NRW-LandesparteitagSchlammschlacht bei der AfD

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Marcus Pretzell (r) und Martin Renner, die AfD-Landesvorsitzenden in Nordrhein-Westfalen

Oberhausen – Mit einem heftigen Streit um Personalfragen begann am Sonntag der AfD-Landesparteitag in Oberhausen. Fast der komplette Vorstand, allen voran der Landesvorsitzende Marcus Pretzell, hatte beantragt, den als Rechtsaußen bekannten Martin Renner aus der Spitze des Landesverbandes zu wählen. Dagegen regte sich harter Widerstand. Einzelne Delegierte sprachen von "Schlammschlacht" und dem Versuch, Teile der Partei von oben herab mundtot zu machen. Stundenlang bremste der offene Machtkampf den Parteitag aus.

Renner ergriff gleich zu Beginn unaufgefordert das Wort gegen seinen Widersacher Pretzell. Bestimmte Mitglieder würden ausgegrenzt und herabgewürdigt, einige gar zum "innerparteilichen Feind" gestempelt, sagte er. "Wir stehen am Scheideweg. Macht- und Positionskämpfe gibt es allerorten in der Partei, auch im Bund", sagte Renner. Dahinter stehe auch die Aussicht auf "Mandate, Pfründe und neue Einkommen."

Showdown zwischen Renner und Pretzell eskalierte

Zeitweise aufgeheizt und vergiftet war die Stimmung in der Luise-Albertz-Halle. Medienvertretern, die außerhalb eines ihnen zugewiesenen Bereiches Aufnahmen machen oder Delegierte von vorne filmen wollten, wurde mit Rauswurf gedroht. Ein Redner fürchtete, dass "der Dreck, der hier vielleicht ans Tageslicht kommt", öffentlich werden könnte. Als der Showdown zwischen Renner und Pretzell eskalierte, müssen die Journalisten raus. "Der Bürger hat das Recht auf vollständige und sachliche Berichterstattung", heißt es im AfD-Wahlprogramm. An diesem Tag in Oberhausen offenbar nicht.

Wer das Duell für sich entschieden hat, war nach der Abstimmung nicht ganz klar. Gegen Renner stimmten 200 Delegierte, 153 waren für ihn. Aber für eine Abwahl hätte es eine Zweidrittelmehrheit gebraucht. Pretzell forderte seinen Intimfeind umgehend zum Rücktritt auf. Aber Renner will bleiben. Die Mitglieder hätten ihn in den Vorstand gewählt, und ihnen sollte ein Parteivorstand dienen, nicht den eigenen Interessen. Als Pretzell kurz darauf eine Pressekonferenz abbricht, weil er nicht mit dem ZDF reden und einen Kameramann rauswerfen wollte, fand Renner das nur "lächerlich". Warum sich die Vorsitzenden überhaupt so erbittert streiten, bleibt im Nebel. "Ist was Persönliches", sagen Insider. Einer der Vorwürfe soll sich um den Wohnsitz Pretzells drehen. Es kursieren Zweifel, ob der AfD-Landeschef tatsächlich, wie der Partei gegenüber angegeben, seinen Lebensmittelpunkt in Bochum hat. Pretzell versicherte, an diesen Gerüchten sei nichts dran. Tiefes Misstrauen gegenüber "Ausländern", Muslimen, Medien und dem Staat zieht sich wie ein roter Faden durch den Entwurf des Wahlprogramms. Die AfD, so scheint es, will die Zeit zurückdrehen: Frauenquote, Gleistellungsbeauftragte, Umweltzonen, Mietpreisbremse, Rundfunkgebühren, Vermögensteuer, die Förderung erneuerbarer Energien, das alles soll weg. Die Partei pendelt zwischen marktliberalen Plänen und nationalistischen Tönen.

Assimilation von Ausländern sicherstellen

Zugewanderte sollen sich anpassen: "Die Assimilation von Ausländern, die dauerhaft hier bleiben dürfen, ist sicherzustellen", steht in einer These. Flüchtlinge sollen bis zu ihrem Asylstatus von Integrationsmaßnahmen "freigestellt" und nicht in richtigen Wohnungen untergebracht werden. Sozialhilfeempfänger sollten "fallbezogen" zur gemeinnützigen Arbeit verpflichtet werden. Wer länger gearbeitet hat und dann arbeitslos wird, soll mehr Unterstützung bekommen als Menschen, die kaum oder gar nicht beschäftigt waren.

Draußen, vor der Luise-Albertz-Halle, demonstrierten Hunderte gegen den Parteitag, unter ihnen auch Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU). Der SPD-Fraktionschef im Oberhausener Rat, Wolfgang Große Brömer, nannte die AfD eine für die Demokratie "sehr gefährliche Partei".

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