter der Bierdusche ertrunken. Durch Worte verstört, die eigentlich erst auf dem Klo in der zweiten Klasse durchgenommen werden. In der geschulten Kommunikation nach außen klingt das so: "Ich bin ja keine Spielverderberin, aber muss das sein?"

Besser nicht Südkurve

Es gibt Lebenskonstellationen, die diese Frage zu einer rhetorischen abwerten. Vater Kölner, Feierabend-Fußballer, Dauerkartenbesitzer und Im-Regen-und-Schnee-erst-recht-Stadionbesucher. Tochter Kölnerin, durch die seit der ersten Kita-Weiberfastnacht der Fastelovend pulsiert. Außerdem tierlieb. Es genügt, wenn so ein Kind bei der Sportschau mit auf dem Sofa sitzt und dann fragt: "Warum ist da Karneval? Warum ist da eine Ziege? Und warum darf ich da nicht hin?"

Wir gehen natürlich zu dritt. Und wir gehen natürlich nicht zu einem Risikospiel, natürlich an einem schönen Frühlingstag und natürlich nicht in die Südkurve. Und ja, irgendwie freuen wir uns dann alle.

Auch das Kind wird abgetastet

Das erste, was wir am Stadion sehen, ist ein mannshoher Geißbock mit Bier in der Hand. Doch. Die Kölner Wirklichkeit ist besser als jede ihrer möglichen Inszenierungen. Und warum nicht? Warum soll nicht auch ein Geißbock zu den Gewissheiten gehören, die man sich als Mutter für das Kind wünscht, damit es sich in der Welt besser zurechtfindet?

Kindliche Riesenfreude über die Pferde, auf denen die Polizisten sitzen. So viele Einsatzwagen. Natürlich ist auch bei einem Spiel gegen Bremen großes Gedränge, durch das kleine Kinder auf elterlichem Arm getragen werden wollen. Am Einlass, der Blick in den Rucksack und der Hinweis: Trinkflasche ist nicht erlaubt. Sonnencreme auch nicht. Warum nicht? "Ist halt so." Auch das Kind wird abgetastet. So etwas wüsste man auch lieber vorher.

Die versprochene Wurst muss warten, also wir müssen warten. Die Schlange ist zu lang, weshalb wir auf Pommes ausweichen. Die Enttäuschung hält sich in Grenzen. Die Schale nehmen wir mit auf die Osttribüne.

Tausende kleine Propeller

Wir sitzen zu dritt auf zwei Plätzen, die Fritten balancierend, von denen es die meisten in den Mund schaffen, während der Ketchup sich an vorbeizwängende Großgesäße oder am Kinderblüschen ablegt. Ansonsten: Alles gut. Es herrscht, sagen wir mal, Leben im Stadion. 40 000 Stimmen laut (Das Kind trägt Kopfhörer). Der Rasen wird gesprengt, die Cheerleader glänzen von weitem, der Ziegenbock tritt auf. "Warum müssen die dahinten stehen?" Ja, stimmt. Die Armen in der Südkurve.

Dann folgt der Teil, bei dem sich der Laie respektvoll zurückzieht. Während der Hymne steht das Kind auf dem Sitz und wird Zeuge einer der unter Männern raren konsensfähigen Sentimentalität. Der Vater singt. Trägt Sonnenbrille. Es ist aber auch hell heute. Und jetzt der Schal! Tausende kleine Propeller wirbeln Leidenschaftspartikelchen durch die Luft, die auch auf Kinderköpfe niederschweben. Die bleiben erst einmal dort. Vielleicht ein Leben lang. Ja, meinetwegen.

Dann doch lieber wieder raus

Es ist erstaunlich, wie sehr sich Kinder inhaltlich interessieren. Schnell wird zum Beispiel klar: Die meisten wollen, dass Köln gewinnt. Dass man niemanden umhauen darf, ohne ausgepfiffen zu werden. Tore lösen Jubel aus. Hier werden existenzielle Grundlagen vermittelt. Und Spaß, gar keine Frage.

Dann wird es heiß. Das Kind schwitzt an den Ohren. Muss aufs Klo. Alles absolut vorhersehbar. Ebenso wie die Tatsache, dass die Tochter nach der mühevollen Wiederplatznahme doch lieber wieder raus will.

Die Menschen auf den Rängen sind wahnsinnig verständnisvoll. Wirklich. Auf der Osttribüne geht es sittsam zu.

Toleranz der Kinder

Überhaupt die Menschen. Davon gibt es hier sehr viele. Sehr viele unterschiedliche und der Fußball verbindet sie alle. Für einen Augenblick auch meine Tochter mit dem Mann, der sich vor ihr im Vollrausch die Treppe hochhebelt, die Stadionwurst mit Beilage ausspeit, auf dem Auswurf ausrutscht und nach einer lächerlich unwahrscheinlichen Drehung auch dort hinein fällt. Wirklich so passiert. Die Szene hätte das Zeug zum Trauma gehabt. Tochter geht aber mit einem lakonischen Iii dran vorbei. Nimmt es hin. Ist halt so. Ein Naturtalent in Toleranz. Oder Humor. Oder beidem.

