Kleinwagen aus Köln im TestSo fährt sich der neue Ford Fiesta

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Der Fiesta ST in blau

Köln – Am Samstag startet der Verkauf des neuen Fiesta. Die nunmehr achte Generation des in Köln gebauten Kleinwagens hat Ford jetzt in Nordspanien vorgestellt. Ralf Arenz hat den Neuen gefahren.

Der erste Eindruck

Typisch Fiesta. Den großen Frontgrill als Ford-Markenzeichen hatte bereits der Vorgänger nach einer Modellpflege spendiert bekommen. Die neue Motorhaube ohne zentrale Längssicken betont ihn zusätzlich. Auch in der Seitenansicht bleibt sich der Wagen treu: Eine hübsche, nicht übertriebene Keilform strahlen Dynamik aus. Falten sorgen für interessante Lichtspiegelungen. Am auffälligsten sind die Änderungen am Heck. Statt senkrecht bis spitz nach oben zulaufend wie in den letzten gut eineinhalb Jahrzehnten Fiesta-Geschichte sind die Heckleuchten jetzt waagerecht angeordnet. Da mag manch einer als Bruch mit der Tradition und den Verlust eines charakteristischen Merkmals beklagen. Der Fiesta steht so aber satter auf der Straße, wirkt deutlich größer und erwachsener. Die Designer haben auf sich zurückgehalten und auf Weiterentwicklung gesetzt. Eine gute Entscheidung. Gerade Kleinwagen wirken schnell überladen, wenn sich die Designer austoben dürfen.

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Der Fiesta ST Red

Nachgemessen

Der neue Fiesta ist 4,04 Meter lang, die sportliche ST-Line 4,065 Meter. Das sind 71 Millimeter mehr als beim Vorgänger. Ohne Spiegel misst der Wagen 1,735 Meter in der Breite, 13 Millimeter mehr. Und die Höhe ist mit 1,47 Metern gleich geblieben. Der Fiesta musste wachsen. Erreichte doch der Ka + fast die Ausmaße des Vorgängermodells. Der Radstand legte um vier Millimeter auf 2,493 Meter zu. Das reicht, um auch 18-Zoll-Räder montieren zu können. Das Leergewicht liegt zwischen 1108 und 1188 Kilogramm.

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Der Innenraum

Schick ist der Fiesta geworden. Der analoge Tacho sieht gut aus, ist klar und übersichtlich. Lenkrad und weitere Bedienelemente fühlen sich angenehm an. Dafür sorgen berührungsfreundliche Soft-Touch-Materialien. Hartplastik gibt es nur im unteren Bereich des Armaturenbretts. Sitzt man in der Top-Version Vignale, die im Herbst auf den Markt kommt, mit viel Leder und einem Armaturenbrettbezug aus Vinyl, der sich wie Leder anfühlt, wird das Öffnen des Handschuhfachs zu einer Enttäuschung. Gerade im Vergleich zur edlen Umgebung fühlt sich der Griff billig an.

Fiesta-Generationen

Wie groß der Fiesta geworden ist, zeigt der Vergleich mit einem gut 30 Jahre alten Vorgänger. Vorne und hinten steht er gut 20 Zentimeter über.

Auch große Fahrer jenseits der 1,90 Meter finden auf den Vordersitzen auseichend Platz mit genügend Kopffreiheit. Hinter ihnen geht es auf der Rückbank aber eng zu. Da hilft es nicht, dass die Kniefreiheit um 12 Millimeter vergrößert wurde. Und trotz verbesserter Sitze im Fond, Menschen mit Gardemaß kommen dem Dachhimmel nah oder stoßen an. Das ist der Preis für die dynamisch abfallende Dachlinie. Und schließlich ist der Fiesta ein Kleinwagen. Vier Hünen werden sich selten zum Ausflug darin zusammenfinden.

Der Kofferraum fasst neben dem Ersatzrad bis zur Gepäckraum-Abdeckung 269 Liter, mit Reifenreparaturset passen 292 Liter hinein. Das ist Platz für Wasserkisten und Koffern in Handgepäckgröße längs zur Fahrtrichtung. Bei umgeklappten Rücksitzen passen bis zu 1093 Liter ins Heck.

Das Fahrwerk

Eine Stärke von Ford. Und Ford hat weiter an Fahreigenschaften und Komfort gearbeitet. Festere Stähle sorgen für höhere Verwindungssteifigkeit. Auch dank Scheibenbremsen hinten ab einer Motorleistung von 100 PS steht der Wagen aus einem Tempo von 100 laut Ford jetzt nach 34,5 Metern. Der Vorgänger brachte über drei Meter mehr. Neue Lager und Dämpfer etwa sorgen für geringere Abrollgeräusche. Soll nicht die Sportlichkeit der Variante betont werden, sorgen Dämmung und Soundmodul im Innenraum für einen angenehmen Geräuschpegel. Da schaut man besser zwei Mal auf den Tacho und überprüft, ob man sich noch innerhalb der erlaubten Geschwindigkeit bewegt, so leise ist das Fahrzeug.

