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Schräge und taugliche RatschlägeWas taugen Omas Haushaltstipps wirklich?

Lesezeit 8 Minuten
Putzen

Fliesenfugen sollen nie gescheuert werden - stattdessen mit Sodareiniger sanft ausreiben.

Früher war alles besser - vor allem das Hausputzwesen. Immer noch erscheinen Bücher mit Tipps und Kniffen, die Oma angeblich noch beherrschte und die das Saubermachen viel einfacher, meist billiger und vermeintlich natürlicher machen sollen. Modernen Haushaltsexperten wie Silvia Frank stehen bei der Lektüre allerdings schon mal - ganz natürlich - die Haare zu Berge. Denn: Vieles, was per Stille-Post-Prinzip über die Generationen weitergegeben und irgendwann mal aufgeschrieben wurde, stimmt schlicht nicht. Oder nicht mehr, weil sich die chemische Zusammensetzung von zu Putzendem und Putzmittel verändert hat. Als Lebensmittelchemikerin kennt Silvia Frank sich aus mit solchen Beziehungskisten. Sie sortiert für uns schräge Ratschläge für die Mottenkiste von tatsächlich tauglichen Tipps.

Natron und Salz als Reiniger für Porzellan

"Beides wirkt tatsächlich sanft abrasiv - aber Natron ist teuer", sagt Silvia Frank. Salz mag günstiger sein, kann aber eiweißhaltigen Schmutz zum Gerinnen bringen - dann ist er noch schwerer zu entfernen. Und sowohl Natron als auch Salz müssen wieder entfernt werden. Schmutzradierer oder nicht kratzende Schwämme sind praktischer. In Waschbecken finden sich zudem oft nicht nur Kalk, sondern auch Kalkseifen - und die lassen sich nicht wegscheuern. Da hilft ein Allzweck- oder Universalreiniger. Faustregel: Badreiniger sind meist sauer, Universal- und Küchenreiniger wie Soda schwach alkalisch. Zum Scheuern wiederum kann man statt des teuren Natrons Putzstein nehmen. "Den gibt es für wenige Euro fertig gepresst, so dass man ihn einfach mit einem Schaumstoffschwämmchen aufnehmen und vor allem: auch leicht wieder abspülen kann", sagt Frank.

Backofen-Schmutz mit Backpulver einweichen

Man könnte sagen: Das Verhältnis von Silvia Frank zum Backpulver ist über die Jahre ein angespanntes geworden. Das Pulver aus dem kleinen Tütchen wird immer wieder als Haushaltshelfer gepriesen - zu Unrecht: "Auch wenn das die Leute nicht einsehen wollen - Backpulver reagiert neutral, Verkrustungen werden aber im schwach alkalischen Bereich angelöst", erklärt Frank. Wäre Backpulver alkalisch, würde ein Teig, der Fett enthält - also quasi jeder Kuchen - seifig schmecken. Denn alkalische Zusammensetzungen spalten Fett.

Franks Tipp für den Ofen: "Einen halben Teelöffel verdünnte Sodalösung in lauwarmem Wasser auflösen, den Ofen mit einem Schwamm einreiben, ein Backblech mit etwas Wasser füllen und es bei 100 Grad verdampfen lassen. Dann lässt sich der Ofen einfach auswaschen." Das sei nebenbei eindeutig preisgünstiger: "500 Gramm Soda kosten etwa 99 Cent - rechnen Sie das mal für Backpulver hoch!"

Essig oder Zitrone als Bad-und Glasflächen-Reiniger

Auch der Hang der Hausfrauen zum Essig ist so etwas, was sich die Chemikerin Silvia Frank nicht ganz erklären kann - weil Essig noch über seine beißenden Dämpfe hinaus Nachteile hat. In diesem Fall, sagt Frank, würde der Essig nur den Kalk von der Kabine entfernen - nicht die Seifenreste. Gleiche gilt für Zitronensäure. Die hat im Fall der Dusche aber den Vorteil, dass sie nicht die Armaturen angreift. "Die sollten auf keinen Fall mit Essig in Kontakt kommen", warnt Silvia Frank: "Das Innere ist aus Messing, wenn dort Essigsäure eindringt, entsteht giftiger Grünspan." Sinnvollstes Reinigungsmittel für die Duschkabine wäre übrigens, Überraschung: ein Badreiniger. Und wer sie nach dem Duschen abzieht oder abreibt, spart sich den Putz-Großeinsatz gleich ganz.

