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Wohngruppe in BornheimEin Zuhause auf Zeit für unbegleitete jugendliche Flüchtlinge

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Gemeinsam kochen und essen ist ein festes Ritual in der Wohngruppe. Betreuer Spinghar Safi (2.v.l.) leistet gerne Hilfestellung.

Gemeinsam kochen und essen ist ein festes Ritual in der Wohngruppe. Betreuer Spinghar Safi (2.v.l.) leistet gerne Hilfestellung.

Bornheim-Merten – Es duftet richtig lecker in der nagelneuen Wohnküche. Junge Afghanen und ein Eritreer stehen am Küchenblock zusammen, schnippeln Gemüse, braten Zwiebeln. Seit etwas mehr als zwei Wochen leben die jungen Leute, die ohne erwachsene Begleitung aus ihren Heimatländern geflüchtet sind, in den hellen, freundlichen Räumen im ehemaligen Mertener Krankenhaus. Kochen gehört ebenso zum geregelten Tagesprogramm wie zwei Einheiten Deutschlernen in der neuen Wohngruppe „Jonas“, die das Josefshaus Olpe, das Heilpädagogische Heim für Kinder und Jugendliche unter dem Dach der Gemeinnützigen Gesellschaft der Franziskanerinnen zu Olpe (GFO), im ehemaligen Geriatrie- und Rehabereich eingerichtet hat.

400 Quadratmetern für neun Jugendliche

Auf gut 400 Quadratmetern hat es Platz für neun Jugendliche geschaffen und damit erstmals in der 150-jährigen Geschichte des Josefshauses eine Wohngruppe außerhalb des Kreises Olpe eröffnet. „Wir verstehen uns als Hilfe für die Region“, sagt Einrichtungsleiter Reinhard Geuecke. Die Stadt Bornheim war schon vor einiger Zeit an die GFO herangetreten, als die ihre Mutter-Kind-Gruppe mit 17 Appartements plante, die im Januar bezugsfertig sein soll. Die Zahl der unbegleiteten Jugendlichen stieg, der Druck auf die Stadt wurde größer, sie adäquat unterzubringen, und das Josefshaus hat das Know-how.

In Olpe betreiben die Franziskanerinnen 17 solcher Wohngruppen. Außerdem passte das Angebot genau zu dem Plan, viel Leben ins Haus zu bringen, in dem bereits ein dreigruppiger Kindergarten eröffnet worden ist sowie ein Wohnprojekt für nicht pflegebedürftige ältere Menschen, ein Kulturcafé und zwei Ateliers geplant sind. Die jungen Flüchtlinge wiederum unterstützen schon das Pflegepersonal im benachbarten Seniorenhaus St. Elisabeth – eine Win-Win-Situation.

Der Name

Warum wurde für die Wohngruppe der Titel „Jonas“ gewählt? „Der Name ist in Christentum und Islam gleichermaßen anerkannt in der Bedeutung eines Brückenbauers“, erklärt Reinhard Geuecke.

Dieses stationäre Jugendhilfeangebot, wie es sich nennt, „ist genau zugeschnitten auf unbegleitete Jugendliche“, erklärt die Bornheimer Jugendamtsleiterin Elvira Garbes, die eng mit dem Josefshaus zusammenarbeitet. Drei der bisher sieben Schützlinge hat ihr Amt zugewiesen. Noch könne man die Jugendlichen zwischen 15 und 17 Jahren nicht in Flüchtlingsklassen an Bornheimer Schulen unterbringen, die Wartelisten sind schlicht zu lang. In der Regel seien ohnehin Berufskollegs die besseren Zielorte. Aber die jungen Menschen, die einiges mitgemacht haben, sollten auch erst einmal ankommen, zur Ruhe kommen. Auch Garbes weiß, dass das leicht gesagt ist, wenn man weiß, welcher Druck mitunter auf den Jugendlichen lastet. Sie stecken nicht selten in einer Zwickmühle, weil die Eltern im Heimatland, die ihre letzten Groschen für einen Schlepper zusammengekratzt haben, auf finanzielle Unterstützung warten, die natürlich noch nicht kommen kann...

Die Unterbringung zahlen die Jugendämter

„Sie müssen Vertrauen fassen“, ergänzt Reinhard Geuecke, etwa zu Gruppenleiter Matthias Hasenbach (33) und den fünf weiteren Mitarbeitern. Hasenbach hat bereits Erfahrung als Erlebnispädagoge gesammelt, mit im Team ist auch eine Traumatherapeutin. Die Unterbringung zahlen die Jugendämter, die Jugendlichen bekommen ein schmales Taschengeld. „Aber da ist kein Onkel, der einem mal 20 Euro für ein gutes Zeugnis gibt“, sagt Geuecke. 26 unbegleitete Jugendliche hat das Jugendamt in Obhut, teilweise sind sie in Gastfamilien untergebracht und bis nach Gummersbach verteilt. Was, wenn eine neue Flüchtlingswelle anrollt? Vorratshaltung an Unterbringungen werde nicht betrieben, sagen Geuecke und Garbes, aber „dann werden wir wieder an einem Strang ziehen und uns gemeinsam aufstellen“. Die Erfahrungen, die man jetzt schon gesammelt habe, seien ein echtes Pfund.

Abgeschottet leben die Flüchtlinge in Merten auf keinen Fall. Eher mittendrin statt außen vor. Der SSV Merten hat die jungen, fußballverrückten Männer auch schon zum Training eingeladen. Und sie freuen sich riesig drauf.

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