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Wie Thomas und Thea GottschalkWarum sich immer mehr Paare im Alter trennen

Lesezeit 3 Minuten
Thea und Thomas Gottschalk in jungen Jahren

Thomas Gottschalk und seine Frau Thea waren 43 Jahre verheiratet.

Thea und Thomas Gottschalk haben sich nach 43 gemeinsamen Jahren getrennt. Der Entertainer ist 68 Jahre alt, seine Frau 73 Jahre. Warum jetzt, fragen sich viele. Nach so vielen gemeinsamen Jahrzehnten?

Das Phänomen ist nicht ganz neu. Die Deutschen lassen sich immer älter scheiden. 2017 galt in Deutschland dem Statistischen Bundesamt zufolge im Durchschnitt, dass Männer bei einer Ehescheidung ihren 47. Geburtstag schon hinter sich haben. Und auch Frauen haben dann längst ihren 44. Geburtstag gefeiert.

Die Scheidungszahlen sinken weiter leicht, das Alter aber steigt. Diese anhaltende Phase drückt nach Einschätzung von Trendforscher Harry Gatterer „das Ende der Individualisierung“ und „ein neues Verständnis füreinander“ aus. Familientherapeut Achim Haid-Loh hält einen „ganz neuen Typus“ für ausschlaggebend: „Es lassen sich immer mehr ältere Ehepaare auch im hohen Alter mit 70 und 80 Jahren noch scheiden.“

Wir werden älter und haben mehr Optionen

Die meisten Menschen durchlebten im Alter von 50 bis 55 Jahren eine Art Lebenskrise und orientierten sich in manchem neu, sagt Gatterer, der Geschäftsführer des Zukunftsinstituts in Frankfurt und Wien ist. Dazu könne auch ein neuer Partner gehören. „Jedem ist klar, dass er 80 oder 90 Jahre alt werden kann und Zeit hat.“

Zwar spiele in eine Ehe noch immer das romantische Ideal mit der hübschen Abkürzung „Amefi“ hinein: Alles mit einem für immer. Heute dürften Ehen aber auch ohne gesellschaftliches Stigma scheitern, betont die Hamburger Psychologin Lisa Fischbach. „Das nimmt ihnen den dogmatischen Überbau.“ In der Realität hätten die Deutschen laut Elite-Umfrage im Schnitt 3,4 Partnerschaften im Leben. „Heute verharrt kaum noch jemand lange in einer Partnerschaft, die unglücklich ist“, sagt Fischbach.

Das sind die Gründe, warum sich Paare trennen

Im Jahr 2017 wurden in Deutschland rund 153.500 Ehen geschieden. Das war der niedrigste Wert seit 1992. Für den Rückgang der Scheidungszahlen gibt es noch mehr strukturelle Gründe: Die Zahl der Verheirateten geht einfach zurück. Zwar treten seit 2007 wieder mehr Paare vor den Traualtar, nach den jüngsten Zahlen für 2017 rund 407.000. Männer waren bei der Hochzeit im Durchschnitt 34, Frauen 31 Jahre alt. Anfang der 1970er Jahre waren beide Partner jeweils 10 Jahre jünger.

Trotzdem: „Das partnerschaftliche Ideal von Beziehung auf Augenhöhe, bei der man sich die Kindererziehung, den Haushalt und die Berufstätigkeit teilt, zerbirst an der Realität des Arbeitsmarktes und den Schwierigkeiten der Kinderbetreuung“, berichtet Haid-Loh vom Evangelischen Zentralinstitut für Familienberatung in Berlin.

Diese asymmetrische Aufteilung von Kinderbetreuung und Erwerbsarbeit führe zu Verwerfungen, Enttäuschungen, Stress und Trennung. Andere blieben zusammen, höhlten ihre Partnerschaft und Sexualität aber soweit aus, dass sie sich trennten, wenn die Kinder aus dem Haus seien.

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„Virtuelles Fremdgehen” ist ein neues Thema

Der Bielefelder Paartherapeut Detlef Vetter berichtet: „Fremdgehen ist immer noch ein großes Thema.“ Neu sei „virtuelles Fremdgehen“: Für den Umgang mit Internetpornografie und Erotik-Chats hätten Paare noch keine Regeln. Dazu kämen die Belastungen der Arbeitswelt: Viele betrachteten die Beziehung als Rückzugsraum. „Beide wollen sich entlasten.“ Dies führe oft zu dem gegenseitigen Vorwurf: „Ich investiere in die Beziehung, und du nimmst nur raus!“

Sind Kinder von der Trennung betroffen, leiden auch sie. So sollen Scheidungskinder, 2016 waren das fast 132.000 Kinder, ein etwas höheres Risiko für Bildungsnachteile und Beeinträchtigungen der psychischen Gesundheit haben. Bestimmend sei aber nicht die Scheidung sondern die damit einhergehenden Probleme. Lesen Sie hier, wie Paare bei der Trennung einen Rosenkrieg vermeiden. (sar/ mit Material der dpa)

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