Prostituierte klagt ihren Lohn ein

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BONN. Zum ersten Mal ist eine Prostituierte in Bonn vor Gericht gezogen, um einen Freier auf Zahlung ihrer Dienstleistungen in Höhe von 810 Euro zu verklagen. Was viele Barbesucher nicht wissen, aber wissen sollten: Seit dem 1. Januar 2002 gibt es für vergnügungssüchtige Herren keinen Genuss ohne Bezahlung mehr.

Denn der Bundestag hat ein Gesetz verabschiedet, in dem die Rechtsverhältnisse der Prostituierten geregelt werden. Und in Paragraph 1 heißt es da unmissverständlich, dass die Damen des horizontalen Gewerbes einen vertraglichen Anspruch auf Bezahlung ihrer Dienstleistungen haben. Früher hatten sie nicht die geringste Chance, an ihr Geld zu kommen, wenn ein Freier sich zierte. Da es sich nämlich nach altem Recht um einen sittenwidrigen Vertrag handelte, konnte der Lohn nicht eingeklagt werden.

Im vorliegenden Fall hatte ein Gast sich in der Nacht des 10. August 2002 ausgiebig in einem Bonner Sex-Club amüsiert. Der Champagner floss reichlich. Und schon als ihm die Getränkerechnung in Höhe von 336 Euro präsentiert wurde, weigerte er sich zunächst zu zahlen. Die Polizei wurde geholt, und schließlich beglich er die Getränkerechnung. Als es aber um die „besonderen Leistungen“ ging, da verschwand der Herr auf Nimmerwiedersehen. Also verklagte ihn Sandra vor dem Amtsgericht und stellvertretend für ihre Kollegin Melissa gleich mit auf Vergütung ihrer beider Leistungen in Höhe der 810 Euro. Doch der Freier wehrte sich im Prozess verbissen. Sein Kommentar: „Es stimmt, dass die Damen mich umworben haben, aber ich hatte kein Interesse.“

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In diesem Zusammenhang passierte der Klägerin dann ein Fehler. In der Klage muss nämlich detailliert dargetan werden, um welche Dienstleistungen es sich genau handelte. Doch die Prostituierten schwiegen schamhaft. Also wurde die Klage in erster Instanz abgewiesen. So gemein aber wollten sich die Damen denn doch nicht ausnutzen lassen. Deshalb überwanden sie ihre Scham und packten in zweiter Instanz vor dem Bonner Landgericht schonungslos offen alles auf den Richtertisch. Neun Programme, so hieß es da unter anderem, habe man dem Herrn präsentiert. Und exakt bekamen die Richter zu lesen, wie man sich in jener Nacht amüsiert hatte.

Doch zu spät. Denn laut Gesetz kann in zweiter Instanz nicht mehr nachgeholt werden, was bereits in erster Instanz hätte vorgetragen werden können, jedoch versäumt wurde. Um aber den Rechtsfrieden wiederherzustellen, schlug die 5. Bonner Zivilkammer vor, sich auf einen Vergleich in Höhe von 405 Euro zu einigen. Allerdings musste der Vergleich auf Vorbehalt geschlossen werden, da der beklagte Freier nicht anwesend war.

Seinem Anwalt wurde aber dringend geraten, seinem Mandanten zuzusprechen. Denn sollte er sich weigern, will nun auch Melissa, die ihre Ansprüche vor Gericht nicht abtreten durfte, vor dem Amtsgericht gegen ihn klagen. Und dann, so versprach sie, würden Einzelheiten auf den Tisch gebracht, und zwar mit etlichen „Tatzeugen“.

(Az: LG Bonn 5 S 46 / 03)

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