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Griechenland boomtSantorin, Kos, Rhodos – welche griechische Insel passt zu mir?

Lesezeit 6 Minuten
Santorin

Santorin ist für seine weißen Häuser oben auf den Vulkanfelsen berühmt - die Popularität hat aber ihren Preis: Unterkünfte mit Meerblick kosten leicht 200 bis 300 Euro pro Nacht.

Kreta/Rhodos – Hellas weckt Sehnsüchte deutscher Urlauber. In diesem Sommer gilt das umso mehr. Griechenland sei das Topziel der Saison, sagen die Reiseveranstalter. Die griechischen Inseln bieten Sommerurlaub für fast jeden Geschmack. Und sie sind ganz verschieden. Griechenland-Einsteigern fällt die Wahl nicht leicht.

Mehr als 3000 Inseln und Mini-Inselchen hat Griechenland, sie machen fast ein Fünftel der Landesfläche aus. Die Massenziele sind Kreta, Rhodos, Kos und Korfu. „Die internationalen Veranstalter haben dort die meisten Hotels und Beteiligungen“, erklärt Reiseführerautor Klaus Bötig. Auch die meisten Flüge gehen dorthin. „Die Reisebüros pressen die Urlauber auf diese Inseln“, sagt der Griechenland-Experte. Das ist nicht so negativ gemeint, wie es klingt. Darüber hinaus locken die Inseln der zweiten Reihe. Was Urlaubern wo geboten wird:

KRETA: Alleskönner für Einsteiger

Die größte Insel Griechenlands ist ein gutes Allround-Ziel. Sie bietet schöne Strände, jede Menge Kultur wie den Palast von Knossos und hübsche Hafenstädte wie Chania und Rethymnon. Im Hinterland mit seinen Bergdörfern laufen noch Schafe und Ziegen über die Straße, und urtümliche Kafenios - traditionelle griechische Kaffeehäuser - laden ein zur Rast. „Kreta ist für alles gut und unheimlich interessant“, fasst Bötig zusammen.

Während der Norden sehr touristisch ist, bietet die Südküste auch noch einsamere Flecken. Wer die Vielfalt der Insel erkunden will, nimmt sich am besten einen Mietwagen.

Tourismus gibt es auf Kreta bereits seit den 60er Jahren. Die Insel hat das größte Bettenangebot aller griechischen Inseln und besonders viele Vier-Sterne-Hotels. „Die graue Kategorie“, nennt sie Michael Karavás, Geschäftsführer des Griechenland-Spezialisten Attika Reisen - weil die Häuser sich wenig voneinander unterscheiden. Ordentlicher Standard, könnte man sagen. Ideal für Familien.

RHODOS: Badeziel mit Sonnengarantie

Rhodos ist die touristische Nummer zwei, entsprechend groß ist auch hier das Hotelangebot in der beliebten Vier-Sterne-Kategorie. Das Urlaubszentrum an der Ostküste ist Faliraki. Die Insel ist extrem sonnig, in den Sommermonaten regnet es praktisch kaum. Urlauber müssen sich also keine Sorgen um ihre Bräune machen.

Nur am Strand zu liegen, wäre gleichwohl verschenkte Zeit. So lockt Rhodos-Stadt als Unesco-Weltkulturerbe, Kulturtouristen zieht es außerdem nach Monolithos, Kameiros oder zur Akropolis von Lindos. „Auf Rhodos findet man viele authentische Orte, die vom Massentourismus unberührt sind“, sagt Klaus Bötig.

Rhodos ist darüber hinaus eine recht kosmopolitische Insel. Von 1912 bis 1943 hinterließen die Italiener als Besatzungsmacht ihre Spuren. Rhodos-Stadt hat ein türkisches Viertel mit mehreren Moscheen. Auch Israelis kamen immer gerne nach Rhodos. „Schon in den 30er-Jahren wurden Werbeprospekte auf Hebräisch gedruckt“, sagt Bötig.

KOS: Comeback nach der Flüchtlingskrise

Kos in der östlichen Ägäis wurde erst in den 80er Jahren zu einem Touristenziel und ist mit Abstand die kleinste der vier Hauptinseln für Urlauber in Griechenland. „Kos ist quasi der Newcomer“, erklärt Bötig. Tolle Strände, viele Hotels: Gerade Familien fühlen sich dort wohl. „Kreta ist wild, Kos ist friedlich“, sagt der Kenner.

In der vergangenen Saison blieben viele Hotels leer, weil sich die Urlauber an den flüchtenden Menschen aus Syrien störten. Doch die Lage wurde durch den Flüchtlingspakt mit der Türkei entschärft. „Der Tourismus auf Kos hat sich nach der Flüchtlingskrise deutlich erholt“, sagt Karavás.

Was zeichnet Kos besonders aus? Nach Ansicht von Klaus Bötig sind es die Bewohner. „Bessere Menschen finden sie nirgendwo anders“, findet er. Das habe Mentalitätsgründe. „Die Insel ist klein, die Berge sind niedrig. Die Menschen sind sehr gelassen, friedsam, es gibt intakte Familienstrukturen.“ Kos ist allerdings etwas karger als die Inseln weiter im Westen, wobei das auch seinen Reiz haben kann.

Alternativen zu Kos sind etwa Lesbos und Chios in der nördlichen Ägäis, abwechslungsreiche Inseln, aber weiter Durchreisestation für Flüchtlinge. Die Touristen bleiben derzeit noch eher fern. Das hat die Preise gesenkt. „Und die Griechen dort sind in diesem Jahr besonders freundlich zu jedem Touristen, der kommt“, schätzt Bötig. Direktflüge ab Deutschland gibt es allerdings nicht.