Die zweite Halbzeit verbringen wir draußen (Vater stellt sich zu den armen Südkurvenstehern), essen endlich eine Wurst, spielen auf den Betontreppen. Zusammen mit anderen Kindern, die es auf den Plätzen nicht mehr aushalten.

Es soll viele Kinder geben, die einfach einschlafen. Auf dem Schoß. Was ja irgendwie niedlich ist. Aber auch nur, wenn das Spiel nichts hergibt.

Draußen liegt überall Müll. Und das Kind sorgt sich darum, dass die Müllabfuhr alles alleine wegräumen muss. Der Besuch hat ihr sehr gut gefallen, sie würde auf jeden Fall wiederkommen, zumal es auch Eis gab. Ansonsten ist Fußball auch außerhalb des Stadions toll. Wir hören das lustige Heimat-Gejohle, während wir am Adenauer Weiher auf Einhörnern durch den Wald fliegen. Wo denn der Papa bleibt?

"Ein Spiel dauert so 90 Minuten". " Warum?" "Ist halt so."

Kinderfreundliche Fußballvereine

1. FC Köln

Kinder bis zum sechsten Lebensjahr haben zwar keinen Anspruch auf einen eigenen Sitzplatz, erhalten aber am Einlass kostenlos eine eigene Karte - und werden auf den Schoß gesetzt. Es wird empfohlen, Kinder nicht in den Stehbereich mitzunehmen. Kinderbetreuung Kinder zwischen drei und sechs Jahren können während des Spiels im "Kinderland" an der Nordseite des Stadions kostenlos betreut werden. Das Kinderland öffnet zwei Stunden vor Anpfiff. In der Regel kümmern sich fünf Aushilfen und Erzieherinnen um maximal 25 Kinder, die bis 15 Minuten nach Abpfiff wieder abgeholt werden müssen. Die Kinder müssen windelfrei sein. Eine Anmeldung ist nicht notwendig, aber per Mail zwei Tage vorher möglich. Bei Sicherheitsspielen werden die Kinder in einer nahe gelegenen Turnhalle betreut.

hennes@fc-koeln.de

Tipp vom FC Den Eltern wird geraten, möglichst zwei Stunden vor Spielbeginn mit den Kindern zu kommen, damit sie sich an Lautstärke und Menschenmenge gewöhnen können. Ein Höhepunkt für viele Kinder: einen Blick auf den Geißbock zu erhaschen. Den bekommt man an der Ecke zwischen West- und Südtribüne. Kinder bis sechs Jahre können kostenlos Mitglied im Kidsclub und so auch Fahnen- und Stadionkind werden.

www.fc-koeln.de

Bayer Leverkusen

Kleinkinder bis einschließlich drei Jahre erhalten kostenlos Schoßtickets an den Tageskassen, Kinder von vier bis einschließlich 14 Jahren bezahlen zwischen 3 und 21 Euro je nach Spiel und Kategorie.

Kinderbetreuung Kinder bis acht Jahre können im Löwenclub für 7 Euro betreut werden. Es stehen 25 Plätze zur Verfügung. Dafür ist eine Anmeldung jeweils montags vor dem Spiel notwendig. Für Mitglieder im Löwenclub ist die Betreuung kostenlos. Eine Mitgliedschaft für Kinder bis sieben ist gratis und kann noch vor Betreuungsbeginn beantragt werden. Tipp: Mit Beginn der neuen Saison gibt es im Bereich

A-Block am Spieltag - außer abends - ein Kinderprogramm. Kinder können sich bei verschiedenen Spielen wie Torwandschießen ausprobieren. Die besten Ergebnisse werden am Ende prämiert.

bianka.schorn@bayer04.dewww.bayer04.de

Fortuna Düsseldorf

Kinder unter 6 Jahren erhalten in Begleitung ihrer Eltern freien Eintritt im Familienblock, benötigen aber ein Freiticket. Das gibt es im Vorverkauf bei der Fortuna oder an der Tageskasse vor dem Spiel. Kinder unter 14 Jahren erhalten eine Tageskarte

für 8 Euro, begleitende Erwachsene für 17 Euro. Ermäßigte Eintrittskarten früh kaufen, das Kontingent ist schnell erschöpft. Ein Anspruch auf ermäßigte Karten oder Kinderkarten besteht grundsätzlich nur gegen Vorlage eines entsprechenden Nachweises. Eine Kinderbetreuung gibt es nicht.

www.f95.de

Borussia Dortmund

In Dortmund gibt es einen Familienblock mit diversen Unterhaltungsangeboten. Kinder bis sechs Jahre erhalten eine Karte für 1 Euro. Kinder bis 14 Jahre zahlen 6,80 Euro.

Kinderbetreuung Der Kinderhort öffnet samstags 13-17.30 Uhr, sonntags 15-19.30 Uhr, Anmeldung nicht erforderlich. Tipp: Zwei Stunden vor jedem Samstags- oder Sonntags-Heimspiel können Kinder mit dem Maskottchen "Emma" spielen, sich in den Fanfarben schminken lassen und auf eine Torwand schießen.

www.bvb.de

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