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Regenbogenfamilie„Der Vater meiner Kinder ist ein schwuler Freund von mir“

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Dani mit ihren Kindern Valentin und Johanna.

Familie, was ist das eigentlich? Wenn mehrere Leute zusammenwohnen? Wenn Kinder im Spiel sind? Wenn einfach Liebe da ist? Zu Danis Familie gehören ihre Kinder Valentin, 6, und Johanna, 5. Außerdem ihre Partnerin Emilija, ihr Vater, ihre Mutter, ihre Brüder, viele Freunde und natürlich auch der Papa ihrer Kinder, Chris. Wir haben sie zu ihrem bunten Familienleben interviewt.

Dani, Sie sind lesbisch. Wann haben Sie sich geoutet?

Als ich 28 Jahre war, habe ich es meiner Mama gesagt, sie sagte, dass sie es schon geahnt habe. Freunde wussten das schon sehr viel eher, ich habe das auch offen gelebt, in einer Großstadt wie München war das kein Problem.

War Ihnen schon immer klar, dass Sie Kinder haben möchten? 

Ja. Ich wollte schon immer Kinder haben und auch gleich zwei davon. Ich habe selber Geschwister und fand es immer toll, dass ich kein Einzelkind bin.

Auf Stadt Land Mama tauschen sich zwei junge Mütter mit sechs Kindern zwischen null und elf Jahren aus. Mal witzig, mal nachdenklich – mal verzweifelt. Lisa Harmann (li.) und Katharina Nachtsheim.

Welche Möglichkeiten haben Sie gedanklich durchgespielt, um schwanger zu werden? Wäre etwa ein anonymer Samenspender auch in Frage gekommen?

Ich hatte einen Freund gefragt, ob er sich das vorstellen könnte. Er sagte damals nein. Als dann Valentin geboren war, fand er es schade, dass er nicht der Vater ist. Einen anonymen Spender wollte ich nicht. Für mich war und ist es wichtig, dass die Kinder ihren Vater kennen und dass es eine männliche Bezugsperson für sie gibt. Schließlich wachsen sie ja mit zwei Frauen auf.

Der Vater Ihrer Kinder ist ein schwuler Freund. Wer von Ihnen hatte die Idee, sich zusammen zu tun?

Chris ist mittlerweile ein sehr guter Freund geworden. Kennengelernt haben wir uns vor sieben Jahren über eine Anzeige im Internet, er suchte eine lesbische Frau zum gemeinsamen Kind kriegen. Und da er auch in München wohnte, haben wir ein „Date“ ausgemacht. Wir haben uns gesehen und innerhalb von 30 Sekunden war uns beiden klar, dass es passt. Wir haben uns dann regelmäßig getroffen, zusammen gekocht, gegenseitig unsere Freunde kennengelernt und nach etwa drei Monaten bin ich per Insemination sofort schwanger geworden.

Wie waren die Reaktionen Ihrer Freunde und Familienmitglieder auf die Pläne?

Erst als ich schwanger war, haben wir es allen erzählt. Die Freunde fanden es cool. Meine Mama war im ersten Moment sehr, sehr überrascht, sie fragte: „Wie geht denn sowas was?“ Da muss ich heute noch lachen über diese Reaktion. Aber im Nachhinein war sie dann doch glücklich, dass sie Oma wird.

Haben Sie dann gemeinsam all die „Eltern“-Dinge getan? Vorbereitungskurs, Erstausstattungskauf usw.?

Kinderwagenkauf, Babybett, Wickelkommode, Strampler, Windeln... all das habe ich mit meiner Partnerin gekauft. Überhaupt haben wir das alles zusammen gemacht, Chris war nur ab und an dabei. Komische Reaktionen gab es nicht. Die Leute waren eher interessiert und haben gefragt. Ich habe mir immer gesagt, wer was wissen will, soll fragen. Je normaler darüber gesprochen wird, desto normaler kommt das auch bei den Leuten an.

War der Vater auch bei der Geburt dabei?

Bei beiden Geburten war meine Partnerin dabei. Es waren spontane Geburten, Valentin kam am Vatertag, Chris war zu diesem Zeitpunkt in Österreich und ist dann gleich am nächsten Tag ins Krankenhaus gefahren. Johanna kam an meinem Geburtstag, sehr überraschend. Auch hier war Chris dann einen Tag später in der Klinik.

Wie haben Sie es rechtlich geregelt?

Chris ist eingetragener Vater und steht auch in der Geburtsurkunde. Das wollten wir beide so. Er kann die Kinder jederzeit sehen. Und finanziell haben wir uns auch geeinigt.

Und wie ganz praktisch? Wo wohnen die Kinder, wie oft sehen Sie sich?

Die Kinder wohnen bei mir, das ist auch DAS Zuhause. Alle zwei Wochen Dienstag und Mittwoch werden sie vom Papa aus der Kita abgeholt. Und einmal im Monat haben sie ein langes Wochenende zusammen. Für mich und meine Partnerin auch ganz schön, wenn wir mal ohne Kinder sind.

Wie erklären Sie den Kindern, dass Mama und Papa kein klassisches Elternpaar sind?

Gar nicht, sie kennen es ja nicht anders. Sie spielen gerade sehr gerne Rollenspiel: Mutter, Vater, Kind. Oder Mutter, Mutter, Kind. Oder Vater, Vater, Kind. Ich finde es toll, dass sie jetzt schon in dem Wissen aufwachsen, dass es viele Arten von Familie gibt. Johanna sagte kürzlich, wenn sie groß ist, dann heiratet sie Isabell und sie bekommt dann das Baby. Daraufhin sagte Valentin, zwei Mädchen könnten keine Kinder kriegen, da brauche sie einen Mann. Da antwortete Johanna „Na und, dann frage ich halt den Benjamin.“

Was würden Sie sich für Regenbogen-Familien wünschen? 

Mehr Verständnis, schließlich geht es hier um die Kinder. Und wenn diese glücklich und mit viel Liebe groß werden dürfen, ist es doch ganz egal, wie die Konstellationen sind. Und von anderen Regenbogen-Familien wünschen wir uns, dass sie mutig sind und Farbe bekennen. So wie es die Kinder mögen: Hauptsache bunt!

Dieser Beitrag erschien ursprünglich im Blog Stadt Land Mama.

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