Powerball, Mega MillionsRiesen-Jackpots im Ausland – dürfen auch Deutsche mitspielen?

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Mega Millions

Auch die US-Lotteriebetreiber selbst warnen vor dem Verkauf ins Ausland: Wer Lose per Post oder das Netz über die Bundesstaaten-Grenzen oder die Grenzen der USA vertreibt, betreibe illegales Glücksspiel.

Millionenschwere Lotto-Jackpots wie in den USA („Powerball“, „Mega Millions“) oder in Spanien („El Gordo“) führen auch deutsche Glücksspieler regelmäßig in Versuchung. Webseiten wie Lottoland.com werben eifrig dafür, auch außerhalb Deutschlands im Spiel um den großen Gewinn mitzumischen. „Erfüllt euch euren persönlichen American Dream“, heißt es beispielsweise auf der Lottoland-Webseite. Den Teilnehmern winkten „gigantische Jackpots in Rekordhöhe“, so lautet das Versprechen.

Dazu muss man aber wissen: Bei Powerball handelt es sich um eine US-amerikanische Lotterie. Organisiert wird das Spiel durch die „Multi-State-Lottery Association“ (MUSL), ein Zusammenschluss bundesstaatlicher Lotterie-Gesellschaften der Vereinigten Staaten von Amerika. „Eine Genehmigung nach deutschem Recht besitzt das amerikanische Lotterie-Unternehmen nicht“, warnt Viktoria Kesper von Westlotto.

Bei der Online-Teilnahme an der Lotterie Powerball von Deutschland aus handele es sich um unerlaubtes Glücksspiel, wenn der Anbieter nicht nach deutschem Recht genehmigt wurde. „Das gleiche gilt auch für die Teilnahme an anderen Lotterie-Angeboten im Ausland“, so Kesper.

Verstößt staatliches Lotto gegen EU-Recht?

Das sehen die Anbieter allerdings anders. In ihren Augen verstößt nämlich die deutsche Glücksspielgesetzgebung gegen europäisches Recht. „Während Automatenspiele mit einem erheblichen Suchtpotential komplett liberalisiert sind, beharren die Länder auf dem staatlichen Lottomonopol“, sagt Dr. Rolf Stypmann, Sprecher von Lottoland. „Hier liegt der Verdacht nahe, dass es nur um den Ausschluss der privaten Lotto-Konkurrenz geht und nicht um eine systematische Suchtprävention“, so der ehemalige Chef von Lotto Niedersachsen.

Als „höchst umstritten“ bewertet Prof. Dr. Martin Heger, Experte für Europäisches Strafrecht an der Humboldt Universität Berlin, die Rechtslage. „Der Europäische Gerichtshof hat die deutschen Regelungen kassiert, und damit das staatliche Glücksspielmonopol.“ Deshalb sei derzeit unklar, ob die deutschen Strafnormen überhaupt noch angewendet werden könnten. Folge: Es gibt keine Strafverfahren gegen Teilnehmer illegaler Online-Wetten. 

Glücksspielrecht unter Beschuss

Verfahren gegen Monopol

Deutschland hat Ärger mit Brüssel wegen seiner Regulierung des Glücksspielmarktes. Vor allem das staatliche Sportwetten-Monopol stört die EU-Kommission. Noch in diesem Jahr soll ein Vertragsverletzungs-Verfahren gegen Deutschland eingeleitet und der Markt für Sportwetten geöffnet werden, berichtet das ZDF-Magazin „Frontal21“. Derzeit sind private Wettanbieter nur geduldet, sie können aber kaum reguliert und kontrolliert werden. In der Folge des EU-Verfahrens könnte auch das staatliche Lotterie-Monopol ins Wanken geraten.

Glücksspielstaatsvertrag

2012 hatten sich die Bundesländer per Staatsvertrag geeinigt, am staatlichen Lotto-Monopol festzuhalten. Dafür sollte aber an 20 private Sportwetten-Anbieter für sieben Jahre eine Konzession vergeben werden. Für die Vergabe der Konzessionen ist das hessische Innenministerium zuständig, bisher ist jedoch nichts geschehen. Momentan nehmen die Ministerpräsidenten der Bundesländer einen neuen Anlauf, um die von der EU geforderte Liberalisierung des Sportwetten-Marktes anzugehen, berichtet „Frontal21“. Geplant sei die Vergabe von bis zu 40 Konzessionen für private Wettanbieter ab Juli 2017.

