Spitzenkoch verrätSo gelingt Pulled Pork vom Allerfeinsten

Lesezeit 6 Minuten
Pulled Pork fertig

Perfektes Pul­led-Pork-Sand­wich mit Kraut­sa­lat und BBQ-Sauce

Nacken kann schnell gehen. In dünne Steaks geschnitten, in rote Sauce getunkt brutzelt es über weißer Glut ruckzuck ins Verzehrfertige. Aber Schweinenacken kann auch anders: Stundenlang im Rauch bei relativ niedriger Temperatur gegart wird er zu einer samtsaftigen Delikatesse, die im Street-Food-Kosmos für Furore sorgt, wenn sie von Sebastian Franke zubereitet wird. Franke ist ein Spitzenkoch, der sich mit seinem "Pig Bull BBQ" auf Edelimbiss verlegt hat. Seit August kann man auf der Aachener Straße in Köln das Trend-Brötchen probieren. Mit Coleslaw, dem amerikanischen Krautsalat, und BBQ-Sauce im Brioche. Als Fan kann man das auch zu Hause machen, wozu man drei Dinge unbedingt braucht: Einen Holzkohlegrill mit Deckel oder einen Räuchergrill zum Smoken, wie das im Barbecue-Sprech heißt. Ein Fleischthermometer, um die Kerntemperatur zu kontrollieren. Und sehr viel Geduld. Denn einen Schweinenacken zu Pulled Pork zu machen dauert: zwölf bis 24 Stunden, so genau weiß man das vorher nicht, sagt Franke. Das ist dann aber auch Barbecue vom Feinsten.

In zehn Schritten zu Pulled Pork

Der Experte zeigt in zehn Schritten, wie es geht - ein Protokoll.

"Ich nehme für Pulled Pork am liebsten Nacken. Der ist feinfaseriger und hat einen höheren Fettanteil als das Schulterfleisch vom Schwein, das manche auch gerne für Pulled Pork verwenden.

Wer einen ethischen und qualitativen Anspruch hat, sucht sich ein Stück aus akzeptabler Haltung, vielleicht sogar aus der Region. Abgesehen von den problematischen Erzeugungsumständen bei Billigfleisch, lohnt sich etwas mehr Aufwand auch für den Geschmack. Hier smoken wir jetzt ein Drei-Kilo-Stück Schweinenacken; nach Gar- und Räucherzeit wird das noch ungefähr ein Gewicht von zwei Kilo haben, das reicht dann für rund acht bis zehn Portionen.

Schale mit Wasser zwischen die Schalen

Bei Gewürzen entscheidet der persönliche Geschmack, aber wer einen Mix von uns probieren will, hier die Zutaten für einen guten Rub: 2 EL Salz, 1 EL geräucherte Paprika, 2 EL Zwiebelpulver, 2 EL Knoblauchpulver, 3 EL Rohrohr-Zucker, 1 EL schwarzer Pfeffer, 1 EL Cayennepfeffer, 1 EL Senfpulver, 1 EL getrockneter Majoran.

Ich streiche noch einmal gründlich mit den Fingern über das Fleisch. So spürt man leicht, ob irgendwo noch ein Knochenstück hängt. Wenn ja, schneide ich das weg, aber parieren (sauber zuschneiden) muss man nichts. Wir wollen das Fett ja genau so, wie es hier gewachsen ist. Dann lege ich den Schweinenacken in eine Form, streue die Gewürzmischung großzügig auf und reibe sie auf das Fleisch. Wer will, kann es auch davor mit Senf einstreichen, dann haften die Gewürze besonders gut. Wir machen das aber nicht, denn Senfpulver ist bereits im Rub. Der Nacken wird nun in Klarsichtfolie eingeschlagen und sollte mindestens fünf, maximal 24 Stunden im Kühlschrank ziehen lassen.

Bei kontrollierter niedriger Hitze lange smoken kann man auf Holzkohlegrills mit Deckel und Temperaturanzeige. Zu Hause nutze ich dafür einen Water-Smoker- bei dem ist eine Wasserwanne bereits integriert. Das ist aber nicht unbedingt nötig, man kann auch eine Aluschale mit Wasser zwischen die Kohle stellen.

Für die lange Gar-Strecke eignen sich besonders Briketts, die die Hitze lange halten, etwa Profagus, die es im Supermarkt gibt. Kokos-Briketts brennen ganz besonders lange, sind allerdings auch teurer. Ich mache das hier mit ganz normaler Grillkohle, dann muss man allerdings öfter mal nachlegen.

