Massensterben im Bienenstock

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EIFELLAND. Noch fliegen die Bienen putzmunter im Kommerner Freilichtmuseum, bestäuben fleißig Apfel-, Kirsch- und Pflaumenblüten und legen bei ihrer Arbeit täglich mehrere Kilometer zurück. Um 500 Gramm Honig zu produzieren, muss ein Bienenvolk bis zu 140 000 Kilometer fliegen. Ohne die Vielflieger würde es keine Früchte geben: „Durch die Bestäubung wird der Obstertrag nachweislich um 80 Prozent gesteigert“, versichert Otto Tönnes, der Vorsitzende des Kreisimkerverbands Euskirchen.

Der Imkerverband betreut im Kommerner Museum mit dem Vorsitzenden ein Imkerhaus, das auch zu Schulungszwecken genutzt werden kann.

In diesem Jahr bedroht aber eine tödliche Milbenart die Bienenvölker in Deutschland. Auch der Kreis Euskirchen ist betroffen. Von den 1412 Bienenvölker sind 350 bereits eingegangen. Bei einem Imker in Kall verendeten alle Bienen.

Die 162 Vollerwerbsimker im Kreisgebiet bangen um ihre Existenzen. Ist die „Varroa-Milbe“ einmal im Bienenhaus, verursacht sie dort ein Massensterben durch Schädigung der Brut. Die Milbe ist mit bloßem Auge gut zu sehen. Der 1,2 Millimeter lange, rot-braune Schmarotzer heftet sich mit seinen vier Beinpaaren an die Insektenbrut und sticht sie an, um sich vom Bienenblut zu ernähren.

Darüber hinaus überträgt die Milbe Bakterien und Viren, die sich noch schlimmer auswirken als der eigentliche Milben-Befall selbst.

Otto Tönnes spricht vom Kaschmir-Virus. Er befürchtet für dieses Jahr weitere erheblich Ausfälle durch die parasitäre Erkrankung der Bienen.

Die Milbe stammt aus Südostasien und wurde hier eingeschleppt. Die heimischen Bienen sind der Milbe wehrlos ausgesetzt, während die asiatischen Bienen dagegen einen Schutz entwickelt haben. Für den Kreisvorsitzenden ist klar: „Wir haben die Milben durch leichtsinnigen internationalen Handel mit Bienenvölkern bekommen“, sagt Otto Tönnes. Am Bieneninstitut in Oberursel wurde die Milbe erstmals 1977 entdeckt. Damals wurde aber nicht sofort erkannt, um welche Gefahr es sich handelt.

Die Wissenschaftler sind zurzeit dabei, durch Kreuzungen eine widerstandsfähige Bienenrasse zu züchten. „Bis die Forscher soweit sind, kann man sich aber nur mit Essigsäure helfen“, sagt Otto Tönnes.

Wo die deutschen Bienen fehlen, helfen italienische Bienen aus. Auch im Kreis Euskirchen sind schon italienische Völker im Einsatz. Otto Tönnes beobachtet den internationalen Bienentransfer aber mit Argusaugen, da durch diesen regional beschränkte Krankheiten plötzlich kontinentale Ausmaße erhalten können.

Die Bienenvölker hatten in diesem Jahr noch mit einem weiteren lebensbedrohlichen Phänomen zu kämpfen. Das späte Frühjahr hat die erste Brut zu spät ins Geschäft kommen lassen.

Otto Tönnes appelliert an die Obstbauer, bienenfreundlich Spritzmittel auszubringen. Eine falsche Spritzzeit oder gar ein falsches Mittel schadeten den Bienen ebenfalls. Wenn überhaupt gespritzt werden müsse, dann in den Abendstunden, wenn die Bienen Feierabend haben.

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