Werden Gewinne von privaten Anbietern ausgezahlt?

Fest steht: Eine staatliche Garantie auf die Gewinn-Auszahlung besteht für Teilnehmer nicht, wenn sie über Webseiten wie Tipp24 und Co. spielen, warnt die Verbraucherzentrale. „Den Verbrauchern wird in Art und Aufmachung der Internetseiten dieser Anbieter suggeriert, sie nehmen an den bekannten Lotterien der staatlichen Veranstalter teil.“ In Wirklichkeit aber erfolge die Teilnahme an der eigenen privaten Lotterie des im Ausland ansässigen und dort lizensierten Anbieters. Dies stehe oft nur im Kleingedruckten.

Die Anbieter beruhigen ihre Teilnehmer: Auch sie könnten hohe Millionengewinne zuverlässig auszahlen, seien entsprechend abgesichert. „Bei Lottoland werden Gewinne von bis zu fünf Millionen Euro aus dem laufenden Geschäft gezahlt“, erklärt Sprecher Dr. Stypmann.

Online-Anbieter wehren sich gegen Vorwürfe

Auch deutsche Lottoanbieter wie Sachsen-Anhalt Lotto warnen vor unseriösen Angeboten im Internet, denn bei diesen handele es sich oft um sogenannte „Schwarze Wetten“. „Dabei nimmt nicht an der Lotterie selbst teil, sondern schließt eine Wette ab auf den Ausgang der Ziehung“, erklärte Pressesprecherin Astrid Wessler. Für das Beispiel der spanischen Weihnachtslotterie „El Gordo“ bedeutet das: Die Gewinnsumme wird nicht von der spanischen Lottogesellschaft, sondern direkt vom Lottoanbieter ausgezahlt. Viele der Anbieter haben ihren Sitz zudem im Ausland in Steueroasen wie zum Beispiel auf Malta oder in Gibraltar.

Auch hierzu äußert sich Lottoland: „Die Glücksspielbehörde in Gibraltar hat für Beschwerdefälle eine eigene Schlichtungsstelle geschaffen. Dort können Spieler bei Unstimmigkeiten mit einem in Gibraltar ansässigen Anbieter kostenlos und mit geringem Zeitaufwand Beschwerde einlegen“, so Sprecher Stypmann. Die Aussage von Kritikern, dass Gewinnansprüche in Gibraltar nur schwer durchsetzbar wären, sei somit schlichtweg falsch.

Doch woher weiß ein Lottospieler, ob der Anbieter seriös ist und der Gewinn in voller Höhe ausbezahlt wird? 

Worauf Lottospieler unbedingt achten sollten, um straffrei zu bleiben

  • Vorsicht bei allen Lotterieangeboten im Internet, die auf .com enden! Entscheidend ist, ob der Anbieter über eine gültige deutsche Lizenz verfügt (LOTTO oder offizieller Partner von LOTTO). Manchmal hilft ein Blick ins Impressum und in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB).
  • Es gibt laut Sachsen-Anhalt Lotto und Westlotto keinen Lotterieanbieter mit Sitz im Ausland, der eine Genehmigung für Deutschland besitzt. Auf der sicheren Seite sind Verbraucher, wenn sie das Angebot des staatlichen Anbieters in ihrem Bundesland nutzen. Auch hilft ein Blick auf 
  • Dass Gewinne im Ausland steuerfrei sind, trifft laut Sachsen-Anhalt Lotto steuerrechtlich nicht per se zu. Die Bundessteuerberaterkammer rät: Wer Angebote anderer ausländischer Lotterien nutzt, sollte sich vorher genau über die steuerrechtliche Lage im jeweiligen Land erkundigen. Denn hier gilt: Der Staat, in dem die Lotterie ansässig ist, kann die Steuern für die Gewinne festsetzen.
  • Lotteriegewinne sind in Deutschland steuerfrei. Denn laut der Bundessteuerberaterkammer kann das Finanzamt Einnahmen aus Glücksspielen keiner besteuerbaren Einkommensart zuweisen. Aber die Erträge (zum Beispiel Zinserträge aus dem Gewinn) müssen versteuert werden.
  • Für die USA gilt: Touristen dürfen mitspielen, denn man muss für die Lotterie-Teilnahme kein US-Bürger sein. Allerdings sollte man keine Lose per Internet erwerben. 