Kacheln mit Magermilch zum Glänzen bringen

Magermilch? Expertin Silvia Frank traut ihren Ohren kaum: "Wie soll Milch denn Glanz auf einer Kachelwand erzeugen? Bei glänzender Glasur reicht Abreiben mit Wasser! Dafür versickert die Milch in den Fugen - und wie Milch riecht, wenn Sie die länger stehen lassen, können Sie sich ja mal kurz vorstellen." Wer sein Bad nicht in eine saure Stinkbombe verwandeln will, lässt die Milch also schön im Kühlschrank.

Fliesenfugen mit Backpulver scheuern

"Fliesenfugen werden nie gescheuert - auch dadurch werden sie tiefer!", sagt Silvia Frank. "Und Backpulver ist auch hier Blödsinn - zumal es Stärkemehle enthält. Da freut sich der Schimmelpilz, wenn in der Fuge Stärke und Wasser stehen!"

Und wie werden die Fugen sauber? "Sprühen Sie Sodareiniger auf, lassen Sie ihn eine halbe Stunde einwirken, reiben Sie die Fugen sanft aus und spülen Sie mit klarem Wasser nach. Solche Reinigungsmittel unterkriechen den Schmutz, Soda sorgt dafür, dass er aufquillt." Überhaupt: Lappen, ein Universalreiniger, ein Badreiniger und Spiritus reichen in der Regel für den Haushalt aus. Nur manchen Oberflächen - Hochglanz, geöltem oder gewachstem Holz oder Glattleder - sollte man nicht mit Microfasern zu Leibe rücken. Dazu zählen auch selbstreinigende Duschwände - die Kunstfasern können Kratzer hinterlassen.

Teppiche mit Salz oder Rasiercreme reinigen

"Bei Teppichen müssen Sie aufpassen", warnt Silvia Frank. "Sie können schon etwas Schmutz entfernen, wenn Sie ihn mit feuchtem Salz abreiben - außer, es handelt sich um Eiweißschmutz, der gerinnt dann erst recht." Die Rasiercreme spielt dagegen in einer Liga mit der Magermilch: "Schrecklich!", sagt Silvia Frank. "Für den Teppich gilt: Flecken werden nach oben entfernt. Wenn Sie sie einreiben, wandert der ganze Schmodder am Ende durch den Flor, der wie ein Docht wirkt, immer wieder nach oben. Rasierschaum hat keine Reinigungskraft."

Und so gehen Flecken tatsächlich aus dem Teppich: Den Fleck mit destilliertem Wasser anfeuchten, mit Küchenkrepp aufsaugen. Dann ein gut saugendes Frottiertuch, nicht weichgespült, mit dem destillierten Wasser anfeuchten und auf den Fleck legen. Dieser wird dann aus dem nicht so saugfähigen Teppich ins Tuch gezogen. Wenn sich das oben verfärbt, die Lage verändern und wieder liegen lassen. Wenn nichts mehr hochkommt, ein sauberes feuchtes Tuch über Nacht auf den Fleck legen. Am besten funktioniert das natürlich bei frischen Flecken, es klappt aber durchaus auch bei eingetrockneten. Wenn eine Komplettreinigung des Teppichs plant, leiht am besten einen Sprühextraktionsreiniger im Baumarkt - und macht es wie die Profis: Das Reinigungsmittel wird vorher mit einer Bürste eingearbeitet, in die Maschine kommt dann nur klares Wasser. So bleiben weniger Reiniger-Reste im Teppich - denn die Rückstände sorgen sonst dafür, dass die Fasern hinterher den Schmutz noch schneller binden.

