PsychologieWahlen sind auch ein Schönheitswettbewerb

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Wahlplakate

CDU-Po­li­ti­ker Armin Laschet fordert bei den Land­tags­wah­len NRW-Mi­nis­ter­prä­si­den­tin Hannelore Kraft (SPD) heraus.

Soziologie-Professor Ulrich Rosar beschäftigt sich mit physischer Attraktivität. Der Wissenschaftler der Uni Düsseldorf hat einige Studien durchgeführt, die zeigen, dass attraktive Politiker bei Wahlen besser abschneiden. Mit Dennis Scherer hat er sich über Schönheit und die anstehende Landtagswahl am 14. Mai unterhalten.

Liegt Schönheit nicht im Auge des Betrachters?

Schönheit liegt gerade nicht im Auge des Betrachters - oder nicht nur. Ein erheblicher Teil unseres Schönheitsurteils geht auf Merkmale der Person, die wir betrachten, zurück und wir reagieren darauf alle immer sehr, sehr ähnlich. Wir würden zum Beispiel Julia Roberts alle als sehr attraktiv einschätzen.

Warum gewinnen die schönen Politiker Wahlen?

Das hat eine Reihe von Gründen. Im Zentrum steht, dass attraktive Menschen eher die Aufmerksamkeit ihres Umfeldes auf sich ziehen. Wir nehmen sie eher wahr, wir betrachten sie länger und intensiver und wir erinnern uns an sie dann später auch besser. Wir neigen außerdem intuitiv dazu, attraktiven Menschen eine Reihe positiver Eigenschaften zuzuschreiben: Wir halten sie für intelligenter, fleißiger, kreativer, sozialverträglicher, und, und, und. Das sind Vorurteile, die innerhalb von Millisekunden aktiviert werden, ohne dass es uns bewusst wird.

Woher kommt das?

Da würden Sie je nach Fachdisziplin unterschiedliche Antworten bekommen. Als Soziologe würde ich antworten: Wir werden von frühster Kindheit darauf getrimmt, das Schöne mit dem Guten gleichzusetzten. Denken Sie nur mal an die Märchen der Kindheit: Die Prinzessin, die gerettet werden musste, war schön. Der Prinz, der sie rettete, war schön und die Hexe war in der Regel hässlich.

Sind Wahlen dann letztendlich ein Schönheitswettbewerb?

Sie sind zumindest auch Schönheitswettbewerb. Es geht aber nicht nur um absolute Attraktivität. Es geht vor allem auch darum, attraktiver als die Konkurrenz zu sein. Das nennt sich "Frog Pond Effekt", was sich am ehesten mit "unter den Blinden ist der Einäugige König" übersetzten lässt. Wenn Sie durchschnittlich attraktiv sind, Ihre Konkurrenz aber eher hässlich ist, dann reicht das schon aus, um bei Wahlen einen systematischen Vorteil zu erlangen.

Sehen Sie Armin Laschet oder Hannelore Kraft aufgrund ihrer Attraktivität im Vorteil?

Leichter Vorteil Kraft.

Kürzlich sind die beiden im Fernsehen gegeneinander angetreten. Geht es bei solchen TV-Duellen vor allem darum, vor der Kamera gut auszusehen? Und wer hat in ihren Augen besser abgeschnitten?

Mit TV-Duellen werden Wahlen nicht gewonnen, sondern verloren - siehe Nixon gegen Kennedy. Es ist dabei natürlich auch wichtig, vor der Kamera gut auszusehen, um nicht ins Hintertreffen zu geraten. Dazu gehört übrigens bei TV-Duellen nicht zuletzt die Kommunikation über Körpersprache und Mimik. Seine Mimik hatte Armin Laschet nicht immer gut im Griff. Insgesamt würde ich aber sagen, dass das Duell ausgeglichen war, eventuell mit einem leichten Plus für die Amtsinhaberin.

Welche Faktoren neben der Attraktivität der Kandidaten sind denn für den Erfolg entscheidend?

Gerade in Deutschland wählen die Menschen eher Parteien als Personen. Dann spielen auch politische Inhalte eine Rolle. Die sind aber oft komplex und wir neigen eher dazu, uns an den Personen zu orientieren, die sie vertreten. Sprich: Ob deren politische Grundlinie mit unserer übereinstimmt, ob wir sie als verantwortungsvoll und kreativ wahrnehmen. Und da kommt wieder die Attraktivität ins Spiel.

Hätte Heidi Klum wohl gute Chancen in der Politik?

Eher nicht. Das hat aber damit zu tun, dass sie ein politikfernes Image hat. Aber wir haben schon öfter erlebt, dass gutaussehende Schauspieler und Schauspielerinnen in die Politik gewechselt sind und dann durchaus erfolgreich waren. Eins der prominentesten Beispiele ist Ronald Reagen. Auch George Clooney, der ja als politisch engagiert gilt, würde ich gute Chancen ausrechnen, US-Präsident zu werden.

Haben Sie George Clooney schon angerufen, um ihm das zu sagen?

(lacht) Ich glaube, George Clooney wäre nicht so sehr an einem Telefongespräch mit mir interessiert.

In einer Woche wird in NRW gewählt. Trauen sie sich anhand der Wahlplakate eine Prognose für die Landtagswahl zu?

(lacht) Ganz so einfach ist es dann doch nicht. Es entscheiden nicht nur die Wahlplakate. Es ist eher so, dass die Attraktivität der Kandidaten das letzte Quäntchen ist, das dafür sorgt, dass ein Kandidat direkt einzieht. Oder das eine Partei zwei, drei Prozent bei der Zweitstimme dazugewinnt

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