Gute ManierenEntspannt mit Kindern essen und kochen

Lesezeit 4 Minuten
Essen mit Kindern (1)

Hier wird Quark zu Dips und Nachspeise verarbeitet.

Köln – Am Sonntag bei Oma am festlich gedeckten Mittagstisch war es mal wieder so weit. Der sechsjährige Enkel verweigert die Nahrungsaufnahme: Weder die Ente, noch die Böhnchen, nicht mal der sonst eigentlich beliebte Reis finden Anklang beim Nachwuchs. Oma ist beleidigt, Opa aus Solidarität mit Oma auch, die Tochter schämt sich für das Benehmen des Enkels, und die Festtagsstimmung ist dahin.

Doch wie gehe ich als Mutter damit um, wenn das Kind mal wieder nicht isst, was alle essen? "Auf keinen Fall ein Sonderessen zubereiten, aber auch nicht das Kind zum Essen zwingen", rät Ulrike Marquardt, die das Angebots- und Entscheidungsmodell nennt. Mit dem Projekt "Iss was" der Diakonie Köln und Region ist die Sozialpädagogin in Kitas unterwegs, um Erziehern und Eltern den Umgang mit Kindern bei Tisch zu erleichtern. Ziel des Projekts ist die Förderung eines gesunden und genussvollen Essverhaltens bei Kindern, um frühzeitig der Entwicklung von Essstörungen vorzubeugen.

Wichtig sei es, eine entspannte Atmosphäre am Esstisch zu schaffen. "Kinder merken sehr schnell, was Erwachsenen wichtig ist. Wenn die Großen auf dem Essensthema herumreiten, betonen, wie lecker Brokkoli ist, kann aus dem "Ich mag das nicht" auch eine Methode werden, sich Aufmerksamkeit zu verschaffen und eine besondere Rolle einzunehmen", warnt Marquardt.

Eltern sollten jedoch feste Regeln für die Mahlzeiten einführen und auch durchsetzen. Das Kind sollte wissen, wann gegessen wird, und für die Dauer der Mahlzeit am Tisch sitzen bleiben - auch wenn sie nichts essen. Bei Kindern, die häufig über Bauchweh klagen, empfiehlt die Ernährungsexpertin ein Gespräch mit Lehrern oder Erziehern. Denn Kinder trügen auch seelische Probleme gerne über den Bauch aus.

Das Essen als soziales Erlebnis

Das Essen der Kinder hat sich in den letzten Jahren gravierend verändert. Hatten Eltern früher die alleinige Hoheit über die Tisch-Erziehung ihrer Kinder, so werde diese nun zu einem großen Teil auch von den Fachkräften in Schule und Kindergarten ausgeübt. "Für die ist das Essen in der Kita ein soziales Erlebnis. Das Essen in großer Runde ist etwas, was viele zu Hause nicht haben, weil Familiengrößen schrumpfen und, nicht zu vergessen, für Kinder aus benachteiligten Familien kann das Kita-Essen einen existenziellen Beitrag zur Versorgung darstellen", sagt Friederike Schmidt von der Universität Bielefeld. Die Erziehungswissenschaftlerin hält anlässlich der morgen stattfindenden Tagung "Essen im Kinderalltag" (siehe Kasten) einen Vortrag zum Thema "Das schwierige Verhältnis von öffentlicher und elterlicher Verpflegung".

Essen mit Kindern

Auch handwerkliche Dinge wie Kürbisse aushöhlen lernen Kinder bei den Küchenpänz.

"Durch die Auslagerung des Essens in Schule und Kita können Kinder ein Bewusstsein für ihren eigenen Hintergrund entwickeln", sagt Schmidt. Sie vergleichen, was es in der Kita gibt, was andere Kinder essen und was es zu Hause gibt. Programme, wie der Frühstückskönig, das in einigen Kitas läuft, belohnt das Kind, das das gesündeste Frühstück mitbringt. "Durch solche Belohnungsanreize nimmt die Kita allerdings aktiv Einfluss auf den privaten Bereich und die elterliche Erziehungs- und Sorgeverantwortung, und Essen wird primär unter den Aspekt Gesundheit gestellt, womit andere Dimensionen wie etwa Sinnlichkeit vernachlässigt werden." Den sinnlichen Aspekt des Essen zelebriert auch Andrea Smolka in ihren Kinderkochkursen.

Beim Kurs "Tolle Knolle" für Fünf- bis Siebenjährige werden drei Dips hergestellt, dazu gibt es Pellkartoffeln, vorher einen Möhrensalat mit Nüssen. Alle Kinder dürfen an Basilikum, Koriander, Schnittlauch und Dill schnuppern, bevor es ans Schnippeln geht. Denn auch die Handhabung von Messer und Küchengeräten wie Raspel und Zauberstab wird eingeübt. Kaan und Erdem, beide 5, sind schon alte Hasen. Der Tolle-Knolle-Kurs ist nicht ihr erster. "Die habe ich noch nie probiert, aber die sehen lecker aus", sagt Caan, als er die Radieschen sichtet, die später zu einem Radieschen-Schnittlauch-Dip werden.

So manches Kind hat hier sein Erweckungserlebnis", hat Smolka beobachtet. Wenn Kinder Blumenkohl zu Hause ablehnen, weil sie ihn nur gekocht kennen, bei Smolka aber die gebackene Variante mit Sauce auf einmal lecker finden. Auch heute schmeckt den Kindern nicht alles: Der Dip, der nur aus Kräutern, Knoblauch und Olivenöl besteht, fällt durch. Trial and Error, Versuch und Fehler, ist Slomkas Motto. Beim Nachtisch sind sich alle aber wieder einig. Erdbeerquark schmeckt.

Kontakte

Essen im Kinderalltag - Die Tagung am morgigen Mittwoch, 11. Mai, 10 bis 16 Uhr, in der Technischen Hochschule (Ubierring 48) richtet sich an Studierende, Forschende und Fachkräfte. Interessierte können sich auch noch kurzfristig per Email anmelden:

melina.krakow@smail.th-koeln.de

Ulrike Marquardt, Programm Iss was, Diakonie Köln und Region, Kartäusergasse 9-11, 50678 Köln

suchtvorbeugung@diakonie-koeln.de

Kochschule Küchenpänz Rothehausstraße 41, 50823 Köln, 02 21 / 29 43 87 24

www.kuechenpaenz.de

Rundschau abonnieren