Zudem braucht man Räucherchips oder Holzstücke. Sie werden erst eine Stunde gewässert und dann zu den Briketts gelegt. Die Rauchnote macht bei diesem Fleisch den unvergleichlichen Charakter aus - er kann bei einem so großen Stück ruhig prägnant ausfallen. Ich nehme gerne Stücke aus Eichenholz zum Räuchern. Jetzt setzt man aus den Briketts zwei bis drei dicht gelegte, allerdings nicht ganz geschlossene Ringe entlang des Grillrandes auf - das nennt man Minion-Ring.

94 Grad Kerntemperatur

Darauf lege ich einige Räucherholz-stücke. Ein paar Briketts oder Kohlestücke feuere ich im Anzündkamin an. Wer nicht, wie ich, eine Wasserwanne unter der Kohle hat, platziert eine Aluschale mit heißem Wasser in der Mitte des Glutrings - das ist wichtig für die Temperaturregulierung im geschlossenen Grill. Mit den brennenden Kohlen entzünde ich den Kohlering, schließe den Grill-Deckel und warte, bis das Grillthermometer 100 Grad anzeigt.

Weil man es jetzt ja kaum erwarten kann, dass es endlich losgeht, und wir haben ja schließlich noch einen langen Weg vor uns , darf das von der Folie befreite Fleisch jetzt auf den Grillrost. Deckel wieder drauf und Temperatur kontrollieren. Jetzt geht es um zwei Temperaturen - von denen hängt im Grunde alles ab: Die optimale Räucher-Temperatur im geschlossenen Grill liegt bei 110 bis 120 Grad. Unser Ziel ist zudem eine Fleischkerntemperatur von 94 Grad - und um das zu überprüfen braucht man unbedingt ein Fleischthermometer.

So lange dauert das Garen

Je erfahrener man ist mit dem Smoken, umso gelassener wird man dabei. Smoken braucht Zeit und es ist sinnlos, diese durch mehr Hitze verkürzen zu wollen. Der Effekt ist einfach nicht der gleiche. Also: Zwischen zwölf und 24 Stunden kann es dauern, bis so ein großes Stück Fleisch die gewünschte Kerntemperatur erreicht hat. Wann genau es soweit ist, ist reiner Zufall und hängt vom Fleisch ab, beziehungsweise davon, wie schnell oder langsam sich das Kollagen im Fleisch auflöst. Für dieses kleine Planungsproblem gibt es leider keine Lösung. Also, Geduld haben und sich auf das Ergebnis freuen!

Pulled Pork gelingt richtig gut, wenn man die Temperatur des Grills einigermaßen unter Kontrolle hält. Richtwert ist dabei,wie gesagt, eine Spanne zwischen 110 und 120 Grad. Kurze Etappen darüber oder darunter sind kein Problem, aber tatsächlich lohnt es sich, die Deckelanzeige immer wieder zu überprüfen und bei Bedarf wieder Brenngut und auch Smoke-Chips nachzulegen.

Danach ist ruhen angesagt

Sind die perfekten 94 Grad Kerntemperatur erreicht, nehme ich das Fleisch vom Grill, schlage es in Alufolie ein und lege es in eine Kühlbox, zusammen mit ein paar Flaschen, die mit heißem Wasser gefüllt sind. So kann sich das Fleisch ohne Wärmeverlust entspannen. Diese Ruhephase sollte zwischen 30 und 40 Minuten dauern. Jetzt wird gepullt, beziehungsweise gezupft. Ich packe das Fleisch aus und lege es in eine große Form. Mit zwei Gabeln zerzupfe ich das ganze Stück. Wenn alles nach Plan gelaufen ist, fällt es fast von selbst auseinander, ist weich, saftig und faserig und hat einen deutlichen Rauchgeschmack.

Serviert wird mit Coleslaw und einer Würzsauce nach Geschmack - entweder im klassischen Burger-Brötchen, einem Brioche oder in Focaccia. Bei der Sauce ist wie immer alles erlaubt, von schlichtem Ketchup bis zu fruchtigen und/oder scharfen Saucen. Eine gute BBQ-Sauce kann das Fleisch-Aroma auch noch zusätzlich unterstützen.

Das ist dann ein Pulled Pork vom Feinsten.

Rundschau abonnieren