Korfu, Santorin, Mykonos, Syros – noch mehr Inseln im Vergleich

KORFU und die Ionischen Inseln: Griechenlands Grüne

Korfu und die anderen Ionischen Inseln liegen nicht in der Ägäis, sondern auf Griechenlands Westseite. „Korfu ist regenreicher, weniger von Sonne und Meer geprägt“, sagt Karavás. Das macht die Insel im Gegensatz zu Kreta und Rhodos besonders grün. Badeurlauber finden tolle Buchten, die Altstadt von Korfu-Stadt ist Unesco-Welterbe.

Korfu hat eine lange Tourismustradition. „Schon Kaiser Wilhelm II. hatte dort ein kleines Schlösschen“, weiß Bötig. Anders als auf den anderen Masseninseln gibt es weniger Vier-Sterne-Hotels und dafür mehr Ferienhäuser. Kulinarische Einflüsse kommen aus Italien.

Andere Ionische Inseln sind zum Beispiel Lefkada, Kefalonia und Zakynthos. Lefkada hat durch eine Brücke sogar Anschluss an das Festland und taugt besonders für Wohnmobil-Urlauber. Man kann dort reiten oder Kitesurfen. „Nach Korfu ist es die interessanteste der Ionischen Inseln“, bilanziert Bötig.

SANTORIN: Traumkulisse auf dem Kraterrand

Santorin ist Griechenlands Trauminsel und wirkt eigentlich wie eine Filmkulisse: weiße Häuser auf einem Kraterrand, der steil zum Meer abfällt. Massenhotels gibt es hier so gut wie nicht, dafür viele feine Boutique-Villas mit Caldera-Blick, die schnell mal mehrere Hundert Euro pro Nacht kosten können.

Die Nachfrage ist genauso kräftig wie die Preise. Von Deutschland aus gibt es direkte Charterflüge auf das kleine Eiland der Inselgruppe Kykladen. Und im Hochsommer sind die Hauptorte von Kreuzfahrt-Touristen überlaufen. Man kann es den Besuchermassen nicht verübeln.

„Santorin ist einzigartig, eine Ikone“, urteilt Bötig. „Santorin sollte man einmal im Leben gesehen haben.“ Die Anziehungskraft der Vulkaninsel reicht weit bis nach Asien: Die reiche Oberschicht aus China und Korea trägt ihre Luxusmode besonders gerne in den weißen Gassen von Thira und Oia spazieren. Honeymooner sind verrückt nach Santorin. In Korea wurde die Insel sogar nachgebaut für alle, die sich den Trip nach Europa zum Heiraten nicht leisten können.

MYKONOS: Partyinsel für Promis

Mykonos ist neben Santorin die zweite „Promi-Insel“, allerdings deutlich moderner und weniger romantisch als die Schwester, wie Michael Karavás von Attika Reisen erklärt. Bekannt ist Mykonos für sein Nachtleben und als Reiseziel für Homosexuelle. Auch hier gibt es direkte Charterflüge ab Deutschland in der Hauptsaison.

„Mykonos ist eigentlich eine stinklangweilige Insel“, urteilt Bötig. Zwar sei der Hauptort wie aus dem Bilderbuch, doch ansonsten habe die Insel nichts zu bieten. „Wer bereit ist, für sein Bier den dreifachen Preis zu zahlen, wird von Mykonos nicht enttäuscht sein.“ Der Griechenland-Experte rät, auf Mykonos in der Vor- oder Nachsaison eine Nacht zu verbringen.

Die Unbekannten: Suche nach dem Geheimtipp

Natürlich gibt es neben Santorin und Mykonos noch jede Menge andere Kykladen-Ziele, etwa die beiden größeren Schwestern Paros und Naxos - und jede Menge ganz kleine Inseln. „Die kleinen Kykladen sind noch nicht überrannt und werden von Griechenland-Kennern sehr geschätzt“, sagt Karavás. Dort geht es ruhig zu. „Auf Tinos wird man nicht in Saus und Braus die Nacht verbringen können.“

Klaus Bötig beobachtet bei den kleinen Kykladen-Inseln einen gewissen Luftballon-Effekt: „In einem Jahr ist eine Insel ganz voll, sodass man kaum mehr ein Zimmer findet. Dann erzählen alle, es sei dort überfüllt. Dann wird es wieder leer, und alle finden das toll.“

Die ganz kleinen Inseln mit nur 200 Bewohnern könnten einen großen Touristenandrang eigentlich gar nicht verkraften. Man könne auf diesen Inseln - anders als das Klischee der vom Tourismus unberührten authentischen Insel vermuten lässt - kein pralles Leben erwarten. Eine Ausnahme ist laut dem Griechenland-Kenner die Insel Syros.

Ebenfalls viel Authentizität biete Kalymnos, eine Dodekaneninsel neben Kos, rund 20.000 Einwohner, viel Eigenleben. „Das ist eine Fischerinsel, im Winter haben mehr Lokale auf als im Sommer. Das gibt es sonst nirgendwo“, sagt Bötig, der rund 40 Griechenland-Reiseführer geschrieben hat. Letztlich muss jeder Urlauber selbst wissen, wie viele Ruhe für ihn noch erträglich ist. (dpa)

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