Kuriose ReisemängelWorüber Urlauber sich vor Gericht beschweren

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Nicht jeder Urlauber mag Ratten.

Das Hotel heruntergekommen, der Swimmingpool verschmutzt, die Mitreisenden nervig: Nicht in jedem Urlaub läuft alles glatt. Viele Hotelgäste versuchen anschließend vor Gericht, einen Reisemangel geltend zu machen. Doch nicht alle kommen damit durch und bekommen Geld zurück.

Th. Michael Schweizer hat in einem neuen Buch 222 Reise-Urteile zusammengetragen. Daran können sich Urlauber orientieren, was vor deutschen Gerichten drin ist – oder sie schmunzeln einfach über Sachen, die es eigentlich gar nicht gibt. (kkl)

Eine Auswahl der Urteile haben wir hier zusammengestellt:

Behinderte Mitreisende sind kein Reisemangel

Ein Ehepaar hatte für 9990 Euro eine dreiwöchige Südafrika-Studienreise gebucht. Für die Pannen unterwegs machte es die sehbehinderten Mitreisenden verantwortlich. Die Reiseleitung habe sich ständig um sie kümmern müssen. Das Amtsgericht München wies die Klage ab: Ein Reiseveranstalter schulde keinem Urlauber unversehrte Mitreisende.

Beißender Gast rechtfertigt Schmerzensgeld

Als ein Bierglas über dem Fuß einer Kellnerin auslief, bat diese den Gast keck, das Bier abzulecken. Sie hielt ihm den Fuß hin, der Mann biss zu. Anschließend konnte sie zehn Tage nicht arbeiten. 400 Euro Schmerzensgeld bekam sie vom Amtsgericht Gelsenkirchen zugesprochen: Die Kellnerin habe dem Gast ihren Fuß schließlich nicht zur Verletzung, sondern zur Reinigung hingehalten.

Fremde Frauen nicht aufs Hotelzimmer einladen

Einfach unbekannte Damen aufs Hotelzimmer einladen: Das befand das Landgericht Berlin für unbekümmert, leichtfertig und grob fahrlässig. Denn der Thailand-Urlauber war anschließend von den Frauen mit vorgehaltenem Messer dazu gezwungen worden, Bier mit Betäubungsmittel zu trinken. Anschließend wurde er ausgeraubt. Die Hausratversicherung wollte den Schaden von 6500 Euro nicht zahlen und bekam Recht.

Wer kein Hochdeutsch spricht, hat das Nachsehen

Eine Sächsin wollte nach Porto in Portugal fliegen. Die Mitarbeiterin des Reisebüros verstand aufgrund des Dialekts „Bordeaux“, bestätigte das Flugziel zweimal in korrektem Hochdeutsch. Den Preis für das Flugticket nach Bordeaux in Höhe von 294 Euro musste die Sächsin zahlen –obwohl sie nie dorthin reiste. Das Argument des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt: Die Reisebüro-Kundin sei selbst dafür verantwortlich richtig verstanden zu werden.

Liegestühle dürfen defekt sein

An einer Pool-Liege klemmte sich ein Pauschalurlauber den Finger ein. Das verstellbare Kopfteil war defekt gewesen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf entschied zugunsten des Reiseunternehmens: Nicht jedes Möbelstück im Hotel müsse auf mögliche Mängel untersucht werden. Sicher müssten lediglich der bauliche Zustand, Treppen, Aufzüge oder Balkongeländer sein.

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Hitlergruß in der Ferienanlage ist ein Reisemangel

Auf der Show-Bühne eines ägyptischen Hotels liefen zwei Animateure im Stechschritt aufeinander zu, hoben den linken Arm und brüllten „Heil“. Damit wollten sie angeblich die je nach Nation unterschiedlichen Bräuche des Grüßens demonstrieren. Ein Urlauber forderte daraufhin Nachlass auf den Preis seiner Pauschalreise. Die Richter des Amtsgerichts München gaben ihm Recht: Es sei der Eindruck entstanden, dass er als Deutscher nicht willkommen sei.

Landestypische Geräusche gehören zum Urlaub dazu

Wer Urlaub in einem muslimischen Land macht, darf sich nicht über Muezzin-Rufe beschweren. Das entschied das Amtsgericht Hannover, nachdem ein Türkei-Urlauber deswegen geklagt hatte. Die Rufe seien vergleichbar mit dem Kirchengeläut in einem christlichen Land. Es seien landestypische Geräusche mit denen Urlauber rechnen müssten.

Ratten im Hotelzimmer sind kein Reisemangel

Angst vor einer Ratte im Hotelzimmer sei ein subjektives Gefühl, urteilte das Amtsgericht Köln, keine objektive Beeinträchtigung. Hoteliers müssten zwar dafür sorgen dass grundsätzlich kein Ungeziefer in den Zimmern lebe, in südlichen Urlaubsländern des Massentourismus müssten Reisende damit aber rechnen, auch wenn die Hygienevorschriften eingehalten würden.

Vor niedrigen Zimmerdecken muss gewarnt werden

Eine Deckenhöhe  zwischen 1,75 und 1,90 Meter rechtfertigt eine Reisepreisminderung. Das Amtsgericht Münster entschied, dass der Hinweis „uraltes Bauernhaus“ im Katalog nicht ausreicht. Der Vermieter müsse auf die niedrigen Zimmerdecken im Prospekt ausdrücklich hinweisen.

Schießerei am Hotelstrand gilt als emotionale Beeinträchtigung

Wenn es an einem Hotelstrand zu einer Schießerei kommt, ist das ein Reisemangel. Nachdem es am Hotelstrand in Alanya zu einer Schießerei zwischen rivalisierenden Bootsverleihern mit vier Todesopfern gekommen war, wollte die Türkei-Urlauberin sofort zurück reisen. Für den Tag der Schießerei sprachen ihr die Richter des Amtsgerichts Düsseldorf 100 Prozent Preisminderung zu, für die Tage bis zur Abreise 25 bis 50 Prozent. Das Argument: Der Reiseveranstalter hatte im Katalog auf die Wassersportmöglichkeiten hingewiesen und die Bootsverleiher wurden der „Sphäre des Hotels“ zugerechnet.

Informationen zum Buch

Th. Michael Schweizer: „Wenn Sterne lügen – Geld zurück bei Urlaubsärger! Die 222 wichtigsten Reise-Urteile“, erschienen im ideemedia Verlag, 176 Seiten, 14,95 Euro.

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