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Der Innenraum des neuen Ford Fiesta

Die Motoren

Getestet werden konnte zum einen der aufgeladene 1,0-Liter-Drei-Zylinder mit 103 KW (140 PS). Das seit Jahren als Motor des Jahres ausgezeichnete Triebwerk ist eine Wucht: Drehfreudig und durchzugsstark. Da steht der Diesel mit 88 KW (120 PS) oder erst recht der mit 85 PS klar im Schatten. Es dürfte ohnehin der letzte Selbstzünder in dem Kleinwagen sein angesichts verschärfter Abgasauflagen. Bei ihnen fällt der fällige Preisaufschlag einfach zu stark ins Gewicht. Ford erwartet, dass in Europa 15 Prozent der Fiesta mit einem Diesel ausgeliefert werden, in Deutschland werde es wohl nur zehn Prozent. Beim alten Model lag der Anteil noch bei rund 25 Prozent.

Einstiegsmotor wird ein 1,1-Liter-Dreizylinder ohne Turbo, der 52 oder 63 KW leistet. Die Höchstgeschwindigkeit liegt zwischen 160 und 202 Stundenkilometer. Den kombinierten Verbrauch gibt Ford mit 3,2 Liter für 100 Kilometer für den kleinen Diesel, 4,5 Liter für den 140-PS-Benziner und 5,2 Liter für einen Fiesta mit Benziner und Automatikgetriebe an. Der Tank fasst 42 Liter.

Die Varianten

So viele Varianten gab es noch nie. Der Fiesta hat dabei wie gehabt drei oder fünf Türen. Zur Markteinführung gibt es das Einstiegsmodell Trend, den Cool & Connect sowie den gut ausgestattete Titanium. Im Herbst kommen dann die sportliche ST-Line und der luxuriöse Vignale auf den Markt. Und im Frühjahr des kommenden Jahres rollen der Active in Geländewagenoptik und die Sportvariante "ST" mit noch mehr Motorleistung zu den Händlern.

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Der Fiesta Titanium von hinten

Die Preise

Der Einstiegspreis liegt bei 12 950 Euro. Dafür ist aber noch keine Klimaanlage an Bord. Die und das sprachgesteuerte Kommunikations- und Entertainmentsystem mit 6,5-Zoll-Bildschirm gibt es im Cool & Connect ab 14 900 Euro. Die Ausstattungsvariante Titanium unter anderem mit Chrom-Dekor, Lederlenkrad und Alurädern kostet ab 17 050 Euro. Und für den Fiesta-Vignale werden mindestens 20 600 Euro fällig.

Durch Design- und Ausstattungspakete kann man die Preise deutlich erhöhen. Da wären ein Paket mit Park-Assistenten und Rückfahrkamera, oder ein Sicherheitspaket mit Notbremsassistenten, Müdigkeitswarner und Verkehrsschilderkennung für 600 Euro, ein Panoramaschiebedach für 890 Euro, größerer Touchscrene und Navi, oder der Türkantenschutz gegen Macken auf Parkplätzen für 150 Euro.

Ein Auto aus Köln

Über 17 Millionen Fiesta sind inzwischen vom Band gelaufen. Produktionsstart war in Saarlouis. Gebaut wurde er zwischenzeitlich auch im spanischen Valencia und im britischen Dagenham. Seit 1979 wird der Fiesta in Köln-Niehl produziert. Etwas weiter nördlich in Köln-Merkenich wird der Kleinwagen auch entwickelt. Das Werk in Niehl ist Stammwerk und einzige Produktionsstätte des Wagens in Europa. Der Produktionsstart für das neue Modell, das aus rund 4300 Komponenten beziehungsweise Einzelteilen besteht, erfolgte am 16. Mai. Zuvor wurden 2017 noch 144 000 Fiesta des Vorgängermodells gefertigt.

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Der Fiesta Vignale

Etwa 4000 der insgesamt 18 500 Mitarbeiter von Ford in Köln sind in der Fiesta-Montage beschäftigt. Sie arbeiten im flexiblen Zwei-Schicht-Betrieb und fertigen 1400 Autos am Tag. Durch eine Standort- und Beschäftigungssicherungsvereinbarung sind Werk und Arbeitsplatze bis Ende 2021 garantiert.

Ein Auto für ...

Umsteiger aus größeren Fahrzeugen. Wenn die Kinder aus dem Haus sind, so glaubt Ford, könnte es auch ein Auto eine oder zwei Nummern kleiner gute Dienste leisten. Andererseits möchten diese Kunden aber wohl bestimmt die Annehmlichkeiten von Autos aus höheren Klassen nicht missen. Deshalb Assistenzsysteme, Konnektivität und Unterhaltung bis zu der Anlage B & O Play mit zehn Lausprechern darunter ein Tieftöner, wo sonst das Reserverad untergebracht wird, der die Rückbank vibrieren lässt. Oder für Kunden, die einfach einen gut ausgestatteten Kleinwagen fahren möchten.

Für den Einstieg ins B-Segment gibt es den Ka + ab knapp 10 000 Euro. Es steht für etwa 20 Prozent des Kleinwagen-Marktes Im Premium-Segment, von dem Ford deutliches Wachstum erwartet, hat der Autobauer jetzt den Fiesta angesiedelt.

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