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ArztbesuchSchneller Termine bekommen – darf ich so tun, als sei ich Privatpatient?

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Wartezimmer

Manche Praxen nehmen nur Privatpatienten an. Wer lügt, wird aber vermutlich nicht weit damit kommen.

Viele Arztbesuche werden immer wieder hinausgeschoben. Ruft man dann endlich bei der Praxis an, bekommt man zu hören, dass erst in ca. zwei Monaten ein Termin frei ist – zumindest, wenn man Kassenpatient ist. Privatpatienten dagegen bekommen in der Regel ohne lange Wartezeit einen Arzttermin. Da liegt es doch nahe, sich wahrheitswidrig als Privatpatient auszugeben, um schneller einen Termin beim Mediziner zu bekommen, oder?

Am Empfang werden die meisten Patienten scheitern

Über seine Eigenschaft als Kassenpatient zu lügen, bringt bei der „Stammarztpraxis“ natürlich nicht viel. Dort muss man nur seinen Namen nennen und die „Empfangsdame“ weiß nach einem Blick in den Computer mehr über den Patienten, als dieser vielleicht über sich selbst. Mit der Behauptung, plötzlich Privatpatient zu sein, wird man dort also nicht sehr weit kommen.

Die Masche könnte höchstens bei einem bislang fremden Arzt funktionieren. Wer hier am Telefon lügt und sich als Privatpatient ausgibt, könnte tatsächlich relativ schnell einen Termin beim jeweiligen Mediziner bekommen. Die nächste Hürde wartet dann allerdings vor Ort – hier muss man nämlich erst einmal an der Empfangsdame vorbei. Und die wird nach der elektronischen Gesundheitskarte fragen. Spätestens hier muss man Farbe bekennen und die Karte vorzeigen, die den Arzt bzw. seine Angestellten unter anderem über den Versichertenstatus aufklärt.

Gastautorin Sandra Voigt ist Assessorin und Redakteurin bei anwalt.de

Ohne Versicherungskarte geht (fast) nichts

Grundsätzlich gilt, dass ein Arzt die Behandlung eines Patienten nicht ablehnen darf – selbst wenn er zuvor über den Versichertenstatus angelogen wurde. Anderes ist nur im Ausnahmefall möglich. Unter anderem, wenn der Patient seine Gesundheitskarte nicht herausrückt und keine akute Behandlungsbedürftigkeit anzunehmen ist oder bei Überlastung der Arztpraxis.

Vor einer Behandlung könnte ein nachtragender Arzt den Schein-Privatpatienten nach seiner Entlarvung als Kassenpatient allerdings im Wartezimmer etwas „schmoren“ lassen und ihn dann mit dem Argument der Überlastung nach Hause schicken. Versucht man später, noch einmal einen Termin bei dem betreffenden Arzt zu bekommen, könnte es sein, dass er auf lange Zeit „ausgebucht“ ist.

Der Arzt darf eine Privatrechnung stellen

Hat der Mediziner den Patienten dagegen behandelt und wurde ihm die Gesundheitskarte trotz Aufforderung nicht innerhalb von zehn Tagen vorgelegt, kann der Arzt dem Patienten für die durchgeführte Behandlung – auch wenn es sich eigentlich um eine kassenärztliche Leistung handelt – grundsätzlich eine Privatrechnung stellen. Der Erkrankte ist dann nämlich gemäß Bundesmantelvertrag der Ärzte ein Privatpatient.

Wer das Gefühl hat, dass der Kassenarzt einen Kassenpatienten aus finanziellen Gründen abgelehnt oder vertröstet hat, sollte zunächst den Mediziner darauf ansprechen. Auch kann sich der Patient an seine Krankenkasse wenden. Letztlich kann bei einem begründeten Verdacht bei der Ärztekammer bzw. Kassenärztlichen Vereinigung Beschwerde gegen den Arzt eingelegt werden. Schließlich regelt das Versorgungsstärkungsgesetz, dass eine gut erreichbare medizinische Versorgung – auch in ländlichen Gebieten – gewährleistet sein soll. So sollen zum Beispiel gesetzlich Krankenversicherte mit einer Überweisung innerhalb von vier Wochen einen Termin bei einem Facharzt bekommen.

Was passiert im Notfall?

Im Notfall ist der Arzt zur Behandlung verpflichtet – unabhängig davon, ob der Patient gesetzlich, privat oder gar nicht krankenversichert ist oder ob er eine Versichertenkarte bei sich hat. Ansonsten macht sich der Arzt unter Umständen wegen unterlassener Hilfeleistung nach § 323c Strafgesetzbuch (StGB) strafbar. Sofern also ein Notfall vorliegt – zum Beispiel eine akute Blinddarmentzündung –, lohnt es sich nicht, über seinen Versichertenstatus zu lügen. Man wird auf jeden Fall unverzüglich behandelt oder gleich ins Krankenhaus eingewiesen.

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