„Call a Jet“ in PechLuxus über den Wolken und am Boden

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Ab 7000 Euro pro Stunde ist der Falcon 7X zu haben – dafür finden auch bis zu 14 Personen in dem Flieger Platz.

Ab 7000 Euro pro Stunde ist der Falcon 7X zu haben – dafür finden auch bis zu 14 Personen in dem Flieger Platz.

Wachtberg-Pech – Flexibilität ist alles. Noch am Morgen war unklar, ob der Chef einer schweizerischen Filmproduktionsgesellschaft nach seinem Flug nach Luxemburg von dort weiter nach Paris reist oder sich wieder heimwärts nach Basel aufmacht. Einige Stunden später ist für Joe Kurta klar: Die Verabredung in Paris fällt aus, er muss schnell handeln. Stand gegen 11 Uhr: Um 15.30 Uhr wird der einflussreiche Kunde den Privatjet nach Basel besteigen, eine Limousine wird ihn erwarten – beides ist das Werk von Kurta.

Das moderne Haus mit Glasfassade am Rande des beschaulichen Dorfes Pech mit Ausblick in die Natur, erreichbar nur über schmale, gewundene Straßen, ist sowohl Familienheim als auch die Schaltzentrale des Unternehmens „Call a Jet“. Joe Kurta, seine Ehefrau Yuliya und Mitarbeiter Andreas Gehm dirigieren von dort Jets wie den Citation Mustang, (maximal 4 Personen, Reichweite 2130 Kilometer, ab 1800 Euro die Stunde pro Flugzeug, nicht Person) oder den Falcon 7X (14 Personen, 11500 Kilometer Reichweite, ab 7000 Euro die Stunde) durch die Lüfte, sorgen für das gewünschte Catering und für die komfortable Weiterfahrt.

Auch die größeren Exemplare Boeing Business Jets sowie Charter Business Jets sind im Portfolio, ebenso Turbo-Prop-Maschinen für kurze Landebahnen. „Wir können ein Flugzeug für jeden noch so kleinen Flughafen weltweit bereitstellen“, sagt Kurta – in London zum Beispiel sind zehn wählbar.

Charter Broker ist ihre Berufsbezeichnung, sie sind diejenigen, die zwischen Privatkunden und den „Operators“, also den Fluglinien, verhandeln – und, wie Kurta betont, danach streben, durch ihre umfangreiche Erfahrung den besten Preis herauszuholen.

Wie in diesem Fall: Kurta sucht für einen sehr betuchten Kunden – er könnte nach Kurtas Schätzung bereits den Milliardärsstatus erreicht haben – einen Flug von Zürich nach Moskau. Wird eigens ein Flugzeug nach Zürich beordert, beginnt die Preisspanne bei 21 000 Euro. Deutlich „günstiger“ wäre ein ohnehin angesetzter Leerflug nach Moskau – laut Kurta übrigens der teuerste Flughafen für Privatjets weltweit: Start ist dann bei 15 000 Euro. „Ich kenne alle Tricks der Operators, ich habe zwei Jahre selbst für einen gearbeitet“, sagt er. „Wir verhandeln hart.“ Die Tücke liegt im Detail: Wird der Kunde auch einen geringfügig anderen Flugzeugtyp als den gewünschten akzeptieren? Wird der Jet in einigen Tagen immer noch verfügbar sein? Wie viele Koffer sollen dort Platz finden? Was ist, wenn am Ziel – wie in Transsilvanien der Fall – kein Limousinenservice verfügbar oder die Landung wegen Wetterunbilden nicht möglich ist? Im letzteren Fall hat das Call-a-Jet-Team schon mal kurzfristig einen Helikopter zu einem alternativen Landeplatz geordert. Sei die Vorbereitung auch noch so perfekt, „für Schnee können wir nichts“. Und nach einer Beschwerde über das Catering reiste Kurta ins sardinische Olbia, um diese mit einer Flasche Dom Pérignon vergessen zu machen. Kreatives Arbeiten sei vonnöten, betont der Gründer des Unternehmens, alle Eventualitäten müssten bedacht werden. „Wir verdienen Geld mit zufriedenen Kunden.“ So einer ist der Kicker Mesut Özil seit etwa drei Jahren, für den das Team auch schon bis 3 Uhr an dem perfekten Start in den Urlaub getüftelt hat und mit dem Kurta ein „nahezu freundschaftliches Verhältnis“ pflegt. Ein signiertes Trikot des Profi-Sportlers hängt unter Glas im Büro, ebenso eines von Sami Khedira. „Fußballer sind unsere Lieblingskunden“, sagen Kurta und Gehm.

Kurtas Telefon klingelt. „Bei manchen Kunden wird man zum Personal Assistant“, sagt er, als er nach fünf Minuten wiederkommt: Er wurde eben gebeten, einen Umzug zu organisieren – von Los Angeles nach Deutschland. Kurta, Gehm und seine Frau sind auch umgezogen, vor rund zwei Jahren, aus dem lauten Köln ins friedliche Pech – für alle eine Wohltat. „Ich habe mich in dieses Haus verliebt“, sagt der Chef, Gehm kann nun in wenigen Minuten zur Arbeit gehen. Nicht fehlen durfte beim Einrichten des Büros eher exotische Accessoires, die große Plattensammlung und ein Traktor Control, mit dem DJs ihr Publikum beschallen. „Die Liebe zur Musik stirbt nicht“, sagt Gehm – beide haben früher in der Szene gearbeitet, Kurta betrieb unter anderem mehrere Plattenlabels, Gehm war in einem Schallplattenvertrieb tätig. So erklärt sich auch der Name: Von „Call a Record“ sattelte Kurta vor rund sieben Jahren von Dance und Disco zum Dienstleister in den Lüften um. Bereut hat er es nicht: „Einige hundert Flüge im Jahr“ verwirklichen sie nach seinen Angaben für ihre Kundschaft, die Provision für den Service liegt bei 5 bis 7,5 Prozent.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum der Service nicht nur etwas für Superreiche ist und warum gerade Tierbesitzer schon mal privat fliegen.

Mit dem Hund in die Kabine

Komfortabel und vor allem zeitsparend ist die Reise in einem Privatjet laut Joe Kurta: Statt zwei Stunden vor dem Flug da sein zu müssen, reichten 10 Minuten, es gibt einen separaten Terminal, den sogenannten General Aviation Terminal, und nach der Landung geht es ebenso flott weiter.

Die exklusive Beförderung ist nicht nur etwas für Superreiche, wie Kurta betont: Teilten sich etwa mehrere Leute einen kleinen Jet, bliebe eine Reise innerhalb Europas mit einigen tausend Euro noch relativ erschwinglich. Eine Kundin etwa habe sich wegen ihres Hundes gegen einen Linienflug entschieden, denn der Vierbeiner hätte in eine Box gemusst. Auch Katzenliebhaber buchten schon in Pech und nahmen ihren Liebling mit in die Kabine. Und Jäger etwa könnten ihre Waffen – die Munition separat im Gepäckraum – mitführen.

Auch Politik-Prominenz zählte das Team bereits zu seinen Kunden: „Im EU-Parlament ganz oben“, umschreibt Andreas Gehm diskret einen Gast. (gri)

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