Strafbares Online-Glücksspiel oder nicht?

Wer online bei einer schwarzen Lotterie spielt, nimmt laut Sachsen-Anhalt Lotto an einem unerlaubten Glücksspiel teil und macht sich strafbar gemäß Paragraph 284 und 285 Strafgesetzbuch. Ein Online-Spielschein einer schwarzen Lotterie sei laut Gesetz ohnehin nichtig, also ungültig.  

Die Anbieter sehen sich hingegen im Recht: „„Mit einer EU-Lizenz bieten ausländische Glücksspielanbieter ihre Dienste vollkommen legal in Deutschland an“, sagt Lottoland-Sprecher Stypmann. Das gehe aus einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 8. September 2010 hervor. In dieser „Carmen Media“-Entscheidung wurde festgestellt, dass der deutsche Glücksspielstaatsvertrag gegen EU-Recht verstößt und dass sich ein Glücksspielunternehmen mit Sitz in Gibraltar auf die EU-Dienstleistungsfreiheit berufen könne.

„Hinzu kommt, dass sich aus dem Strafgesetzbuch eindeutig ergibt, dass selbst die Teilnahme an unerlaubten Lotterien nicht strafbar ist. Für Lotterieprodukte – als besondere Form des Glücksspiels – gibt es einen separaten Paragraphen“, so Stypmann. Somit stehe die Teilnahme nicht unter Strafe. Dem widerspricht Rechtsanwalt Prof. Dr. Markus Ruttig, der Experte für Glücksspielrecht ist: „Es handelt sich bei diesen Angeboten nicht um eine Lotterie, sondern um schwarze Wetten.“ Auch die Werbung der Online-Anbieter bezeichnet Ruttig, zu dessen Mandanten Westlotto zählt, als „irreführend“. 

Fazit: Es gibt also offenbar eine glücksspielrechtliche Grauzone im Internet. Europarechtler Prof. Dr. Martin Heger erläutert dazu: „Unerlaubt ist das Glücksspiel bereits dann, wenn es an einer deutschen staatlichen Konzession dafür fehlt, so dass in der Tat ein Deutscher, der sich aus Deutschland an einem im Ausland ansässigen Internet-Glücksspiel beteiligt, strafbar sein kann.“

Aber, schränkt Rechtsanwalt Ruttig ein, verfolgt werden diese illegalen Wetten quasi nie. „Der Vollzug ist schwierig, die Staatsanwaltschaften unternehmen nichts.“ Dem pflichtet Prof. Heger bei: „In der Grauzone findet so gut wie keine Strafverfolgung statt.“ 

Dass die Justiz zögert und wartet, liegt auch an der geplanten Reform der Glücksspielgesetze, bei der das Bundesland Hessen Widerstand leistet. So rügte der hessische Verwaltungsgerichtshof das Vergabeverfahren für Konzessionen zuletzt als intransparent und erklärte die Vergabe durch das Glücksspielkollegium für verfassungswidrig. 

Im Februar dieses Jahres hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) sein Urteil in der „Rechtssache Ince“ gefällt und dem deutschen Glücksspielstaatsvertrag die endgültige Niederlage zugefügt. Nun ist wieder die Politik gefordert.

Was sind die Bedingungen für die „EuroMillionen“ und den „Eurojackpot“?

Die Lotterie „EuroMillionen“ wird in Deutschland von staatlichen Anbietern nicht angeboten, Webseiten wie Tipp24 werben dafür. „Auch bei der Teilnahme an dieser Lotterie handelt es sich um unerlaubtes Glücksspiel“, warnt Viktoria Kesper von Westlotto.

Eurojackpot ist das staatliche Angebot der Lotteriegesellschaften in Deutschland. An der europäischen Gemeinschaftslotterie nehmen neben den 16 staatlichen Lotteriegesellschaften der einzelnen Bundesländer in Deutschland auch 16 weitere Länder in Europa teil. Eurojackpot kann ebenso wie LOTTO 6aus49 in allen Annahmestellen gespielt werden oder online bei allen Anbietern, die auf der sogenannten White List stehen. (gs)

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