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NRW-Landtagswahl 2017Was aus den rot-grünen Versprechen der NRW-Regierung wurde

Lesezeit 4 Minuten
Kraft und Löhrmann

Ministerpräsidentin Kraft (SPD) und Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne)

Düsseldorf – Der Rahmen war feierlich, die Stimmung gut: Am 18. Juni 2012 unterschrieben NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) und ihre Stellvertreterin Sylvia Löhrmann (Grüne) im Ständehaus den Koalitionsvertrag für die Jahre 2012 bis 2017. Unsere Zeitung hat die Landesregierung an ihren Versprechen gemessen.

Versprochen

"Nach wie vor hängt der Bildungserfolg viel zu sehr vom sozialen Status der Eltern ab. ... Wir wollen ein sozial gerechtes und leistungsförderndes Schulsystem schaffen."

Fakt ist

In den fünf Jahren hat sich nicht viel verändert. "Das Schulsystem in NRW ist weiterhin selektiv", stellt die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fest. "In keinem anderen Bundesland wird so wenig Geld pro Schülerin und Schüler ausgegeben wie in Nordrhein-Westfalen", steht im Bildungsfinanzbericht des Statistischen Bundesamts. Der Landesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann, meint dazu: "Da muss deutlich mehr passieren, wenn NRW nicht das ewige Schlusslicht bleiben soll." In NRW flössen nur 3,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in öffentliche Bildungsausgaben; in anderen Ländern liege die Quote bei bis zu 5,2 Prozent.

Versprochen

"Die Kinder und Jugendlichen, die Lehrkräfte und die Schulen sollen gemeinsam von der Inklusion profitieren."

Fakt ist

Die Unzufriedenheit ist bei allen Beteiligten groß. Das liegt vor allem daran, dass die inklusiven Schulen zu wenige Sonderpädagogen haben. Wünschenswert wäre, dass in (nahezu) jeder Unterrichtsstunde zwei Kräfte vorhanden wären, von denen sich eine um die Kinder und Jugendlichen mit Behinderung kümmern könnte. Doch die Wirklichkeit sieht oft anders aus: Sonderpädagogen bekommen mehrere Schulen zugewiesen.

Versprochen

"Wir werden den begonnenen Weg zur Entschärfung der Schulzeitverkürzung fortsetzen."

Fakt ist

Der Zug geht in die andere Richtung. Der Versuch, am "runden Tisch" mit allen Beteiligten Modifikationen für G8 auszuhandeln, ist gescheitert, weil sich Grüne und SPD dafür entschieden haben, doch wieder G9 zu ermöglichen. Jetzt herrscht heilloses Durcheinander. Wer was will, ist nur noch für Experten durchschaubar. Schulministerin Löhrmann wirkte zeitweise konzeptionslos.

Versprochen

Im Zentrum der Förderung beim Wohneigentum "sollen Familien mit Kindern stehen".

Fakt ist

NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) hat zum 1. Januar 2015 die Aufstockung der Grunderwerbsteuer von fünf auf 6,5 Prozent verkündet. Damit hat Nordrhein-Westfalen den Höchstsatz erreicht. In Bayern beträgt er nur 3,5 Prozent. Gerade für junge Familien, die auf ein Eigenheim sparen, ist das eine bittere Pille. Bei einem Kaufpreis von 250 000 Euro sind 16 250 Euro Grunderwerbsteuer fällig - 3750 Euro mehr als früher.

Versprochen

"Die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte ist unser Ziel. Dazu muss die Neuverschuldung weiter zurückgeführt werden."

Fakt ist

Formal wurde das Versprechen gehalten. Der letzte komplett von Schwarz-Gelb zu verantwortende Haushalt 2009 wies 5,6 Milliarden Euro neue Schulden aus. Im rot-grünen Haushalt 2016 stand ein Überschuss von rund 270 Millionen Euro. In den Jahren dazwischen hat Rot-Grün die Neuverschuldung kontinuierlich gesenkt. Aber nur formal. 2016 gab es außergewöhnlich hohe Steuereinnahmen. Sie sind viel stärker gestiegen, als die Neuverschuldung zurückgefahren wurde - wirklich gespart hat Rot-Grün nicht. In den letzten Jahren zeigte die Kurve der Neuverschuldung nur deshalb nach unten, weil Rot-Grün etliche Sondereffekte verbuchte. Mal musste ein Landesbetrieb einen Kredit vorzeitig an das Land zurückzahlen, mal wurden Ausgaben wie Zahlungen an die Pensionsvorsorge auf andere Haushaltsjahre verlagert. Für 2017 plant Rot-Grün 1,6 Milliarden Euro neue Schulden.

Versprochen

"(...) werden wir ein Klimaschutzgesetz in den Landtag neu einbringen. Der Ausstoß von CO2 soll in NRW bis 2020 um mindestens 25 Prozent und bis 2050 um mindestens 80 Prozent gegenüber 1990 reduziert werden. Das Klimaschutzgesetz legt Klimaschutzziele für NRW fest und setzt den rechtlichen Rahmen."

Fakt ist

NRW hat 2013 das erste deutsche Klimaschutzgesetz mit gesetzlichen Klimaschutzzielen verabschiedet. Es formuliert Ziele, die über die des Bundes und der EU hinausgehen. Die Umsetzung sollte ein Klimaschutzplan definieren. Den hat Rot-Grün 2015 vorgelegt. Darin wird das Gesetz faktisch aber kassiert, denn im Plan steht: "Die Landesregierung beabsichtigt in dieser Legislaturperiode nicht, Teile des Klimaschutzplanes für rechtsverbindlich zu erklären."

Versprochen

"Um Bildung, Erziehung und Betreuung in der Kita zu stärken, brauchen wir eine auskömmliche Finanzierung. Diese werden wir für die kommunalen sowie die freien gemeinnützigen Einrichtungen und Träger sicherstellen."

Fakt ist

Zwar ließ NRW-Familienministerin Christina Kampmann (SPD) die 431 Millionen aus dem verfassungswidrigen Betreuungsgeld den Kitas in NRW zukommen. Doch deren Finanznot ist so nicht behoben. Allein im Erzbistum Essen sind laut Träger 100 Einrichtungen von Schließung bedroht. Ein neues Kita-Gesetz wird es bis zur Wahl nicht mehr geben, obwohl die Ministerin noch im Januar versichert hatte, sie werde Eckpunkte für eine neue Kita-Finanzierung bis zum Ende der Wahlperiode vorlegen.

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