Wasserflecken auf Parkett mit Benzin abreiben

Eine Faustregel vorab: Holz kann immer lackiert oder geölt sein. Für beide Oberflächen gelten andere Pflegehinweise. "Wenn Sie einen Wasserfleck auf versiegeltem Parkett haben und er ist ganz frisch, können Sie versuchen, ihn zu föhnen - immer von der Seite und bei maximal 50 Grad", sagt Frank. Wenn der Fleck allerdings schwarz wird, ist klar: Der Lack ist nicht mehr dicht, Wasser ist eingesickert und kann nicht entweichen, so ist Schimmel entstanden. "Da hilft nur: Den betroffenen Stab austauschen oder die Stelle ausschleifen und punktuell neu lackieren. Das ist aber meist eher eine Verschlimmbesserung." Bei geöltem Parkett kann man den Fleck in Richtung der Maserung ausschleifen - manchmal reicht dazu ein Topfschwamm - und die Stelle neu ölen. "Das geht womöglich auch mit Leinöl, das braucht aber lange um auszuhärten. Wenn Sie Holzöl für Parkett nehmen, geht es deutlich schneller", sagt Silvia Frank.

Polstermöbel mit Essigwasser abbürsten

Endlich ein Treffer: "Sie können Wollpolster gut mit destilliertem Wasser und einem Tropfen Essigessenz abbürsten. Weinessig sollten Sie aber auf keinen Fall nehmen", sagt Silvia Frank. Baumwoll- und Kunstfaserpolster lassen sich besser mit einem Mikrofasertuch, getränkt mit destilliertem Wasser, reinigen. Seiden- und Leinenpolster reagieren schon auf wenige Wassertropfen sehr empfindlich. Leinen ist dafür häufig im Ganzen waschbar. Mit einem Bleichmittel verschwinden auch fiese Flecken aus hellem Leinen. Sicherheitshalber immer erst ein Polster waschen - falls es eingeht. Silvia Franks Tipp: "Die Bezüge sollten beim Beziehen noch ganz leicht feucht sein. Dann ist die Baumwolle elastischer und sitzt besser."

Spiritus als Glasreiniger

Spiegel werden wieder klar, wenn man sie mit lauwarmem Wasser, etwas Spiritus und Salmiakgeist putzt. Das perfekte Fensterputzwasser erhält man, wenn man eine halbe Tasse Salmiakgeist, eine halbe Tasse Essig und zwei Esslöffel Stärke auf einen Eimer warmes Wasser gibt. Wenn man sie mit Zeitungspapier abreibt, gibt es keine Streifen.

Noch ein Treffer: "Spiritus ist ein wunderbarer Glasreiniger", bestätigt Silvia Frank. Ihr Geheimtipp: 2/3 destilliertes Wasser und 1/3 Spiritus in eine Sprühflasche füllen - "damit und einem Mikrofasertuch können Sie Glas, Spiegel und Edelstahl wunderbar reinigen." Von Salmiakgeist rät die Expertin ab. Spiegel seien ohnehin empfindlich für jedes Mittel außer Wasser und Spiritus, und abgesehen davon: "Salmiakgeist enthält Ammoniak, das ist ein Zellgift, das man so wenig wie möglich einatmen sollte." Beim Vorschlag, Salmiakgeist mit Essig zu mischen, verschlägt es Frank deshalb fast die Sprache: "Das ist kompletter Unsinn! Saurer Essig plus alkalischer Ammoniak - das gibt eine heftige Neutralisationsreaktion. Übrig bleibt neutrales Salz." Und das macht zusammen mit der Stärke - die sich übrigens nicht einmal im Wasser löst - die Scheibe schön trüb.

Franks Tipp: Fenster nur mit Wasser, etwas Spiritus und maximal einem Tropfen Handspülmittel putzen. "Die ganzen Reste der Reinigungsmittel sorgen dafür, dass die Scheibe schneller verschmutzt." Manche Glasreiniger legten sich wie Schichten auf die Scheibe - Frank nutzt sie daher nur, um schnell Fingerspuren zu entfernen.

Und das Nachpolieren mit der Zeitung? "Früher haben Zeitungen viel stärker abgefärbt. Da konnte man die Druckerschwärze nutzen, damit das Wasser von den Fenstern abperlt. Heute werden Zeitungen anders gedruckt - erstens geben sie kaum noch Druckerschwärze ab, zweitens macht das Nachreiben viel Arbeit. Wir haben doch heute Abzieher!" Franks Lieblingsgerät: der elektrische Fenstersauger. "Das ist das Zeichen der Zeit." Einiges ist heute dann wohl doch besser.

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